Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

LXIII.
Was ist bey Verwandelung der bisherigen
Erbesbesetzung mit Leibeignen in eine freye
Erbpacht, zu beachten?

Jn gegenwärtigen der Freyheit günstigen Zeiten mel-
den sich verschiedene Leibeigne um ihre Freyheit,
und wünschen ihre unterhabenden Höfe gegen gewisse zu
bestimmende Pflichten und Dienste zu bauen; einige Guts-
herrn sind auch dazu gar nicht abgeneigt; aber beyde wis-
sen die Schwierigkeiten nicht alle zu überwinden, welche
ihnen bey dieser neuen Einrichtung vorkommen. Es feh-
let hier im Lande an einem allgemeinen Rechte freyer
Personen an gutsherrlichen Städten; die alten Hofrechte,
worin die hiezu erforderlichen Bestimmungen liegen, stu-
diret fast niemand, und alles auf einen schriftlichen Con-
trakt ankommen zu lassen, ist bedenklich, weil man nicht
alle Fälle vorher sehen kann, und mehr Processe entste-
hen sieht, seitdem jeder sein eignes Testament gemacht
hat, als zu der Zeit, wo die Erbfolge durch gemeine Ge-
wohnheiten und Rechte festgesetzt war.

Die Frage: ob es überhaupt gut sey, seinen Leib-
eignen die Freyheit zu ertheilen, und ihnen den unterha-
benden Hof gegen bestimmte Pflichten und Dienste in
Erbpacht zu geben, ist in diesen Blättern mehrmals auf-
geworfen, und von Verschiedenen beantwortet worden.
Lange habe ich denjenigen beygepflichtet, welche solche
verneinet haben, und dieses zwar aus dem Grunde, weil
natürlicher Weise jeder Gutsherr sich hierüber mit seinen
Leibeignen besonders vergleichen, und mancher diesen Ver-

gleich
Mösers patr. Phantas. IV. Th. X

LXIII.
Was iſt bey Verwandelung der bisherigen
Erbesbeſetzung mit Leibeignen in eine freye
Erbpacht, zu beachten?

Jn gegenwaͤrtigen der Freyheit guͤnſtigen Zeiten mel-
den ſich verſchiedene Leibeigne um ihre Freyheit,
und wuͤnſchen ihre unterhabenden Hoͤfe gegen gewiſſe zu
beſtimmende Pflichten und Dienſte zu bauen; einige Guts-
herrn ſind auch dazu gar nicht abgeneigt; aber beyde wiſ-
ſen die Schwierigkeiten nicht alle zu uͤberwinden, welche
ihnen bey dieſer neuen Einrichtung vorkommen. Es feh-
let hier im Lande an einem allgemeinen Rechte freyer
Perſonen an gutsherrlichen Staͤdten; die alten Hofrechte,
worin die hiezu erforderlichen Beſtimmungen liegen, ſtu-
diret faſt niemand, und alles auf einen ſchriftlichen Con-
trakt ankommen zu laſſen, iſt bedenklich, weil man nicht
alle Faͤlle vorher ſehen kann, und mehr Proceſſe entſte-
hen ſieht, ſeitdem jeder ſein eignes Teſtament gemacht
hat, als zu der Zeit, wo die Erbfolge durch gemeine Ge-
wohnheiten und Rechte feſtgeſetzt war.

Die Frage: ob es uͤberhaupt gut ſey, ſeinen Leib-
eignen die Freyheit zu ertheilen, und ihnen den unterha-
benden Hof gegen beſtimmte Pflichten und Dienſte in
Erbpacht zu geben, iſt in dieſen Blaͤttern mehrmals auf-
geworfen, und von Verſchiedenen beantwortet worden.
Lange habe ich denjenigen beygepflichtet, welche ſolche
verneinet haben, und dieſes zwar aus dem Grunde, weil
natuͤrlicher Weiſe jeder Gutsherr ſich hieruͤber mit ſeinen
Leibeignen beſonders vergleichen, und mancher dieſen Ver-

gleich
Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0333" n="321"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">LXIII.</hi><lb/><hi rendition="#b">Was i&#x017F;t bey Verwandelung der bisherigen</hi><lb/>
Erbesbe&#x017F;etzung mit Leibeignen in eine freye<lb/>
Erbpacht, zu beachten?</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>n gegenwa&#x0364;rtigen der Freyheit gu&#x0364;n&#x017F;tigen Zeiten mel-<lb/>
den &#x017F;ich ver&#x017F;chiedene Leibeigne um ihre Freyheit,<lb/>
und wu&#x0364;n&#x017F;chen ihre unterhabenden Ho&#x0364;fe gegen gewi&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
be&#x017F;timmende Pflichten und Dien&#x017F;te zu bauen; einige Guts-<lb/>
herrn &#x017F;ind auch dazu gar nicht abgeneigt; aber beyde wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en die Schwierigkeiten nicht alle zu u&#x0364;berwinden, welche<lb/>
ihnen bey die&#x017F;er neuen Einrichtung vorkommen. Es feh-<lb/>
let hier im Lande an einem allgemeinen Rechte freyer<lb/>
Per&#x017F;onen an gutsherrlichen Sta&#x0364;dten; die alten Hofrechte,<lb/>
worin die hiezu erforderlichen Be&#x017F;timmungen liegen, &#x017F;tu-<lb/>
diret fa&#x017F;t niemand, und alles auf einen &#x017F;chriftlichen Con-<lb/>
trakt ankommen zu la&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t bedenklich, weil man nicht<lb/>
alle Fa&#x0364;lle vorher &#x017F;ehen kann, und mehr Proce&#x017F;&#x017F;e ent&#x017F;te-<lb/>
hen &#x017F;ieht, &#x017F;eitdem jeder &#x017F;ein eignes Te&#x017F;tament gemacht<lb/>
hat, als zu der Zeit, wo die Erbfolge durch gemeine Ge-<lb/>
wohnheiten und Rechte fe&#x017F;tge&#x017F;etzt war.</p><lb/>
          <p>Die Frage: ob es u&#x0364;berhaupt gut &#x017F;ey, &#x017F;einen Leib-<lb/>
eignen die Freyheit zu ertheilen, und ihnen den unterha-<lb/>
benden Hof gegen be&#x017F;timmte Pflichten und Dien&#x017F;te in<lb/>
Erbpacht zu geben, i&#x017F;t in die&#x017F;en Bla&#x0364;ttern mehrmals auf-<lb/>
geworfen, und von Ver&#x017F;chiedenen beantwortet worden.<lb/>
Lange habe ich denjenigen beygepflichtet, welche &#x017F;olche<lb/>
verneinet haben, und die&#x017F;es zwar aus dem Grunde, weil<lb/>
natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e jeder Gutsherr &#x017F;ich hieru&#x0364;ber mit &#x017F;einen<lb/>
Leibeignen be&#x017F;onders vergleichen, und mancher die&#x017F;en Ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Mo&#x0364;&#x017F;ers patr. Phanta&#x017F;.</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> X</fw><fw place="bottom" type="catch">gleich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0333] LXIII. Was iſt bey Verwandelung der bisherigen Erbesbeſetzung mit Leibeignen in eine freye Erbpacht, zu beachten? Jn gegenwaͤrtigen der Freyheit guͤnſtigen Zeiten mel- den ſich verſchiedene Leibeigne um ihre Freyheit, und wuͤnſchen ihre unterhabenden Hoͤfe gegen gewiſſe zu beſtimmende Pflichten und Dienſte zu bauen; einige Guts- herrn ſind auch dazu gar nicht abgeneigt; aber beyde wiſ- ſen die Schwierigkeiten nicht alle zu uͤberwinden, welche ihnen bey dieſer neuen Einrichtung vorkommen. Es feh- let hier im Lande an einem allgemeinen Rechte freyer Perſonen an gutsherrlichen Staͤdten; die alten Hofrechte, worin die hiezu erforderlichen Beſtimmungen liegen, ſtu- diret faſt niemand, und alles auf einen ſchriftlichen Con- trakt ankommen zu laſſen, iſt bedenklich, weil man nicht alle Faͤlle vorher ſehen kann, und mehr Proceſſe entſte- hen ſieht, ſeitdem jeder ſein eignes Teſtament gemacht hat, als zu der Zeit, wo die Erbfolge durch gemeine Ge- wohnheiten und Rechte feſtgeſetzt war. Die Frage: ob es uͤberhaupt gut ſey, ſeinen Leib- eignen die Freyheit zu ertheilen, und ihnen den unterha- benden Hof gegen beſtimmte Pflichten und Dienſte in Erbpacht zu geben, iſt in dieſen Blaͤttern mehrmals auf- geworfen, und von Verſchiedenen beantwortet worden. Lange habe ich denjenigen beygepflichtet, welche ſolche verneinet haben, und dieſes zwar aus dem Grunde, weil natuͤrlicher Weiſe jeder Gutsherr ſich hieruͤber mit ſeinen Leibeignen beſonders vergleichen, und mancher dieſen Ver- gleich Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/333
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/333>, abgerufen am 22.12.2024.