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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Adelsprobe in Deutschland.
und Wahrheit gerichtlich und außergerichtlich gesucht
werden, geführet werden muß: sondern von dem Bewei-
se des Adelstandes, der entweder eine kenntliche Thatsa-
che zum Grunde hat, wovon unmittelbar auf den Adel
geschlossen werden kann, oder aber auf giltige Zeugnisse
und Zeugenaussagen angenommen werden soll. -- Hier
kann die Thatsache, als z. B. daß die 16 Vorfahren, wor-
auf einer seinen alten Adel gründet, Schöpfen in hohen
Land- und Lehngerichten gewesen, als Marschälle, Truch-
sesse, Cämmerer, oder Jägermeister, bey einem Reichs-
hauptherrn, welcher keine andere als gute Dienstleute
gehalten, gedienet, oder auch schon die ritterliche Würde
bekleidet, in der echten Knapschaft gestanden, Turniere
besucht, oder Lehne und Aemter besessen haben, welche
keinem andern als Adlichen verliehen werden, ebenfalls
durch solche Urkunden und Zeugnisse, die in allen Gerich-
ten angenommen und für hinlänglich angeschen werden
müssen, geführet werden; und ist es daher unnöthig, sich
dabey aufzuhalten. Wo sich hingegen jemand darauf
gründen will, daß er von undenklichen Jahren für einen
alten Edelmann erkannt, zugelassen, und geehret wor-
den: da wird etwas mehrers, als solche Urkunden, worin
dieses beiläufig geschrieben worden, erfordert; indem
Richter und Notarien, welche dergleichen Urkunden fer-
tigen, über dergleichen Dinge nicht mit hinlänglicher
Kenntniß urtheilen können, und jedem eher zu viel als
zu wenig geben. Es wird auch dieser Beweis nicht aus
zweyer oder dreyer gemeiner Zeugen Munde genommen
werden können: in so fern diese nicht eine redende That-
sache zum Grunde ihrer Wissenschaft angeben können, oder
aber die Zeugen selbst adlich sind, mithin den Begriff
von der Sache haben, welchen sie durch ihr Urtheil oder
Zeugnis bekräftigen sollen. Und denn wird es noch eine

beson-

Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
und Wahrheit gerichtlich und außergerichtlich geſucht
werden, gefuͤhret werden muß: ſondern von dem Bewei-
ſe des Adelſtandes, der entweder eine kenntliche Thatſa-
che zum Grunde hat, wovon unmittelbar auf den Adel
geſchloſſen werden kann, oder aber auf giltige Zeugniſſe
und Zeugenauſſagen angenommen werden ſoll. — Hier
kann die Thatſache, als z. B. daß die 16 Vorfahren, wor-
auf einer ſeinen alten Adel gruͤndet, Schoͤpfen in hohen
Land- und Lehngerichten geweſen, als Marſchaͤlle, Truch-
ſeſſe, Caͤmmerer, oder Jaͤgermeiſter, bey einem Reichs-
hauptherrn, welcher keine andere als gute Dienſtleute
gehalten, gedienet, oder auch ſchon die ritterliche Wuͤrde
bekleidet, in der echten Knapſchaft geſtanden, Turniere
beſucht, oder Lehne und Aemter beſeſſen haben, welche
keinem andern als Adlichen verliehen werden, ebenfalls
durch ſolche Urkunden und Zeugniſſe, die in allen Gerich-
ten angenommen und fuͤr hinlaͤnglich angeſchen werden
muͤſſen, gefuͤhret werden; und iſt es daher unnoͤthig, ſich
dabey aufzuhalten. Wo ſich hingegen jemand darauf
gruͤnden will, daß er von undenklichen Jahren fuͤr einen
alten Edelmann erkannt, zugelaſſen, und geehret wor-
den: da wird etwas mehrers, als ſolche Urkunden, worin
dieſes beilaͤufig geſchrieben worden, erfordert; indem
Richter und Notarien, welche dergleichen Urkunden fer-
tigen, uͤber dergleichen Dinge nicht mit hinlaͤnglicher
Kenntniß urtheilen koͤnnen, und jedem eher zu viel als
zu wenig geben. Es wird auch dieſer Beweis nicht aus
zweyer oder dreyer gemeiner Zeugen Munde genommen
werden koͤnnen: in ſo fern dieſe nicht eine redende That-
ſache zum Grunde ihrer Wiſſenſchaft angeben koͤnnen, oder
aber die Zeugen ſelbſt adlich ſind, mithin den Begriff
von der Sache haben, welchen ſie durch ihr Urtheil oder
Zeugnis bekraͤftigen ſollen. Und denn wird es noch eine

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[287/0299] Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. und Wahrheit gerichtlich und außergerichtlich geſucht werden, gefuͤhret werden muß: ſondern von dem Bewei- ſe des Adelſtandes, der entweder eine kenntliche Thatſa- che zum Grunde hat, wovon unmittelbar auf den Adel geſchloſſen werden kann, oder aber auf giltige Zeugniſſe und Zeugenauſſagen angenommen werden ſoll. — Hier kann die Thatſache, als z. B. daß die 16 Vorfahren, wor- auf einer ſeinen alten Adel gruͤndet, Schoͤpfen in hohen Land- und Lehngerichten geweſen, als Marſchaͤlle, Truch- ſeſſe, Caͤmmerer, oder Jaͤgermeiſter, bey einem Reichs- hauptherrn, welcher keine andere als gute Dienſtleute gehalten, gedienet, oder auch ſchon die ritterliche Wuͤrde bekleidet, in der echten Knapſchaft geſtanden, Turniere beſucht, oder Lehne und Aemter beſeſſen haben, welche keinem andern als Adlichen verliehen werden, ebenfalls durch ſolche Urkunden und Zeugniſſe, die in allen Gerich- ten angenommen und fuͤr hinlaͤnglich angeſchen werden muͤſſen, gefuͤhret werden; und iſt es daher unnoͤthig, ſich dabey aufzuhalten. Wo ſich hingegen jemand darauf gruͤnden will, daß er von undenklichen Jahren fuͤr einen alten Edelmann erkannt, zugelaſſen, und geehret wor- den: da wird etwas mehrers, als ſolche Urkunden, worin dieſes beilaͤufig geſchrieben worden, erfordert; indem Richter und Notarien, welche dergleichen Urkunden fer- tigen, uͤber dergleichen Dinge nicht mit hinlaͤnglicher Kenntniß urtheilen koͤnnen, und jedem eher zu viel als zu wenig geben. Es wird auch dieſer Beweis nicht aus zweyer oder dreyer gemeiner Zeugen Munde genommen werden koͤnnen: in ſo fern dieſe nicht eine redende That- ſache zum Grunde ihrer Wiſſenſchaft angeben koͤnnen, oder aber die Zeugen ſelbſt adlich ſind, mithin den Begriff von der Sache haben, welchen ſie durch ihr Urtheil oder Zeugnis bekraͤftigen ſollen. Und denn wird es noch eine beſon-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/299>, abgerufen am 25.11.2024.