Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Der Capitularsoldat. Kirche verbietet, mit dem Vergießen desselben zu ihrerVertheidigung, verwechselt, und den Bannalisten wie den Lehnmann, mit jenen Blutdürstigen Söldnern in Eine Klasse gesetzt haben. Denn sie konnten unter diesem Schil- de einen Bärenhäuter unbeschimpft in die Tasche stecken, und jeden ehrlichen Kerl beleidigen, ohne daß sie nöthig hatten, ihm zu Kampfe zu stehen. Auch mochten die Wer- bungen überhaupt, wodurch ein Herr, wenn er nur Geld hat, sich auf eine kurze Zeit dem mächtigsten gleich stellen und alles, was mit Geschwindigkeit zu erobern steht, eben so gut, wie jener, erobern kann, der Kirche und dem Papste nicht sonderlich gefallen. Vielleicht schwebte den Kirchenvätern auch der entsetzliche Unfug vor Augen, welchen die Lanzknechte, die Reistres, und andre auf Con- tracte dienende Truppen, im 14ten, 15ten und 16ten Jahrhunderte, überall anrichteten. Allein ich getraue es mir gegen jeden Kanonisten zu behaupten, daß der echte Sinn der Kirchengesetze es keinem Weltgeistlichen verboten habe, im Heerbann mit auszuziehen, oder sein Lehn in Person zu verdienen: nichts hinderend, daß nach dem Lehnrechte die Pfaffen Lehnrechtes darben sollten. Denn durch diese Regel suchte sich blos der weltliche Staat gegen den geistlichen zu decken, der nicht gezwungen wer- den konnte, sein Lehn in Person zu verdienen. Konnte aber ein Weltgeistlicher, wenn er wollte, im Heerbann mit ausziehen, und sein Lehn in Person verdienen: so kann er auch Dienste unter der jetzigen beständigen Mi- litz nehmen, die nach der heutigen Lage unsrer Verfas- sung, und aller Umstände, zur Vertheidigung der Kirche, des Reichs, und des Landes, unterhalten werden muß. Wir sind nicht mehr in den Zeiten, worin jeder nicht
Der Capitularſoldat. Kirche verbietet, mit dem Vergießen deſſelben zu ihrerVertheidigung, verwechſelt, und den Bannaliſten wie den Lehnmann, mit jenen Blutduͤrſtigen Soͤldnern in Eine Klaſſe geſetzt haben. Denn ſie konnten unter dieſem Schil- de einen Baͤrenhaͤuter unbeſchimpft in die Taſche ſtecken, und jeden ehrlichen Kerl beleidigen, ohne daß ſie noͤthig hatten, ihm zu Kampfe zu ſtehen. Auch mochten die Wer- bungen uͤberhaupt, wodurch ein Herr, wenn er nur Geld hat, ſich auf eine kurze Zeit dem maͤchtigſten gleich ſtellen und alles, was mit Geſchwindigkeit zu erobern ſteht, eben ſo gut, wie jener, erobern kann, der Kirche und dem Papſte nicht ſonderlich gefallen. Vielleicht ſchwebte den Kirchenvaͤtern auch der entſetzliche Unfug vor Augen, welchen die Lanzknechte, die Reiſtres, und andre auf Con- tracte dienende Truppen, im 14ten, 15ten und 16ten Jahrhunderte, uͤberall anrichteten. Allein ich getraue es mir gegen jeden Kanoniſten zu behaupten, daß der echte Sinn der Kirchengeſetze es keinem Weltgeiſtlichen verboten habe, im Heerbann mit auszuziehen, oder ſein Lehn in Perſon zu verdienen: nichts hinderend, daß nach dem Lehnrechte die Pfaffen Lehnrechtes darben ſollten. Denn durch dieſe Regel ſuchte ſich blos der weltliche Staat gegen den geiſtlichen zu decken, der nicht gezwungen wer- den konnte, ſein Lehn in Perſon zu verdienen. Konnte aber ein Weltgeiſtlicher, wenn er wollte, im Heerbann mit ausziehen, und ſein Lehn in Perſon verdienen: ſo kann er auch Dienſte unter der jetzigen beſtaͤndigen Mi- litz nehmen, die nach der heutigen Lage unſrer Verfaſ- ſung, und aller Umſtaͤnde, zur Vertheidigung der Kirche, des Reichs, und des Landes, unterhalten werden muß. Wir ſind nicht mehr in den Zeiten, worin jeder nicht
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Der Capitularſoldat.
Kirche verbietet, mit dem Vergießen deſſelben zu ihrer
Vertheidigung, verwechſelt, und den Bannaliſten wie
den Lehnmann, mit jenen Blutduͤrſtigen Soͤldnern in Eine
Klaſſe geſetzt haben. Denn ſie konnten unter dieſem Schil-
de einen Baͤrenhaͤuter unbeſchimpft in die Taſche ſtecken,
und jeden ehrlichen Kerl beleidigen, ohne daß ſie noͤthig
hatten, ihm zu Kampfe zu ſtehen. Auch mochten die Wer-
bungen uͤberhaupt, wodurch ein Herr, wenn er nur Geld
hat, ſich auf eine kurze Zeit dem maͤchtigſten gleich ſtellen
und alles, was mit Geſchwindigkeit zu erobern ſteht, eben
ſo gut, wie jener, erobern kann, der Kirche und dem
Papſte nicht ſonderlich gefallen. Vielleicht ſchwebte den
Kirchenvaͤtern auch der entſetzliche Unfug vor Augen,
welchen die Lanzknechte, die Reiſtres, und andre auf Con-
tracte dienende Truppen, im 14ten, 15ten und 16ten
Jahrhunderte, uͤberall anrichteten. Allein ich getraue
es mir gegen jeden Kanoniſten zu behaupten, daß der
echte Sinn der Kirchengeſetze es keinem Weltgeiſtlichen
verboten habe, im Heerbann mit auszuziehen, oder ſein
Lehn in Perſon zu verdienen: nichts hinderend, daß nach
dem Lehnrechte die Pfaffen Lehnrechtes darben ſollten.
Denn durch dieſe Regel ſuchte ſich blos der weltliche Staat
gegen den geiſtlichen zu decken, der nicht gezwungen wer-
den konnte, ſein Lehn in Perſon zu verdienen. Konnte
aber ein Weltgeiſtlicher, wenn er wollte, im Heerbann
mit ausziehen, und ſein Lehn in Perſon verdienen: ſo
kann er auch Dienſte unter der jetzigen beſtaͤndigen Mi-
litz nehmen, die nach der heutigen Lage unſrer Verfaſ-
ſung, und aller Umſtaͤnde, zur Vertheidigung der Kirche,
des Reichs, und des Landes, unterhalten werden muß.
Wir ſind nicht mehr in den Zeiten, worin jeder
Chriſt Buße thun muß, wenn er auch in dem gerechteſten
Kriege ſeinen Feind erſchlagen haͤtte. Wir fragen auch
nicht
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