Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Der Capitularsoldat. nicht mehr, ob ein Geistlicher wohl die Chirurgie treiben,und jemanden die Ader öffnen dürfe, um nicht für einen Blutvergießer gehalten zu werden. Aber eben deswegen sollte man auch die aus jenen Zeiten sich herschreibende, und auf zufällige Zeitumstände sich gründende Kirchen- zucht, nach den spätern Bedürfnissen der Zeit ermäßigen, und den Weltgeistlichen dasjenige nicht versagen, was den geistlichen Rittern zur Pflicht gemacht ist; oder wenn das durchaus nicht geschehen kann, Capitularpfründen, wovon die darauf haftende Pflicht durch einen bestän- digen Vicar verrichtet wird, in Commenden verwandeln, und ihre Besitzer von der Nothwendigkeit befreyen, sich des Kriegsstandes unfähig zu machen, um solchergestalt Staat und Kirche zu vereinigen, und die würdigen Män- ner mit zur Vertheidigung der Kirche und des Staats zu gebrauchen, welche jetzt wider ihren Willen die Hände in den Schoos legen müssen. Jn den alten Zeiten ließ die Kirche das Blutgericht, daß
Der Capitularſoldat. nicht mehr, ob ein Geiſtlicher wohl die Chirurgie treiben,und jemanden die Ader oͤffnen duͤrfe, um nicht fuͤr einen Blutvergießer gehalten zu werden. Aber eben deswegen ſollte man auch die aus jenen Zeiten ſich herſchreibende, und auf zufaͤllige Zeitumſtaͤnde ſich gruͤndende Kirchen- zucht, nach den ſpaͤtern Beduͤrfniſſen der Zeit ermaͤßigen, und den Weltgeiſtlichen dasjenige nicht verſagen, was den geiſtlichen Rittern zur Pflicht gemacht iſt; oder wenn das durchaus nicht geſchehen kann, Capitularpfruͤnden, wovon die darauf haftende Pflicht durch einen beſtaͤn- digen Vicar verrichtet wird, in Commenden verwandeln, und ihre Beſitzer von der Nothwendigkeit befreyen, ſich des Kriegsſtandes unfaͤhig zu machen, um ſolchergeſtalt Staat und Kirche zu vereinigen, und die wuͤrdigen Maͤn- ner mit zur Vertheidigung der Kirche und des Staats zu gebrauchen, welche jetzt wider ihren Willen die Haͤnde in den Schoos legen muͤſſen. Jn den alten Zeiten ließ die Kirche das Blutgericht, daß
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Der Capitularſoldat.
nicht mehr, ob ein Geiſtlicher wohl die Chirurgie treiben,
und jemanden die Ader oͤffnen duͤrfe, um nicht fuͤr einen
Blutvergießer gehalten zu werden. Aber eben deswegen
ſollte man auch die aus jenen Zeiten ſich herſchreibende,
und auf zufaͤllige Zeitumſtaͤnde ſich gruͤndende Kirchen-
zucht, nach den ſpaͤtern Beduͤrfniſſen der Zeit ermaͤßigen,
und den Weltgeiſtlichen dasjenige nicht verſagen, was
den geiſtlichen Rittern zur Pflicht gemacht iſt; oder wenn
das durchaus nicht geſchehen kann, Capitularpfruͤnden,
wovon die darauf haftende Pflicht durch einen beſtaͤn-
digen Vicar verrichtet wird, in Commenden verwandeln,
und ihre Beſitzer von der Nothwendigkeit befreyen, ſich
des Kriegsſtandes unfaͤhig zu machen, um ſolchergeſtalt
Staat und Kirche zu vereinigen, und die wuͤrdigen Maͤn-
ner mit zur Vertheidigung der Kirche und des Staats
zu gebrauchen, welche jetzt wider ihren Willen die Haͤnde
in den Schoos legen muͤſſen.
Jn den alten Zeiten ließ die Kirche das Blutgericht,
weil die Ausuͤbung deſſelben immer Geld koſtete, dem
Kayſer, und begnuͤgte ſich mit den Strafen, welche Geld
einbrachten. Aber in den neuern Zeiten iſt die Politik
der guten Mutter etwas naͤher beleuchtet worden, und
man denkt: wer den Blutbann ausuͤben ſoll, muͤſſe auch
zu deſſen und der Criminalraͤthe Unterhalt, die Geldbuſ-
ſen einziehen. Der Laye wird immer kluͤger; und es
fehlt nicht, oder er entdeckt auch noch einmal einen zwey-
ten Weg zum Himmel, wo er ohne Maut und Zoll da-
hin kommen kann, wenn die Kirche den andern gar zu
enge macht, und nicht in Zeiten auf die Abſtellung ſolcher
Dinge denkt, welche den Staat an ſeiner wahren Groͤße
hindern. Der heil. Bernhard warb die Rekruten zum
Kreuzzuge mit der Maͤrtyrerkrone; und ich ſollte denken,
daß
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