andre Geistliche, an der Spitze ihres Heerbanns oder ih- rer Lehnmannschaft gefochten haben, ohne daß sie sich dadurch eine Jrregularität zugezogen hätten.
Gehe ich nun von diesem Sinne der Kirche aus: so handelt ein jeder Geistlicher, und vielleicht ein jeder Mensch, gegen seine Pflicht, der sein Leben einem andern verkauft, und sich zu mehrerem Blutvergießen verbindet, als die Vertheidigung des Reichs oder des Landes, dessen Unterthan er ist, von ihm erfodert. Es mag auch wohl für unanständig gehalten werden, wenn ein Geistlicher unter den leichten Truppen dienet; obschon diese jetzt in eben so großer Achtung stehen, als die schweren, und mit der Zeit noch größere Achtung verdienen werden. Allein daß ein Geistlicher sofort seine Pfründe verliehren solle, wenn er sich unter die Zahl der heutigen beständi- gen Landesvertheidiger, die nun anstatt des alten Heer- banns, und der Lehn und Dienstmannschaft, gehalten werden, aufnehmen läßt, nicht nach bloßer Willkühr sein Leben verkauft, sondern nur das Gottgefällige Gelübde thut, zur Zeit der Roth, Kirche, Reich und Land mit sei- nem Blut vertheidigen zu wollen, nicht den geistlichen Wohlstand verletzt, und nun eben den Partisan spielt: das dünkt mir um so viel unbilliger, je mehr die neue- ren Zeiten von dem Soldaten Menschenliebe und Tugen- den erfodern, und je gewisser man diese eher bey würdi- gen Geistlichen, als bey andern, zu suchen berechtiget ist.
Freylich haben feige Ausleger ihre Rechnung dabey gefunden, daß sie das Dürsten nach Blute, welches die
Kirche
Corps; und unsre jetzigen Hollandsgänger, zogen damals alle mit dergleichen Entrepreneurs dem Kriege nach. Jn ihren Contracten steht, daß sie alle Städte, welche sie erobern wür- den, 3 Tage zu plündern die Erlaubnis haben sollten.
Der Capitularſoldat.
andre Geiſtliche, an der Spitze ihres Heerbanns oder ih- rer Lehnmannſchaft gefochten haben, ohne daß ſie ſich dadurch eine Jrregularitaͤt zugezogen haͤtten.
Gehe ich nun von dieſem Sinne der Kirche aus: ſo handelt ein jeder Geiſtlicher, und vielleicht ein jeder Menſch, gegen ſeine Pflicht, der ſein Leben einem andern verkauft, und ſich zu mehrerem Blutvergießen verbindet, als die Vertheidigung des Reichs oder des Landes, deſſen Unterthan er iſt, von ihm erfodert. Es mag auch wohl fuͤr unanſtaͤndig gehalten werden, wenn ein Geiſtlicher unter den leichten Truppen dienet; obſchon dieſe jetzt in eben ſo großer Achtung ſtehen, als die ſchweren, und mit der Zeit noch groͤßere Achtung verdienen werden. Allein daß ein Geiſtlicher ſofort ſeine Pfruͤnde verliehren ſolle, wenn er ſich unter die Zahl der heutigen beſtaͤndi- gen Landesvertheidiger, die nun anſtatt des alten Heer- banns, und der Lehn und Dienſtmannſchaft, gehalten werden, aufnehmen laͤßt, nicht nach bloßer Willkuͤhr ſein Leben verkauft, ſondern nur das Gottgefaͤllige Geluͤbde thut, zur Zeit der Roth, Kirche, Reich und Land mit ſei- nem Blut vertheidigen zu wollen, nicht den geiſtlichen Wohlſtand verletzt, und nun eben den Partiſan ſpielt: das duͤnkt mir um ſo viel unbilliger, je mehr die neue- ren Zeiten von dem Soldaten Menſchenliebe und Tugen- den erfodern, und je gewiſſer man dieſe eher bey wuͤrdi- gen Geiſtlichen, als bey andern, zu ſuchen berechtiget iſt.
Freylich haben feige Ausleger ihre Rechnung dabey gefunden, daß ſie das Duͤrſten nach Blute, welches die
Kirche
Corps; und unſre jetzigen Hollandsgaͤnger, zogen damals alle mit dergleichen Entrepreneurs dem Kriege nach. Jn ihren Contracten ſteht, daß ſie alle Staͤdte, welche ſie erobern wuͤr- den, 3 Tage zu pluͤndern die Erlaubnis haben ſollten.
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Der Capitularſoldat.
andre Geiſtliche, an der Spitze ihres Heerbanns oder ih-
rer Lehnmannſchaft gefochten haben, ohne daß ſie ſich
dadurch eine Jrregularitaͤt zugezogen haͤtten.
Gehe ich nun von dieſem Sinne der Kirche aus: ſo
handelt ein jeder Geiſtlicher, und vielleicht ein jeder
Menſch, gegen ſeine Pflicht, der ſein Leben einem andern
verkauft, und ſich zu mehrerem Blutvergießen verbindet,
als die Vertheidigung des Reichs oder des Landes, deſſen
Unterthan er iſt, von ihm erfodert. Es mag auch wohl
fuͤr unanſtaͤndig gehalten werden, wenn ein Geiſtlicher
unter den leichten Truppen dienet; obſchon dieſe jetzt in
eben ſo großer Achtung ſtehen, als die ſchweren, und
mit der Zeit noch groͤßere Achtung verdienen werden.
Allein daß ein Geiſtlicher ſofort ſeine Pfruͤnde verliehren
ſolle, wenn er ſich unter die Zahl der heutigen beſtaͤndi-
gen Landesvertheidiger, die nun anſtatt des alten Heer-
banns, und der Lehn und Dienſtmannſchaft, gehalten
werden, aufnehmen laͤßt, nicht nach bloßer Willkuͤhr ſein
Leben verkauft, ſondern nur das Gottgefaͤllige Geluͤbde
thut, zur Zeit der Roth, Kirche, Reich und Land mit ſei-
nem Blut vertheidigen zu wollen, nicht den geiſtlichen
Wohlſtand verletzt, und nun eben den Partiſan ſpielt:
das duͤnkt mir um ſo viel unbilliger, je mehr die neue-
ren Zeiten von dem Soldaten Menſchenliebe und Tugen-
den erfodern, und je gewiſſer man dieſe eher bey wuͤrdi-
gen Geiſtlichen, als bey andern, zu ſuchen berechtiget iſt.
Freylich haben feige Ausleger ihre Rechnung dabey
gefunden, daß ſie das Duͤrſten nach Blute, welches die
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**) Corps; und unſre jetzigen Hollandsgaͤnger, zogen damals alle
mit dergleichen Entrepreneurs dem Kriege nach. Jn ihren
Contracten ſteht, daß ſie alle Staͤdte, welche ſie erobern wuͤr-
den, 3 Tage zu pluͤndern die Erlaubnis haben ſollten.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/310>, abgerufen am 16.07.2024.
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