Ausnahmen abgerechnet, die Zahl der Bevölkerung; und ist von großer Bedeutung für die Vertheidigungsfähigkeit gegen fremde Einfälle; entscheidet über die Möglichkeit der Einführung gewisser Staatsformen, z. B. der reinen Demokratie, einer patriarcha- lischen Regierung; gibt oder verweigert eine den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechende Verschiedenheit der Naturerzeug- nisse. Im Allgemeinen ist eine bedeutende Ausdehnung des Staatsgebietes von Vortheil und, wo möglich, zu erstreben; doch bringt die Beschränktheit der menschlichen Kräfte und die große Zahl der aus Raum und Zeit entstehenden Schwierig- keiten die Nothwendigkeit einer Begränzung auf das Ueber- schaubare und Erreichbare mit sich 2). -- Inwieferne die Größe des Gebietes im richtigen Verhältnisse zur Bevölkerungszahl stehen muß, ist bereits im vorstehenden § angedeutet worden. Im Vergleiche mit anderen, entweder benachbarten oder doch sonst einflußreichen, Staaten aber ist die Größe des Landes von Bedeutung, weil sie, je nach ihrer Ausdehnung, als ein Element der Kraft und Vertheidigungsfähigkeit oder aber der Schwäche und Abhängigkeit erscheint. Hier findet ein bestimmtes und bleibendes Maaß natürlich nicht statt, da die wünschens- werthe Ausdehnung durch veränderliche fremde Thatsachen be- stimmt ist.
3. Das tellurische Verhältniß (die Lage auf dem Erdballe) hat namentlich zwei Beziehungen zum Staatsleben:
a) Sie bedingt das Klima. Hierdurch wird aber, wenigstens zum Theile, weiter bestimmt: Die Fruchtbarkeit des Landes; die Lebensweise, damit aber auch die Bildung des Volkes, sowie ein Theil der Gesetze und Einrichtungen; der Handelsverkehr je nach Ueberfluß und Bedürfniß; endlich sogar manchmal die äußere Sicherheit, z. B. durch ungesunde Hitze, Sandwüsten, Eis. Im Uebrigen zeigt allerdings vielfache Erfahrung, daß die Wirkungen des Klima nicht unbedingt
Ausnahmen abgerechnet, die Zahl der Bevölkerung; und iſt von großer Bedeutung für die Vertheidigungsfähigkeit gegen fremde Einfälle; entſcheidet über die Möglichkeit der Einführung gewiſſer Staatsformen, z. B. der reinen Demokratie, einer patriarcha- liſchen Regierung; gibt oder verweigert eine den Bedürfniſſen der Bevölkerung entſprechende Verſchiedenheit der Naturerzeug- niſſe. Im Allgemeinen iſt eine bedeutende Ausdehnung des Staatsgebietes von Vortheil und, wo möglich, zu erſtreben; doch bringt die Beſchränktheit der menſchlichen Kräfte und die große Zahl der aus Raum und Zeit entſtehenden Schwierig- keiten die Nothwendigkeit einer Begränzung auf das Ueber- ſchaubare und Erreichbare mit ſich 2). — Inwieferne die Größe des Gebietes im richtigen Verhältniſſe zur Bevölkerungszahl ſtehen muß, iſt bereits im vorſtehenden § angedeutet worden. Im Vergleiche mit anderen, entweder benachbarten oder doch ſonſt einflußreichen, Staaten aber iſt die Größe des Landes von Bedeutung, weil ſie, je nach ihrer Ausdehnung, als ein Element der Kraft und Vertheidigungsfähigkeit oder aber der Schwäche und Abhängigkeit erſcheint. Hier findet ein beſtimmtes und bleibendes Maaß natürlich nicht ſtatt, da die wünſchens- werthe Ausdehnung durch veränderliche fremde Thatſachen be- ſtimmt iſt.
3. Das telluriſche Verhältniß (die Lage auf dem Erdballe) hat namentlich zwei Beziehungen zum Staatsleben:
a) Sie bedingt das Klima. Hierdurch wird aber, wenigſtens zum Theile, weiter beſtimmt: Die Fruchtbarkeit des Landes; die Lebensweiſe, damit aber auch die Bildung des Volkes, ſowie ein Theil der Geſetze und Einrichtungen; der Handelsverkehr je nach Ueberfluß und Bedürfniß; endlich ſogar manchmal die äußere Sicherheit, z. B. durch ungeſunde Hitze, Sandwüſten, Eis. Im Uebrigen zeigt allerdings vielfache Erfahrung, daß die Wirkungen des Klima nicht unbedingt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0140"n="126"/>
Ausnahmen abgerechnet, die Zahl der Bevölkerung; und iſt von<lb/>
großer Bedeutung für die Vertheidigungsfähigkeit gegen fremde<lb/>
Einfälle; entſcheidet über die Möglichkeit der Einführung gewiſſer<lb/>
Staatsformen, z. B. der reinen Demokratie, einer patriarcha-<lb/>
liſchen Regierung; gibt oder verweigert eine den Bedürfniſſen<lb/>
der Bevölkerung entſprechende Verſchiedenheit der Naturerzeug-<lb/>
niſſe. Im Allgemeinen iſt eine bedeutende Ausdehnung des<lb/>
Staatsgebietes von Vortheil und, wo möglich, zu erſtreben;<lb/>
doch bringt die Beſchränktheit der menſchlichen Kräfte und die<lb/>
große Zahl der aus Raum und Zeit entſtehenden Schwierig-<lb/>
keiten die Nothwendigkeit einer Begränzung auf das Ueber-<lb/>ſchaubare und Erreichbare mit ſich <hirendition="#sup">2</hi>). — Inwieferne die Größe<lb/>
des Gebietes im richtigen Verhältniſſe zur Bevölkerungszahl<lb/>ſtehen muß, iſt bereits im vorſtehenden § angedeutet worden.<lb/>
Im Vergleiche mit anderen, entweder benachbarten oder doch<lb/>ſonſt einflußreichen, Staaten aber iſt die Größe des Landes<lb/>
von Bedeutung, weil ſie, je nach ihrer Ausdehnung, als ein<lb/>
Element der Kraft und Vertheidigungsfähigkeit oder aber der<lb/>
Schwäche und Abhängigkeit erſcheint. Hier findet ein beſtimmtes<lb/>
und bleibendes Maaß natürlich nicht ſtatt, da die wünſchens-<lb/>
werthe Ausdehnung durch veränderliche fremde Thatſachen be-<lb/>ſtimmt iſt.</p><lb/><p>3. Das <hirendition="#g">telluriſche Verhältniß</hi> (die Lage auf dem<lb/>
Erdballe) hat namentlich zwei Beziehungen zum Staatsleben:</p><lb/><p><hirendition="#aq">a)</hi> Sie bedingt das <hirendition="#g">Klima</hi>. Hierdurch wird aber,<lb/>
wenigſtens zum Theile, weiter beſtimmt: Die Fruchtbarkeit des<lb/>
Landes; die Lebensweiſe, damit aber auch die Bildung des<lb/>
Volkes, ſowie ein Theil der Geſetze und Einrichtungen; der<lb/>
Handelsverkehr je nach Ueberfluß und Bedürfniß; endlich ſogar<lb/><choice><sic>mannchmal</sic><corr>manchmal</corr></choice> die äußere Sicherheit, z. B. durch ungeſunde Hitze,<lb/>
Sandwüſten, Eis. Im Uebrigen zeigt allerdings vielfache<lb/>
Erfahrung, daß die Wirkungen des Klima nicht unbedingt<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[126/0140]
Ausnahmen abgerechnet, die Zahl der Bevölkerung; und iſt von
großer Bedeutung für die Vertheidigungsfähigkeit gegen fremde
Einfälle; entſcheidet über die Möglichkeit der Einführung gewiſſer
Staatsformen, z. B. der reinen Demokratie, einer patriarcha-
liſchen Regierung; gibt oder verweigert eine den Bedürfniſſen
der Bevölkerung entſprechende Verſchiedenheit der Naturerzeug-
niſſe. Im Allgemeinen iſt eine bedeutende Ausdehnung des
Staatsgebietes von Vortheil und, wo möglich, zu erſtreben;
doch bringt die Beſchränktheit der menſchlichen Kräfte und die
große Zahl der aus Raum und Zeit entſtehenden Schwierig-
keiten die Nothwendigkeit einer Begränzung auf das Ueber-
ſchaubare und Erreichbare mit ſich 2). — Inwieferne die Größe
des Gebietes im richtigen Verhältniſſe zur Bevölkerungszahl
ſtehen muß, iſt bereits im vorſtehenden § angedeutet worden.
Im Vergleiche mit anderen, entweder benachbarten oder doch
ſonſt einflußreichen, Staaten aber iſt die Größe des Landes
von Bedeutung, weil ſie, je nach ihrer Ausdehnung, als ein
Element der Kraft und Vertheidigungsfähigkeit oder aber der
Schwäche und Abhängigkeit erſcheint. Hier findet ein beſtimmtes
und bleibendes Maaß natürlich nicht ſtatt, da die wünſchens-
werthe Ausdehnung durch veränderliche fremde Thatſachen be-
ſtimmt iſt.
3. Das telluriſche Verhältniß (die Lage auf dem
Erdballe) hat namentlich zwei Beziehungen zum Staatsleben:
a) Sie bedingt das Klima. Hierdurch wird aber,
wenigſtens zum Theile, weiter beſtimmt: Die Fruchtbarkeit des
Landes; die Lebensweiſe, damit aber auch die Bildung des
Volkes, ſowie ein Theil der Geſetze und Einrichtungen; der
Handelsverkehr je nach Ueberfluß und Bedürfniß; endlich ſogar
manchmal die äußere Sicherheit, z. B. durch ungeſunde Hitze,
Sandwüſten, Eis. Im Uebrigen zeigt allerdings vielfache
Erfahrung, daß die Wirkungen des Klima nicht unbedingt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/140>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.