Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

über das Landeigenthum.
Stück Grund was mit allgemeiner Einwilligung amor-
tisiret, und folglich von der Vertheidigungslast ganz be-
freyet war, machte eine Ausnahme, und konnte eine
machen. Jm übrigen war nur ein Richter, oder ein
Generalcontrolleur. Dieser Plan ist so gewiß, und so
deutlich aus den Capitularien der fränkischen Kayser zu
erweisen, als gewiß es ist, daß die Protocolle dieser Con-
trolle, oder diese alten Hypotheken-Grund- oder Flurbü-
cher nach und nach in Unordnung gerathen, und an man-
chen Orten vielleicht nie angefangen sind. Jnzwischen
sieht man in allen Ländern Spuren davon. Man findet
lange vor den neuern Einrichtungen, Landes- und Stadt-
gesetze, welche dahin gehen, daß aller Verkauf liegender
Gründe vor der Obrigkeit geschehen, alle Hypotheken von
dem Richter, worunter die Güter liegen, bestätiget wer-
den, und keine neue Pflichten darauf haften sollen, als
welche dieser bewilliget habe. Jn den ältesten Kaufbrie-
fen und Schenkungen, läßt der Verkäufer oder Verschen-
ker sein Gut dem Richter auf, und dieser übergiebt es
demjenigen der es haben soll, oder setzt ihn herein. Hie-
von zeugen unzählige Gesetze und Urkunden, und alles
weiset auf obigen Plan zurück, den die gesunde Vernunft
in neuern Zeiten unter dem Schutt der Verwüstung wie-
der hervorsucht, indem sie neue Hypothekenbücher ein-
führet, und immer weiter einführen wird, je nachdem
die Vertheidigung des Staats eine sorgfältigere Bewah-
rung seines Fonds erfordert.

Wenn ein Schuldner in dieser Verfassung bewogen
wurde, etwas zu borgen: so verkaufte er vor Gerichte
seinem Gläubiger, eine gewisse Rente, die zuerst in Früch-
ten und später in Gelde bestand, aus seinem unterha-
benden Gute, und dieser bezahlte ihm dagegen das Ca-
pital oder die Kaufsumme. Dieses scheinet überall die

erste
R 2

uͤber das Landeigenthum.
Stuͤck Grund was mit allgemeiner Einwilligung amor-
tiſiret, und folglich von der Vertheidigungslaſt ganz be-
freyet war, machte eine Ausnahme, und konnte eine
machen. Jm uͤbrigen war nur ein Richter, oder ein
Generalcontrolleur. Dieſer Plan iſt ſo gewiß, und ſo
deutlich aus den Capitularien der fraͤnkiſchen Kayſer zu
erweiſen, als gewiß es iſt, daß die Protocolle dieſer Con-
trolle, oder dieſe alten Hypotheken-Grund- oder Flurbuͤ-
cher nach und nach in Unordnung gerathen, und an man-
chen Orten vielleicht nie angefangen ſind. Jnzwiſchen
ſieht man in allen Laͤndern Spuren davon. Man findet
lange vor den neuern Einrichtungen, Landes- und Stadt-
geſetze, welche dahin gehen, daß aller Verkauf liegender
Gruͤnde vor der Obrigkeit geſchehen, alle Hypotheken von
dem Richter, worunter die Guͤter liegen, beſtaͤtiget wer-
den, und keine neue Pflichten darauf haften ſollen, als
welche dieſer bewilliget habe. Jn den aͤlteſten Kaufbrie-
fen und Schenkungen, laͤßt der Verkaͤufer oder Verſchen-
ker ſein Gut dem Richter auf, und dieſer uͤbergiebt es
demjenigen der es haben ſoll, oder ſetzt ihn herein. Hie-
von zeugen unzaͤhlige Geſetze und Urkunden, und alles
weiſet auf obigen Plan zuruͤck, den die geſunde Vernunft
in neuern Zeiten unter dem Schutt der Verwuͤſtung wie-
der hervorſucht, indem ſie neue Hypothekenbuͤcher ein-
fuͤhret, und immer weiter einfuͤhren wird, je nachdem
die Vertheidigung des Staats eine ſorgfaͤltigere Bewah-
rung ſeines Fonds erfordert.

Wenn ein Schuldner in dieſer Verfaſſung bewogen
wurde, etwas zu borgen: ſo verkaufte er vor Gerichte
ſeinem Glaͤubiger, eine gewiſſe Rente, die zuerſt in Fruͤch-
ten und ſpaͤter in Gelde beſtand, aus ſeinem unterha-
benden Gute, und dieſer bezahlte ihm dagegen das Ca-
pital oder die Kaufſumme. Dieſes ſcheinet uͤberall die

erſte
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0271" n="259"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber das Landeigenthum.</hi></fw><lb/>
Stu&#x0364;ck Grund was mit allgemeiner Einwilligung amor-<lb/>
ti&#x017F;iret, und folglich von der Vertheidigungsla&#x017F;t ganz be-<lb/>
freyet war, machte eine Ausnahme, und konnte eine<lb/>
machen. Jm u&#x0364;brigen war nur ein Richter, oder ein<lb/>
Generalcontrolleur. Die&#x017F;er Plan i&#x017F;t &#x017F;o gewiß, und &#x017F;o<lb/>
deutlich aus den Capitularien der fra&#x0364;nki&#x017F;chen Kay&#x017F;er zu<lb/>
erwei&#x017F;en, als gewiß es i&#x017F;t, daß die Protocolle die&#x017F;er Con-<lb/>
trolle, oder die&#x017F;e alten Hypotheken-Grund- oder Flurbu&#x0364;-<lb/>
cher nach und nach in Unordnung gerathen, und an man-<lb/>
chen Orten vielleicht nie angefangen &#x017F;ind. Jnzwi&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;ieht man in allen La&#x0364;ndern Spuren davon. Man findet<lb/>
lange vor den neuern Einrichtungen, Landes- und Stadt-<lb/>
ge&#x017F;etze, welche dahin gehen, daß aller Verkauf liegender<lb/>
Gru&#x0364;nde vor der Obrigkeit ge&#x017F;chehen, alle Hypotheken von<lb/>
dem Richter, worunter die Gu&#x0364;ter liegen, be&#x017F;ta&#x0364;tiget wer-<lb/>
den, und keine neue Pflichten darauf haften &#x017F;ollen, als<lb/>
welche die&#x017F;er bewilliget habe. Jn den a&#x0364;lte&#x017F;ten Kaufbrie-<lb/>
fen und Schenkungen, <hi rendition="#fr">la&#x0364;ßt</hi> der Verka&#x0364;ufer oder Ver&#x017F;chen-<lb/>
ker &#x017F;ein Gut dem Richter <hi rendition="#fr">auf</hi>, und die&#x017F;er u&#x0364;bergiebt es<lb/>
demjenigen der es haben &#x017F;oll, oder &#x017F;etzt ihn herein. Hie-<lb/>
von zeugen unza&#x0364;hlige Ge&#x017F;etze und Urkunden, und alles<lb/>
wei&#x017F;et auf obigen Plan zuru&#x0364;ck, den die ge&#x017F;unde Vernunft<lb/>
in neuern Zeiten unter dem Schutt der Verwu&#x0364;&#x017F;tung wie-<lb/>
der hervor&#x017F;ucht, indem &#x017F;ie neue Hypothekenbu&#x0364;cher ein-<lb/>
fu&#x0364;hret, und immer weiter einfu&#x0364;hren wird, je nachdem<lb/>
die Vertheidigung des Staats eine &#x017F;orgfa&#x0364;ltigere Bewah-<lb/>
rung &#x017F;eines Fonds erfordert.</p><lb/>
          <p>Wenn ein Schuldner in die&#x017F;er Verfa&#x017F;&#x017F;ung bewogen<lb/>
wurde, etwas zu borgen: &#x017F;o verkaufte er vor Gerichte<lb/>
&#x017F;einem Gla&#x0364;ubiger, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Rente, die zuer&#x017F;t in Fru&#x0364;ch-<lb/>
ten und &#x017F;pa&#x0364;ter in Gelde be&#x017F;tand, aus &#x017F;einem unterha-<lb/>
benden Gute, und die&#x017F;er bezahlte ihm dagegen das Ca-<lb/>
pital oder die Kauf&#x017F;umme. Die&#x017F;es &#x017F;cheinet u&#x0364;berall die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">er&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0271] uͤber das Landeigenthum. Stuͤck Grund was mit allgemeiner Einwilligung amor- tiſiret, und folglich von der Vertheidigungslaſt ganz be- freyet war, machte eine Ausnahme, und konnte eine machen. Jm uͤbrigen war nur ein Richter, oder ein Generalcontrolleur. Dieſer Plan iſt ſo gewiß, und ſo deutlich aus den Capitularien der fraͤnkiſchen Kayſer zu erweiſen, als gewiß es iſt, daß die Protocolle dieſer Con- trolle, oder dieſe alten Hypotheken-Grund- oder Flurbuͤ- cher nach und nach in Unordnung gerathen, und an man- chen Orten vielleicht nie angefangen ſind. Jnzwiſchen ſieht man in allen Laͤndern Spuren davon. Man findet lange vor den neuern Einrichtungen, Landes- und Stadt- geſetze, welche dahin gehen, daß aller Verkauf liegender Gruͤnde vor der Obrigkeit geſchehen, alle Hypotheken von dem Richter, worunter die Guͤter liegen, beſtaͤtiget wer- den, und keine neue Pflichten darauf haften ſollen, als welche dieſer bewilliget habe. Jn den aͤlteſten Kaufbrie- fen und Schenkungen, laͤßt der Verkaͤufer oder Verſchen- ker ſein Gut dem Richter auf, und dieſer uͤbergiebt es demjenigen der es haben ſoll, oder ſetzt ihn herein. Hie- von zeugen unzaͤhlige Geſetze und Urkunden, und alles weiſet auf obigen Plan zuruͤck, den die geſunde Vernunft in neuern Zeiten unter dem Schutt der Verwuͤſtung wie- der hervorſucht, indem ſie neue Hypothekenbuͤcher ein- fuͤhret, und immer weiter einfuͤhren wird, je nachdem die Vertheidigung des Staats eine ſorgfaͤltigere Bewah- rung ſeines Fonds erfordert. Wenn ein Schuldner in dieſer Verfaſſung bewogen wurde, etwas zu borgen: ſo verkaufte er vor Gerichte ſeinem Glaͤubiger, eine gewiſſe Rente, die zuerſt in Fruͤch- ten und ſpaͤter in Gelde beſtand, aus ſeinem unterha- benden Gute, und dieſer bezahlte ihm dagegen das Ca- pital oder die Kaufſumme. Dieſes ſcheinet uͤberall die erſte R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/271
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/271>, abgerufen am 22.11.2024.