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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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liche Meinung; liefert die zu einer ausgebildeten und mit zahl-
reichen Organen versehenen Verfassung und Verwaltung noth-
wendigen geistigen Kräfte; macht manche nützliche Einrichtung,
welche zahlreiche Betheiligung voraussetzt, ausführbar; gestattet
(was in despotischen Staaten von großem Werthe sein kann)
ein in der Menge verborgenes Leben. -- Die relative Größe
einer bestimmten Bevölkerung aber entscheidet darüber ob der
Staat im Zustande einer Untervölkerung, einer Uebervölkerung
oder in dem einer zwar dichten aber doch durch die vorhandenen
Subsistenzmittel genügend zu ernährenden Bevölkerung sich befin-
det; wovon denn wieder die mannchfaltigsten und wichtigsten
Folgen für allgemeines Wohl und Wehe abhängen, so wie
viele und tief einschneidende Einrichtungen und Gesetze 2).

2. Die Abstammung. -- Das Menschengeschlecht
zerfällt in eine Anzahl von Racen, d. h. in Abtheilungen
von wesentlich verschiedenen und sich immer gleich bleibenden
Eigenthümlichkeiten der Körper- und Geistesbeschaffenheit; die
Race aber wieder in Stämme, d. h. in gleichbleibende Ab-
schattungen derselben Hauptgattung, mit ebenfalls bestimmt aus-
geprägten und dauernden besonderen Eigenschaften. Der Unter-
schied der Racen ist hauptsächlich physiologisch, und erscheint
äußerlich in der Hautfarbe und in der Schädelform; die Ver-
schiedenheit der Stämme aber ist mehr psychologisch und zeigt
sich zunächst in der Sprache. Diese Abstammungsverhältnisse
sind aber nicht etwa nur in physiologischer und psychologischer
Hinsicht merkwürdig, sondern auch von großer Bedeutung für
alles staatliche Leben. Vor Allem ist nicht jede Race für
jedes Clima von der Natur bestimmt. Es gibt Himmelsstriche
und Oertlichkeiten, welche für die Angehörigen bestimmter Racen
höchst nachtheilig sind, oder ihnen wenigstens angestrengte Arbeit
nicht gestatten. In solchen Gegenden können dieselben also
keinen eingenen Staat gründen, und höchstens in geringer An-

liche Meinung; liefert die zu einer ausgebildeten und mit zahl-
reichen Organen verſehenen Verfaſſung und Verwaltung noth-
wendigen geiſtigen Kräfte; macht manche nützliche Einrichtung,
welche zahlreiche Betheiligung vorausſetzt, ausführbar; geſtattet
(was in despotiſchen Staaten von großem Werthe ſein kann)
ein in der Menge verborgenes Leben. — Die relative Größe
einer beſtimmten Bevölkerung aber entſcheidet darüber ob der
Staat im Zuſtande einer Untervölkerung, einer Uebervölkerung
oder in dem einer zwar dichten aber doch durch die vorhandenen
Subſiſtenzmittel genügend zu ernährenden Bevölkerung ſich befin-
det; wovon denn wieder die mannchfaltigſten und wichtigſten
Folgen für allgemeines Wohl und Wehe abhängen, ſo wie
viele und tief einſchneidende Einrichtungen und Geſetze 2).

2. Die Abſtammung. — Das Menſchengeſchlecht
zerfällt in eine Anzahl von Racen, d. h. in Abtheilungen
von weſentlich verſchiedenen und ſich immer gleich bleibenden
Eigenthümlichkeiten der Körper- und Geiſtesbeſchaffenheit; die
Race aber wieder in Stämme, d. h. in gleichbleibende Ab-
ſchattungen derſelben Hauptgattung, mit ebenfalls beſtimmt aus-
geprägten und dauernden beſonderen Eigenſchaften. Der Unter-
ſchied der Racen iſt hauptſächlich phyſiologiſch, und erſcheint
äußerlich in der Hautfarbe und in der Schädelform; die Ver-
ſchiedenheit der Stämme aber iſt mehr pſychologiſch und zeigt
ſich zunächſt in der Sprache. Dieſe Abſtammungsverhältniſſe
ſind aber nicht etwa nur in phyſiologiſcher und pſychologiſcher
Hinſicht merkwürdig, ſondern auch von großer Bedeutung für
alles ſtaatliche Leben. Vor Allem iſt nicht jede Race für
jedes Clima von der Natur beſtimmt. Es gibt Himmelsſtriche
und Oertlichkeiten, welche für die Angehörigen beſtimmter Racen
höchſt nachtheilig ſind, oder ihnen wenigſtens angeſtrengte Arbeit
nicht geſtatten. In ſolchen Gegenden können dieſelben alſo
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[120/0134] liche Meinung; liefert die zu einer ausgebildeten und mit zahl- reichen Organen verſehenen Verfaſſung und Verwaltung noth- wendigen geiſtigen Kräfte; macht manche nützliche Einrichtung, welche zahlreiche Betheiligung vorausſetzt, ausführbar; geſtattet (was in despotiſchen Staaten von großem Werthe ſein kann) ein in der Menge verborgenes Leben. — Die relative Größe einer beſtimmten Bevölkerung aber entſcheidet darüber ob der Staat im Zuſtande einer Untervölkerung, einer Uebervölkerung oder in dem einer zwar dichten aber doch durch die vorhandenen Subſiſtenzmittel genügend zu ernährenden Bevölkerung ſich befin- det; wovon denn wieder die mannchfaltigſten und wichtigſten Folgen für allgemeines Wohl und Wehe abhängen, ſo wie viele und tief einſchneidende Einrichtungen und Geſetze 2). 2. Die Abſtammung. — Das Menſchengeſchlecht zerfällt in eine Anzahl von Racen, d. h. in Abtheilungen von weſentlich verſchiedenen und ſich immer gleich bleibenden Eigenthümlichkeiten der Körper- und Geiſtesbeſchaffenheit; die Race aber wieder in Stämme, d. h. in gleichbleibende Ab- ſchattungen derſelben Hauptgattung, mit ebenfalls beſtimmt aus- geprägten und dauernden beſonderen Eigenſchaften. Der Unter- ſchied der Racen iſt hauptſächlich phyſiologiſch, und erſcheint äußerlich in der Hautfarbe und in der Schädelform; die Ver- ſchiedenheit der Stämme aber iſt mehr pſychologiſch und zeigt ſich zunächſt in der Sprache. Dieſe Abſtammungsverhältniſſe ſind aber nicht etwa nur in phyſiologiſcher und pſychologiſcher Hinſicht merkwürdig, ſondern auch von großer Bedeutung für alles ſtaatliche Leben. Vor Allem iſt nicht jede Race für jedes Clima von der Natur beſtimmt. Es gibt Himmelsſtriche und Oertlichkeiten, welche für die Angehörigen beſtimmter Racen höchſt nachtheilig ſind, oder ihnen wenigſtens angeſtrengte Arbeit nicht geſtatten. In ſolchen Gegenden können dieſelben alſo keinen eingenen Staat gründen, und höchſtens in geringer An-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/134>, abgerufen am 24.11.2024.