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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Beherzigung des vorigen Vorschlags.
dann die Gebühr des Pfarrers und Vogten bestimmt: so
haben wir alles was wir nöthig haben, und brauchen
nichts weiter. Jch erinnere mich eines Procurators, der
alle seine Deservitrechnungen noch kürzer beyforderte.
Er hielt sich einen eignen Boten, schickte ihn aufs Land,
ließ seine Schuldner einmal und zweymal fordern, und
zuletzt fragen: ob sie dem Boten ein Pfand geben woll-
ten oder nicht? Kein einziger wegerte sich dessen, sie be-
zahlten, so oft sie gemahnt wurden, dem Boten seinen
Schilling, und gaben ihm zuletzt, wenn sie nicht bezah-
len konnten, ein Pfand, was er nach einer bestimmten
Zeit verkaufte, ohne dem Richter einen Pfennig davon
zu gönnen, und der Schuldner war am Ende froh, so
wohlfeil davon gekommen zu seyn. Ein andrer hingegen
mahnte seine Schuldner in einem versiegelten Briefe,
setzte jedesmal 7 ß. pro litteris zur Rechnung, brachte
dann ein Mandatum solvendi in aller Form aus, und er-
hielt endlich die Pfandung mit allen Ceremonien; wer
war hier der Patriot, der Mann der seinen Schuldner
auf eine legale Art um Kuh und Schwein brachte, oder
der andre, der auf dem Wege der Natur mit dem Schweine
allein davon gieng? ich denke der letzte, und so mag uns
auch sein Beyspiel zur Richtschnur dienen, es kömmt nur
darauf an, daß man Herz genug habe sich von den juri-
stischen Schnörkeln zu befreyen, und den Bonsens einer
steifen Methode vorzuziehen.

Also ich werde künftig meinem Schuldner sagen las-
sen: Lieber Freund, du bist mir zwey Thaler schuldig,
die mußt du mir binnen 14 Tagen bezahlen, oder ich
lasse dir durch durch den Vogt ein Pfand nehmen.
Ein
andrer, der sich in demselben Falle befindet, mag dage-
gen an seinen Procurator schreiben, daß er zum Richter
gehe, damit dieser dem Gerichtsschreiber sage dem Boten

zu
U 3

Beherzigung des vorigen Vorſchlags.
dann die Gebuͤhr des Pfarrers und Vogten beſtimmt: ſo
haben wir alles was wir noͤthig haben, und brauchen
nichts weiter. Jch erinnere mich eines Procurators, der
alle ſeine Deſervitrechnungen noch kuͤrzer beyforderte.
Er hielt ſich einen eignen Boten, ſchickte ihn aufs Land,
ließ ſeine Schuldner einmal und zweymal fordern, und
zuletzt fragen: ob ſie dem Boten ein Pfand geben woll-
ten oder nicht? Kein einziger wegerte ſich deſſen, ſie be-
zahlten, ſo oft ſie gemahnt wurden, dem Boten ſeinen
Schilling, und gaben ihm zuletzt, wenn ſie nicht bezah-
len konnten, ein Pfand, was er nach einer beſtimmten
Zeit verkaufte, ohne dem Richter einen Pfennig davon
zu goͤnnen, und der Schuldner war am Ende froh, ſo
wohlfeil davon gekommen zu ſeyn. Ein andrer hingegen
mahnte ſeine Schuldner in einem verſiegelten Briefe,
ſetzte jedesmal 7 ß. pro litteris zur Rechnung, brachte
dann ein Mandatum ſolvendi in aller Form aus, und er-
hielt endlich die Pfandung mit allen Ceremonien; wer
war hier der Patriot, der Mann der ſeinen Schuldner
auf eine legale Art um Kuh und Schwein brachte, oder
der andre, der auf dem Wege der Natur mit dem Schweine
allein davon gieng? ich denke der letzte, und ſo mag uns
auch ſein Beyſpiel zur Richtſchnur dienen, es koͤmmt nur
darauf an, daß man Herz genug habe ſich von den juri-
ſtiſchen Schnoͤrkeln zu befreyen, und den Bonſens einer
ſteifen Methode vorzuziehen.

Alſo ich werde kuͤnftig meinem Schuldner ſagen laſ-
ſen: Lieber Freund, du biſt mir zwey Thaler ſchuldig,
die mußt du mir binnen 14 Tagen bezahlen, oder ich
laſſe dir durch durch den Vogt ein Pfand nehmen.
Ein
andrer, der ſich in demſelben Falle befindet, mag dage-
gen an ſeinen Procurator ſchreiben, daß er zum Richter
gehe, damit dieſer dem Gerichtsſchreiber ſage dem Boten

zu
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[309/0321] Beherzigung des vorigen Vorſchlags. dann die Gebuͤhr des Pfarrers und Vogten beſtimmt: ſo haben wir alles was wir noͤthig haben, und brauchen nichts weiter. Jch erinnere mich eines Procurators, der alle ſeine Deſervitrechnungen noch kuͤrzer beyforderte. Er hielt ſich einen eignen Boten, ſchickte ihn aufs Land, ließ ſeine Schuldner einmal und zweymal fordern, und zuletzt fragen: ob ſie dem Boten ein Pfand geben woll- ten oder nicht? Kein einziger wegerte ſich deſſen, ſie be- zahlten, ſo oft ſie gemahnt wurden, dem Boten ſeinen Schilling, und gaben ihm zuletzt, wenn ſie nicht bezah- len konnten, ein Pfand, was er nach einer beſtimmten Zeit verkaufte, ohne dem Richter einen Pfennig davon zu goͤnnen, und der Schuldner war am Ende froh, ſo wohlfeil davon gekommen zu ſeyn. Ein andrer hingegen mahnte ſeine Schuldner in einem verſiegelten Briefe, ſetzte jedesmal 7 ß. pro litteris zur Rechnung, brachte dann ein Mandatum ſolvendi in aller Form aus, und er- hielt endlich die Pfandung mit allen Ceremonien; wer war hier der Patriot, der Mann der ſeinen Schuldner auf eine legale Art um Kuh und Schwein brachte, oder der andre, der auf dem Wege der Natur mit dem Schweine allein davon gieng? ich denke der letzte, und ſo mag uns auch ſein Beyſpiel zur Richtſchnur dienen, es koͤmmt nur darauf an, daß man Herz genug habe ſich von den juri- ſtiſchen Schnoͤrkeln zu befreyen, und den Bonſens einer ſteifen Methode vorzuziehen. Alſo ich werde kuͤnftig meinem Schuldner ſagen laſ- ſen: Lieber Freund, du biſt mir zwey Thaler ſchuldig, die mußt du mir binnen 14 Tagen bezahlen, oder ich laſſe dir durch durch den Vogt ein Pfand nehmen. Ein andrer, der ſich in demſelben Falle befindet, mag dage- gen an ſeinen Procurator ſchreiben, daß er zum Richter gehe, damit dieſer dem Gerichtsſchreiber ſage dem Boten zu U 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/321>, abgerufen am 26.11.2024.