dienen muß. Denn der Ritter erhielt die väterliche Ge- walt über seinen jungen Lehrling, und züchtigte ihn vä- terlich, wenn dieser aus dem Gleise gieng, anstatt, daß jetzt ein Oberster oder Hauptmann sich kaum berechtiget hält, einem ihm empfohlnen Fahnenjunker, der nun schon in des Fürsten Dienste steht, und daher nach ganz andern Grundsätzen behandelt werden muß, in gewissen Fällen ei- nen ernstlichen Verweis zu geben.
Nach diesen Voraussetzungen würden Ew. Hochfl. Durchlaucht, meiner geringen Einsicht nach besser thun, wenn Höchstdieselben an dero Hofe einen solchen Ober- hofmarschall, Oberjägermeister, Oberforstmeister und Oberstallmeister, welche als gerechte Meister in ihren Kunst, adliche Jünglinge in die Lehre nehmen, und diese mit väterlicher Zucht zu rechtschaffenen Gesellen bilden könnten, unterhielten, und dann eine solche adliche Ju- gend unter dem Namen von Pagen aufnähmen. Diese würden dann nach vollendeten Lehrjahren, anstatt auf Akademien zu gehen, wenigstens drey Jahre andre Höfe und Länder, Ställe, Forsten und Jägereyen besuchen müssen, ehe und bevor sie an dem Orte ihrer Bestim- mung zum Dienste gelassen würden.
Eben so würde ein großer König, welcher eine zahl- reiche Armee zu unterhalten hat, gewiß stärkere und ge- sündere Officiere erhalten, wenn dieselben etwa bis ins zwanzigste Jahr, einem General oder Obersten mit völli- ger väterlicher Gewalt übergeben, und sodann erst ins Regiment gesetzt würden. Dem Dienste würde dadurch nichts entgehn, indem eine solche Jugend alles dasjenige verrichten könnte, was sie jetzt verrichtet; und diese würde auch nichts dabey verlieren, wenn der König sie nach ih- rem Alter beförderte.
Meine
B 3
von einem Edelmanne.
dienen muß. Denn der Ritter erhielt die vaͤterliche Ge- walt uͤber ſeinen jungen Lehrling, und zuͤchtigte ihn vaͤ- terlich, wenn dieſer aus dem Gleiſe gieng, anſtatt, daß jetzt ein Oberſter oder Hauptmann ſich kaum berechtiget haͤlt, einem ihm empfohlnen Fahnenjunker, der nun ſchon in des Fuͤrſten Dienſte ſteht, und daher nach ganz andern Grundſaͤtzen behandelt werden muß, in gewiſſen Faͤllen ei- nen ernſtlichen Verweis zu geben.
Nach dieſen Vorausſetzungen wuͤrden Ew. Hochfl. Durchlaucht, meiner geringen Einſicht nach beſſer thun, wenn Hoͤchſtdieſelben an dero Hofe einen ſolchen Ober- hofmarſchall, Oberjaͤgermeiſter, Oberforſtmeiſter und Oberſtallmeiſter, welche als gerechte Meiſter in ihren Kunſt, adliche Juͤnglinge in die Lehre nehmen, und dieſe mit vaͤterlicher Zucht zu rechtſchaffenen Geſellen bilden koͤnnten, unterhielten, und dann eine ſolche adliche Ju- gend unter dem Namen von Pagen aufnaͤhmen. Dieſe wuͤrden dann nach vollendeten Lehrjahren, anſtatt auf Akademien zu gehen, wenigſtens drey Jahre andre Hoͤfe und Laͤnder, Staͤlle, Forſten und Jaͤgereyen beſuchen muͤſſen, ehe und bevor ſie an dem Orte ihrer Beſtim- mung zum Dienſte gelaſſen wuͤrden.
Eben ſo wuͤrde ein großer Koͤnig, welcher eine zahl- reiche Armee zu unterhalten hat, gewiß ſtaͤrkere und ge- ſuͤndere Officiere erhalten, wenn dieſelben etwa bis ins zwanzigſte Jahr, einem General oder Oberſten mit voͤlli- ger vaͤterlicher Gewalt uͤbergeben, und ſodann erſt ins Regiment geſetzt wuͤrden. Dem Dienſte wuͤrde dadurch nichts entgehn, indem eine ſolche Jugend alles dasjenige verrichten koͤnnte, was ſie jetzt verrichtet; und dieſe wuͤrde auch nichts dabey verlieren, wenn der Koͤnig ſie nach ih- rem Alter befoͤrderte.
Meine
B 3
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von einem Edelmanne.
dienen muß. Denn der Ritter erhielt die vaͤterliche Ge-
walt uͤber ſeinen jungen Lehrling, und zuͤchtigte ihn vaͤ-
terlich, wenn dieſer aus dem Gleiſe gieng, anſtatt, daß
jetzt ein Oberſter oder Hauptmann ſich kaum berechtiget
haͤlt, einem ihm empfohlnen Fahnenjunker, der nun ſchon
in des Fuͤrſten Dienſte ſteht, und daher nach ganz andern
Grundſaͤtzen behandelt werden muß, in gewiſſen Faͤllen ei-
nen ernſtlichen Verweis zu geben.
Nach dieſen Vorausſetzungen wuͤrden Ew. Hochfl.
Durchlaucht, meiner geringen Einſicht nach beſſer thun,
wenn Hoͤchſtdieſelben an dero Hofe einen ſolchen Ober-
hofmarſchall, Oberjaͤgermeiſter, Oberforſtmeiſter und
Oberſtallmeiſter, welche als gerechte Meiſter in ihren
Kunſt, adliche Juͤnglinge in die Lehre nehmen, und dieſe
mit vaͤterlicher Zucht zu rechtſchaffenen Geſellen bilden
koͤnnten, unterhielten, und dann eine ſolche adliche Ju-
gend unter dem Namen von Pagen aufnaͤhmen. Dieſe
wuͤrden dann nach vollendeten Lehrjahren, anſtatt auf
Akademien zu gehen, wenigſtens drey Jahre andre Hoͤfe
und Laͤnder, Staͤlle, Forſten und Jaͤgereyen beſuchen
muͤſſen, ehe und bevor ſie an dem Orte ihrer Beſtim-
mung zum Dienſte gelaſſen wuͤrden.
Eben ſo wuͤrde ein großer Koͤnig, welcher eine zahl-
reiche Armee zu unterhalten hat, gewiß ſtaͤrkere und ge-
ſuͤndere Officiere erhalten, wenn dieſelben etwa bis ins
zwanzigſte Jahr, einem General oder Oberſten mit voͤlli-
ger vaͤterlicher Gewalt uͤbergeben, und ſodann erſt ins
Regiment geſetzt wuͤrden. Dem Dienſte wuͤrde dadurch
nichts entgehn, indem eine ſolche Jugend alles dasjenige
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/33>, abgerufen am 16.02.2025.
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