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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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an eine junge Empfindsame.
was ihm behagt; ich verschreibe ihm das Buch, und lege
es ihm gebunden hin, was er lesen soll; ich führe die
Correspondenz mit unsern geheyratheten Kindern, und
erfreue ihn oft mit guten Nachrichten von ihnen und un-
sern kleinen Enkeln. Was zu seinem Rechnungswesen
gehört, verstehe ich so gut als er, und erleichtere ihm
dasselbe damit, daß ich ihm alle Belege vom ganzen Jahre,
die durch meine Hände gehen, zur Hand und Ordnung
halte; zur Noth mache ich auch einen Bericht an die Hoch-
preisliche Cammer, und meine Hand paradirt so gut in
unserm Cassenbuche als die seinige; wir sind an einerley
Ordnung gewöhnt, kennen den Geist unserer Geschäfte
und Pflichten, und haben in unsern Unternehmungen ei-
nerley Vorsicht und einerley Regeln.

Dieses würde aber wahrlich der Erfolg nie gewesen
seyn, wenn wir im Ehehande so wie vorhin, die Rolle
der zärtlich Liebenden gespielt, und unsre Thätigkeit mit
Versicherung unser gegenseitigen Liebe erschöpft hätten.
Wir würden dann vielleicht jetzt einander mit Langeweile
anschauen, die Grotte zu feucht, die Abendluft zu kühl,
den Mittag zu heiß, und den Morgen unlustig finden.
Wir würden uns nach Gesellschaften sehnen, die, wenn sie
kämen, sich bey uns nicht gefielen, und mit Schmerzen
die Stunde zum Aufbruche erwarteten, oder wenn wir
sie suchten, uns wieder fortwünschten. Wir würden zu
Tändeleyen verwehnt, noch immer mittändeln, und Freu-
den beywohnen wollen, die wir nicht genießen könnten;
oder unsre Zuflucht zum Spieltische, als dem letzten Orte,
wo die Alten mit den Jungen figuriren können, neh-
men müssen.

Wollen Sie sich nicht einst in diesen Fall versetzen,
liebes Kind! so folgen Sie meinem Beyspiele, und quä-
len sich und ihren rechtschaffenen Mann nicht mit über-

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an eine junge Empfindſame.
was ihm behagt; ich verſchreibe ihm das Buch, und lege
es ihm gebunden hin, was er leſen ſoll; ich fuͤhre die
Correſpondenz mit unſern geheyratheten Kindern, und
erfreue ihn oft mit guten Nachrichten von ihnen und un-
ſern kleinen Enkeln. Was zu ſeinem Rechnungsweſen
gehoͤrt, verſtehe ich ſo gut als er, und erleichtere ihm
daſſelbe damit, daß ich ihm alle Belege vom ganzen Jahre,
die durch meine Haͤnde gehen, zur Hand und Ordnung
halte; zur Noth mache ich auch einen Bericht an die Hoch-
preisliche Cammer, und meine Hand paradirt ſo gut in
unſerm Caſſenbuche als die ſeinige; wir ſind an einerley
Ordnung gewoͤhnt, kennen den Geiſt unſerer Geſchaͤfte
und Pflichten, und haben in unſern Unternehmungen ei-
nerley Vorſicht und einerley Regeln.

Dieſes wuͤrde aber wahrlich der Erfolg nie geweſen
ſeyn, wenn wir im Ehehande ſo wie vorhin, die Rolle
der zaͤrtlich Liebenden geſpielt, und unſre Thaͤtigkeit mit
Verſicherung unſer gegenſeitigen Liebe erſchoͤpft haͤtten.
Wir wuͤrden dann vielleicht jetzt einander mit Langeweile
anſchauen, die Grotte zu feucht, die Abendluft zu kuͤhl,
den Mittag zu heiß, und den Morgen unluſtig finden.
Wir wuͤrden uns nach Geſellſchaften ſehnen, die, wenn ſie
kaͤmen, ſich bey uns nicht gefielen, und mit Schmerzen
die Stunde zum Aufbruche erwarteten, oder wenn wir
ſie ſuchten, uns wieder fortwuͤnſchten. Wir wuͤrden zu
Taͤndeleyen verwehnt, noch immer mittaͤndeln, und Freu-
den beywohnen wollen, die wir nicht genießen koͤnnten;
oder unſre Zuflucht zum Spieltiſche, als dem letzten Orte,
wo die Alten mit den Jungen figuriren koͤnnen, neh-
men muͤſſen.

Wollen Sie ſich nicht einſt in dieſen Fall verſetzen,
liebes Kind! ſo folgen Sie meinem Beyſpiele, und quaͤ-
len ſich und ihren rechtſchaffenen Mann nicht mit uͤber-

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[53/0065] an eine junge Empfindſame. was ihm behagt; ich verſchreibe ihm das Buch, und lege es ihm gebunden hin, was er leſen ſoll; ich fuͤhre die Correſpondenz mit unſern geheyratheten Kindern, und erfreue ihn oft mit guten Nachrichten von ihnen und un- ſern kleinen Enkeln. Was zu ſeinem Rechnungsweſen gehoͤrt, verſtehe ich ſo gut als er, und erleichtere ihm daſſelbe damit, daß ich ihm alle Belege vom ganzen Jahre, die durch meine Haͤnde gehen, zur Hand und Ordnung halte; zur Noth mache ich auch einen Bericht an die Hoch- preisliche Cammer, und meine Hand paradirt ſo gut in unſerm Caſſenbuche als die ſeinige; wir ſind an einerley Ordnung gewoͤhnt, kennen den Geiſt unſerer Geſchaͤfte und Pflichten, und haben in unſern Unternehmungen ei- nerley Vorſicht und einerley Regeln. Dieſes wuͤrde aber wahrlich der Erfolg nie geweſen ſeyn, wenn wir im Ehehande ſo wie vorhin, die Rolle der zaͤrtlich Liebenden geſpielt, und unſre Thaͤtigkeit mit Verſicherung unſer gegenſeitigen Liebe erſchoͤpft haͤtten. Wir wuͤrden dann vielleicht jetzt einander mit Langeweile anſchauen, die Grotte zu feucht, die Abendluft zu kuͤhl, den Mittag zu heiß, und den Morgen unluſtig finden. Wir wuͤrden uns nach Geſellſchaften ſehnen, die, wenn ſie kaͤmen, ſich bey uns nicht gefielen, und mit Schmerzen die Stunde zum Aufbruche erwarteten, oder wenn wir ſie ſuchten, uns wieder fortwuͤnſchten. Wir wuͤrden zu Taͤndeleyen verwehnt, noch immer mittaͤndeln, und Freu- den beywohnen wollen, die wir nicht genießen koͤnnten; oder unſre Zuflucht zum Spieltiſche, als dem letzten Orte, wo die Alten mit den Jungen figuriren koͤnnen, neh- men muͤſſen. Wollen Sie ſich nicht einſt in dieſen Fall verſetzen, liebes Kind! ſo folgen Sie meinem Beyſpiele, und quaͤ- len ſich und ihren rechtſchaffenen Mann nicht mit uͤber- trie- D 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/65>, abgerufen am 21.11.2024.