nicht weiter kommen als der erste. Wenn der Richter sie in die Selbsthebung setzte: so hatte jeder was er gekauft hatte, nämlich seine Rente; und keiner hatte auch nur den allermindesten Grund einen Verkauf des ganzen Guts zu verlangen. Es war auch dieses ihr Vortheil nicht. Denn wenn das Gut nicht so theuer bezahlet wurde, daß alle ihre Capitalien daraus bezahlet werden konnten: so hätten sie ihre Renten, die sie ruhig genossen, eingebüßt.
Dieses Verfahren gieng so lange ganz gut, als der Richter sein Buch ordentlich hielt, jeder, der eine Rente kaufte, solche ordentlich eintragen ließ, und wann ihm diese nicht bezahlt wurde, zu rechter Zeit die Jmmission suchte. Es konnte dann niemand gefährdet werden; und wer zuletzt Renten kaufte, hatte es sich selbst beyzumes- sen, wenn er etwas kaufte was nicht vorhanden war. Der Richter war auch, so bald er sein Buch nachsahe, im Stande zu sagen, daß der Schuldner bereits alles was er besässe verkauft und keine Renten mehr übrig hätte.
So wie es aber zu allen Zeiten gegangen ist, daß mancher Käufer auf Treu und Glauben handelt, oder sich um die Umstände seines Schuldners nicht genug beküm- mert, oder auch zu spät aufwacht, und die Zeit verschla- fen hat, worin ein jüngerer Gläubiger vor ihm die Jm- mission erlangt hat; und so wie es weiter zu allen Zeiten mir den Gerichtsprotocollen nicht in der besten Ordnung gewesen ist: so geschahe es auch vermuthlich damals, daß ein Theil der Rentenkäufer das ganze Gut allein genos- sen, und sich ganz wohl dabey befunden; andre hinge- gen gar keine Renten erhielten, und doch gern welche haben, oder auch wenn sie eine Schuldforderung ausge- klagt, und eine idealisch Jmmission, oder eine sogenannte Hypothek erhalten hatten, ihre Bezahlung suchen wollten.
Hier
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uͤber das Landeigenthum.
nicht weiter kommen als der erſte. Wenn der Richter ſie in die Selbſthebung ſetzte: ſo hatte jeder was er gekauft hatte, naͤmlich ſeine Rente; und keiner hatte auch nur den allermindeſten Grund einen Verkauf des ganzen Guts zu verlangen. Es war auch dieſes ihr Vortheil nicht. Denn wenn das Gut nicht ſo theuer bezahlet wurde, daß alle ihre Capitalien daraus bezahlet werden konnten: ſo haͤtten ſie ihre Renten, die ſie ruhig genoſſen, eingebuͤßt.
Dieſes Verfahren gieng ſo lange ganz gut, als der Richter ſein Buch ordentlich hielt, jeder, der eine Rente kaufte, ſolche ordentlich eintragen ließ, und wann ihm dieſe nicht bezahlt wurde, zu rechter Zeit die Jmmiſſion ſuchte. Es konnte dann niemand gefaͤhrdet werden; und wer zuletzt Renten kaufte, hatte es ſich ſelbſt beyzumeſ- ſen, wenn er etwas kaufte was nicht vorhanden war. Der Richter war auch, ſo bald er ſein Buch nachſahe, im Stande zu ſagen, daß der Schuldner bereits alles was er beſaͤſſe verkauft und keine Renten mehr uͤbrig haͤtte.
So wie es aber zu allen Zeiten gegangen iſt, daß mancher Kaͤufer auf Treu und Glauben handelt, oder ſich um die Umſtaͤnde ſeines Schuldners nicht genug bekuͤm- mert, oder auch zu ſpaͤt aufwacht, und die Zeit verſchla- fen hat, worin ein juͤngerer Glaͤubiger vor ihm die Jm- miſſion erlangt hat; und ſo wie es weiter zu allen Zeiten mir den Gerichtsprotocollen nicht in der beſten Ordnung geweſen iſt: ſo geſchahe es auch vermuthlich damals, daß ein Theil der Rentenkaͤufer das ganze Gut allein genoſ- ſen, und ſich ganz wohl dabey befunden; andre hinge- gen gar keine Renten erhielten, und doch gern welche haben, oder auch wenn ſie eine Schuldforderung ausge- klagt, und eine idealiſch Jmmiſſion, oder eine ſogenannte Hypothek erhalten hatten, ihre Bezahlung ſuchen wollten.
Hier
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uͤber das Landeigenthum.
nicht weiter kommen als der erſte. Wenn der Richter ſie
in die Selbſthebung ſetzte: ſo hatte jeder was er gekauft
hatte, naͤmlich ſeine Rente; und keiner hatte auch nur
den allermindeſten Grund einen Verkauf des ganzen Guts
zu verlangen. Es war auch dieſes ihr Vortheil nicht.
Denn wenn das Gut nicht ſo theuer bezahlet wurde, daß
alle ihre Capitalien daraus bezahlet werden konnten: ſo
haͤtten ſie ihre Renten, die ſie ruhig genoſſen, eingebuͤßt.
Dieſes Verfahren gieng ſo lange ganz gut, als der
Richter ſein Buch ordentlich hielt, jeder, der eine Rente
kaufte, ſolche ordentlich eintragen ließ, und wann ihm
dieſe nicht bezahlt wurde, zu rechter Zeit die Jmmiſſion
ſuchte. Es konnte dann niemand gefaͤhrdet werden; und
wer zuletzt Renten kaufte, hatte es ſich ſelbſt beyzumeſ-
ſen, wenn er etwas kaufte was nicht vorhanden war.
Der Richter war auch, ſo bald er ſein Buch nachſahe,
im Stande zu ſagen, daß der Schuldner bereits alles
was er beſaͤſſe verkauft und keine Renten mehr uͤbrig haͤtte.
So wie es aber zu allen Zeiten gegangen iſt, daß
mancher Kaͤufer auf Treu und Glauben handelt, oder ſich
um die Umſtaͤnde ſeines Schuldners nicht genug bekuͤm-
mert, oder auch zu ſpaͤt aufwacht, und die Zeit verſchla-
fen hat, worin ein juͤngerer Glaͤubiger vor ihm die Jm-
miſſion erlangt hat; und ſo wie es weiter zu allen Zeiten
mir den Gerichtsprotocollen nicht in der beſten Ordnung
geweſen iſt: ſo geſchahe es auch vermuthlich damals, daß
ein Theil der Rentenkaͤufer das ganze Gut allein genoſ-
ſen, und ſich ganz wohl dabey befunden; andre hinge-
gen gar keine Renten erhielten, und doch gern welche
haben, oder auch wenn ſie eine Schuldforderung ausge-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/273>, abgerufen am 16.02.2025.
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