Gläubiger zu dem Annehmer des Guts annoch sagen: sie hätten ihm durch ihren Abtritt oder durch ihre Verlas- sung alle Kosten zum voraus versichert; unter diese Ko- sten gehörten auch diejenigen, welche zur Subhastation erfordert würden; er sollte also in Zeit ven 6 Wochen das Gut an die Kerze bringen, damit sie sehen könnten, ob nicht mehr dafür käme.
Dessen konnte sich A nicht wegern, oder der Richter hielt ihn dazu an. Was nun mehr dafür geboten wurde, als A darinn zu fordern hatte, das wurde den folgenden Gläubigern in ihrer Ordnung zu Theile. A allein er hielt alle seine Zinsen und Kosten zur Belohnung der übernom- menen Gefahr; jeder von den übrigen aber nur eine alte und neue Rente.
Eben so gieng es, wenn E lösete, nur mit dem Un- terschiede, daß dieser seine Vorgänger sicher stellen, und als der letzte blos den Schuldner fragen konnte, ob er ihn lösen wollte. Sagte derselbe nein: so ließ E das Gut schätzen und sich zuschlagen; mithin nach Hamburgischem Rechte zur Kerze bringen.
Waren noch andre Gläubiger vorhanden, die nicht in dem Gerichte bestätiget waren, worin das Gut bele- gen war, und die folglich dem A. B. C. D. und E. das Vorzugsrecht nicht streitig machen konnten: so konnten diese, nachdem sie zuförderst die Immission ex primo de- creto genommen, oder ein dingliches Recht an dem Gute erhalten hatten, eben das thun, was A. B. C. D. und E. zu thun berechtiget waren.
Wo aber der Gläubiger, welcher seinem Schuldner die Löse gethan hatte, nicht wußte, ob mehrere und wie viel Schulden auf dem Gute was ihm verschrieben war, hafteten: so ließ er sämtliche Gläubiger vorerst auf seine
Gefahr
Von dem Concursproceſſe
Glaͤubiger zu dem Annehmer des Guts annoch ſagen: ſie haͤtten ihm durch ihren Abtritt oder durch ihre Verlaſ- ſung alle Koſten zum voraus verſichert; unter dieſe Ko- ſten gehoͤrten auch diejenigen, welche zur Subhaſtation erfordert wuͤrden; er ſollte alſo in Zeit ven 6 Wochen das Gut an die Kerze bringen, damit ſie ſehen koͤnnten, ob nicht mehr dafuͤr kaͤme.
Deſſen konnte ſich A nicht wegern, oder der Richter hielt ihn dazu an. Was nun mehr dafuͤr geboten wurde, als A darinn zu fordern hatte, das wurde den folgenden Glaͤubigern in ihrer Ordnung zu Theile. A allein er hielt alle ſeine Zinſen und Koſten zur Belohnung der uͤbernom- menen Gefahr; jeder von den uͤbrigen aber nur eine alte und neue Rente.
Eben ſo gieng es, wenn E loͤſete, nur mit dem Un- terſchiede, daß dieſer ſeine Vorgaͤnger ſicher ſtellen, und als der letzte blos den Schuldner fragen konnte, ob er ihn loͤſen wollte. Sagte derſelbe nein: ſo ließ E das Gut ſchaͤtzen und ſich zuſchlagen; mithin nach Hamburgiſchem Rechte zur Kerze bringen.
Waren noch andre Glaͤubiger vorhanden, die nicht in dem Gerichte beſtaͤtiget waren, worin das Gut bele- gen war, und die folglich dem A. B. C. D. und E. das Vorzugsrecht nicht ſtreitig machen konnten: ſo konnten dieſe, nachdem ſie zufoͤrderſt die Immiſſion ex primo de- creto genommen, oder ein dingliches Recht an dem Gute erhalten hatten, eben das thun, was A. B. C. D. und E. zu thun berechtiget waren.
Wo aber der Glaͤubiger, welcher ſeinem Schuldner die Loͤſe gethan hatte, nicht wußte, ob mehrere und wie viel Schulden auf dem Gute was ihm verſchrieben war, hafteten: ſo ließ er ſaͤmtliche Glaͤubiger vorerſt auf ſeine
Gefahr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0276"n="264"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem Concursproceſſe</hi></fw><lb/>
Glaͤubiger zu dem <hirendition="#fr">Annehmer</hi> des Guts annoch ſagen: ſie<lb/>
haͤtten ihm durch ihren <hirendition="#fr">Abtritt</hi> oder durch ihre <hirendition="#fr">Verlaſ-<lb/>ſung</hi> alle Koſten zum voraus verſichert; unter dieſe Ko-<lb/>ſten gehoͤrten auch diejenigen, welche zur Subhaſtation<lb/>
erfordert wuͤrden; er ſollte alſo in Zeit ven 6 Wochen das<lb/>
Gut an <hirendition="#fr">die Kerze bringen</hi>, damit ſie ſehen koͤnnten, ob<lb/>
nicht mehr dafuͤr kaͤme.</p><lb/><p>Deſſen konnte ſich <hirendition="#aq">A</hi> nicht wegern, oder der Richter<lb/>
hielt ihn dazu an. Was nun mehr dafuͤr geboten wurde,<lb/>
als <hirendition="#aq">A</hi> darinn zu fordern hatte, das wurde den folgenden<lb/>
Glaͤubigern in ihrer Ordnung zu Theile. <hirendition="#aq">A</hi> allein er hielt<lb/>
alle ſeine Zinſen und Koſten zur Belohnung der uͤbernom-<lb/>
menen Gefahr; jeder von den uͤbrigen aber nur eine alte<lb/>
und neue Rente.</p><lb/><p>Eben ſo gieng es, wenn <hirendition="#aq">E</hi> loͤſete, nur mit dem Un-<lb/>
terſchiede, daß dieſer ſeine Vorgaͤnger ſicher ſtellen, und<lb/>
als der letzte blos den Schuldner fragen konnte, ob er<lb/>
ihn loͤſen wollte. Sagte derſelbe nein: ſo ließ <hirendition="#aq">E</hi> das Gut<lb/>ſchaͤtzen und ſich zuſchlagen; mithin nach Hamburgiſchem<lb/>
Rechte zur Kerze bringen.</p><lb/><p>Waren noch andre Glaͤubiger vorhanden, die nicht<lb/>
in dem Gerichte beſtaͤtiget waren, worin das Gut bele-<lb/>
gen war, und die folglich dem <hirendition="#aq">A. B. C. D.</hi> und <hirendition="#aq">E.</hi> das<lb/>
Vorzugsrecht nicht ſtreitig machen konnten: ſo konnten<lb/>
dieſe, nachdem ſie zufoͤrderſt die <hirendition="#aq">Immiſſion ex primo de-<lb/>
creto</hi> genommen, oder ein dingliches Recht an dem Gute<lb/>
erhalten hatten, eben das thun, was <hirendition="#aq">A. B. C. D.</hi> und <hirendition="#aq">E.</hi><lb/>
zu thun berechtiget waren.</p><lb/><p>Wo aber der Glaͤubiger, welcher ſeinem Schuldner<lb/>
die Loͤſe gethan hatte, nicht wußte, ob mehrere und wie<lb/>
viel Schulden auf dem Gute was ihm verſchrieben war,<lb/>
hafteten: ſo ließ er ſaͤmtliche Glaͤubiger vorerſt auf ſeine<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Gefahr</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[264/0276]
Von dem Concursproceſſe
Glaͤubiger zu dem Annehmer des Guts annoch ſagen: ſie
haͤtten ihm durch ihren Abtritt oder durch ihre Verlaſ-
ſung alle Koſten zum voraus verſichert; unter dieſe Ko-
ſten gehoͤrten auch diejenigen, welche zur Subhaſtation
erfordert wuͤrden; er ſollte alſo in Zeit ven 6 Wochen das
Gut an die Kerze bringen, damit ſie ſehen koͤnnten, ob
nicht mehr dafuͤr kaͤme.
Deſſen konnte ſich A nicht wegern, oder der Richter
hielt ihn dazu an. Was nun mehr dafuͤr geboten wurde,
als A darinn zu fordern hatte, das wurde den folgenden
Glaͤubigern in ihrer Ordnung zu Theile. A allein er hielt
alle ſeine Zinſen und Koſten zur Belohnung der uͤbernom-
menen Gefahr; jeder von den uͤbrigen aber nur eine alte
und neue Rente.
Eben ſo gieng es, wenn E loͤſete, nur mit dem Un-
terſchiede, daß dieſer ſeine Vorgaͤnger ſicher ſtellen, und
als der letzte blos den Schuldner fragen konnte, ob er
ihn loͤſen wollte. Sagte derſelbe nein: ſo ließ E das Gut
ſchaͤtzen und ſich zuſchlagen; mithin nach Hamburgiſchem
Rechte zur Kerze bringen.
Waren noch andre Glaͤubiger vorhanden, die nicht
in dem Gerichte beſtaͤtiget waren, worin das Gut bele-
gen war, und die folglich dem A. B. C. D. und E. das
Vorzugsrecht nicht ſtreitig machen konnten: ſo konnten
dieſe, nachdem ſie zufoͤrderſt die Immiſſion ex primo de-
creto genommen, oder ein dingliches Recht an dem Gute
erhalten hatten, eben das thun, was A. B. C. D. und E.
zu thun berechtiget waren.
Wo aber der Glaͤubiger, welcher ſeinem Schuldner
die Loͤſe gethan hatte, nicht wußte, ob mehrere und wie
viel Schulden auf dem Gute was ihm verſchrieben war,
hafteten: ſo ließ er ſaͤmtliche Glaͤubiger vorerſt auf ſeine
Gefahr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/276>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.