Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Ueber die Absteuer der Töchter bardische Recht hatte nichts dagegen, daß sechs Brüderein Commisbrod unter sich theilten, und dafür dienten, und die Lehnsherrn sahen es natürlicher Weise auch nicht ungern, wenn sich ihre Vasallen vermehrten. Sonach war das Staatsinteresse für die Theilbarkeit der gemei- nen Lehne, und da das Heerbannsgut der Gemeinen keine Männer mehr zum Kriege steuerte: so würde es eine sehr einfältige Politik gewesen seyn, dessen alte Untheilbarkeit zu behaupten. Vielmehr sahen es alle Lehnsherrn gern, daß die ihnen dienende Söhne unter dem Schutze der sich hier sehr empfehlenden römischen Gesetze, jeden Lumpen des väterlichen Erbguts unter sich theilten, um sich im Dienste so viel besser erhalten zu können. Diese Raserey hat so lange gewährt als der Lehndienst, und so wie die- ser aufhörte, suchte der Adel sich durch Fideicommisse ge- gen die Folgen jener Zeiten wieder in den Stand zu se- tzen, worin er war, als er noch ohne Lehnspflicht und von seinem Erbgute im Harnisch diente. Denn die öffent- liche Gesetze, die zur Heerbannszeit gegeben waren, und die man erst in den neuern Zeiten als alte Ueberbleibsel wieder gesammlet hat, waren lange verdunkelt; und der Geist des Lehnwesens mußte erst wieder erstickt, die Kö- pfe der römischen Rechtsgelehrten mußten erst wieder um- geschaffen, und die Vortheile, welche jeder Staat an der Erhaltung seiner großen und kleinen Landbesitzer hat, mußten in ein ganz neues Licht gesetzet werden, ehe eine allgemeine Aufmerksamkeit zu erwarten war. Was aber jeder- also zu einer alten Rubrick mit einigen trocknen Gefallen her-
abgesunken. Dagegen stieg das neue Dienstherzogthum in die Höhe, nach dem Maaße als jenes durch die Desertion ab- nahm. Und das letztere wurde durch die darüber errichteten Familienverträge und Gewohnheiten, wieder untheilbar. Ueber die Abſteuer der Toͤchter bardiſche Recht hatte nichts dagegen, daß ſechs Bruͤderein Commisbrod unter ſich theilten, und dafuͤr dienten, und die Lehnsherrn ſahen es natuͤrlicher Weiſe auch nicht ungern, wenn ſich ihre Vaſallen vermehrten. Sonach war das Staatsintereſſe fuͤr die Theilbarkeit der gemei- nen Lehne, und da das Heerbannsgut der Gemeinen keine Maͤnner mehr zum Kriege ſteuerte: ſo wuͤrde es eine ſehr einfaͤltige Politik geweſen ſeyn, deſſen alte Untheilbarkeit zu behaupten. Vielmehr ſahen es alle Lehnsherrn gern, daß die ihnen dienende Soͤhne unter dem Schutze der ſich hier ſehr empfehlenden roͤmiſchen Geſetze, jeden Lumpen des vaͤterlichen Erbguts unter ſich theilten, um ſich im Dienſte ſo viel beſſer erhalten zu koͤnnen. Dieſe Raſerey hat ſo lange gewaͤhrt als der Lehndienſt, und ſo wie die- ſer aufhoͤrte, ſuchte der Adel ſich durch Fideicommiſſe ge- gen die Folgen jener Zeiten wieder in den Stand zu ſe- tzen, worin er war, als er noch ohne Lehnspflicht und von ſeinem Erbgute im Harniſch diente. Denn die oͤffent- liche Geſetze, die zur Heerbannszeit gegeben waren, und die man erſt in den neuern Zeiten als alte Ueberbleibſel wieder geſammlet hat, waren lange verdunkelt; und der Geiſt des Lehnweſens mußte erſt wieder erſtickt, die Koͤ- pfe der roͤmiſchen Rechtsgelehrten mußten erſt wieder um- geſchaffen, und die Vortheile, welche jeder Staat an der Erhaltung ſeiner großen und kleinen Landbeſitzer hat, mußten in ein ganz neues Licht geſetzet werden, ehe eine allgemeine Aufmerkſamkeit zu erwarten war. Was aber jeder- alſo zu einer alten Rubrick mit einigen trocknen Gefallen her-
abgeſunken. Dagegen ſtieg das neue Dienſtherzogthum in die Hoͤhe, nach dem Maaße als jenes durch die Deſertion ab- nahm. Und das letztere wurde durch die daruͤber errichteten Familienvertraͤge und Gewohnheiten, wieder untheilbar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0242" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Abſteuer der Toͤchter</hi></fw><lb/> bardiſche Recht hatte nichts dagegen, daß ſechs Bruͤder<lb/> ein Commisbrod unter ſich theilten, und dafuͤr dienten,<lb/> und die Lehnsherrn ſahen es natuͤrlicher Weiſe auch nicht<lb/> ungern, wenn ſich ihre Vaſallen vermehrten. Sonach<lb/> war das Staatsintereſſe fuͤr die Theilbarkeit der gemei-<lb/> nen Lehne, und da das Heerbannsgut der Gemeinen keine<lb/> Maͤnner mehr zum Kriege ſteuerte: ſo wuͤrde es eine ſehr<lb/> einfaͤltige Politik geweſen ſeyn, deſſen alte Untheilbarkeit<lb/> zu behaupten. Vielmehr ſahen es alle Lehnsherrn gern,<lb/> daß die ihnen dienende Soͤhne unter dem Schutze der ſich<lb/> hier ſehr empfehlenden roͤmiſchen Geſetze, jeden Lumpen<lb/> des vaͤterlichen Erbguts unter ſich theilten, um ſich im<lb/> Dienſte ſo viel beſſer erhalten zu koͤnnen. Dieſe Raſerey<lb/> hat ſo lange gewaͤhrt als der Lehndienſt, und ſo wie die-<lb/> ſer aufhoͤrte, ſuchte der Adel ſich durch Fideicommiſſe ge-<lb/> gen die Folgen jener Zeiten wieder in den Stand zu ſe-<lb/> tzen, worin er war, als er noch ohne Lehnspflicht und<lb/> von ſeinem Erbgute im Harniſch diente. Denn die oͤffent-<lb/> liche Geſetze, die zur Heerbannszeit gegeben waren, und<lb/> die man erſt in den neuern Zeiten als alte Ueberbleibſel<lb/> wieder geſammlet hat, waren lange verdunkelt; und der<lb/> Geiſt des Lehnweſens mußte erſt wieder erſtickt, die Koͤ-<lb/> pfe der roͤmiſchen Rechtsgelehrten mußten erſt wieder um-<lb/> geſchaffen, und die Vortheile, welche jeder Staat an der<lb/> Erhaltung ſeiner großen und kleinen Landbeſitzer hat,<lb/> mußten in ein ganz neues Licht geſetzet werden, ehe eine<lb/> allgemeine Aufmerkſamkeit zu erwarten war. Was aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">jeder-</fw><lb/><note xml:id="f04" prev="#f03" place="foot" n="*)">alſo zu einer alten Rubrick mit einigen <hi rendition="#fr">trocknen</hi> Gefallen her-<lb/> abgeſunken. Dagegen ſtieg das neue Dienſtherzogthum in die<lb/> Hoͤhe, nach dem Maaße als jenes durch die Deſertion ab-<lb/> nahm. Und das letztere wurde durch die daruͤber errichteten<lb/> Familienvertraͤge und Gewohnheiten, wieder untheilbar.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0242]
Ueber die Abſteuer der Toͤchter
bardiſche Recht hatte nichts dagegen, daß ſechs Bruͤder
ein Commisbrod unter ſich theilten, und dafuͤr dienten,
und die Lehnsherrn ſahen es natuͤrlicher Weiſe auch nicht
ungern, wenn ſich ihre Vaſallen vermehrten. Sonach
war das Staatsintereſſe fuͤr die Theilbarkeit der gemei-
nen Lehne, und da das Heerbannsgut der Gemeinen keine
Maͤnner mehr zum Kriege ſteuerte: ſo wuͤrde es eine ſehr
einfaͤltige Politik geweſen ſeyn, deſſen alte Untheilbarkeit
zu behaupten. Vielmehr ſahen es alle Lehnsherrn gern,
daß die ihnen dienende Soͤhne unter dem Schutze der ſich
hier ſehr empfehlenden roͤmiſchen Geſetze, jeden Lumpen
des vaͤterlichen Erbguts unter ſich theilten, um ſich im
Dienſte ſo viel beſſer erhalten zu koͤnnen. Dieſe Raſerey
hat ſo lange gewaͤhrt als der Lehndienſt, und ſo wie die-
ſer aufhoͤrte, ſuchte der Adel ſich durch Fideicommiſſe ge-
gen die Folgen jener Zeiten wieder in den Stand zu ſe-
tzen, worin er war, als er noch ohne Lehnspflicht und
von ſeinem Erbgute im Harniſch diente. Denn die oͤffent-
liche Geſetze, die zur Heerbannszeit gegeben waren, und
die man erſt in den neuern Zeiten als alte Ueberbleibſel
wieder geſammlet hat, waren lange verdunkelt; und der
Geiſt des Lehnweſens mußte erſt wieder erſtickt, die Koͤ-
pfe der roͤmiſchen Rechtsgelehrten mußten erſt wieder um-
geſchaffen, und die Vortheile, welche jeder Staat an der
Erhaltung ſeiner großen und kleinen Landbeſitzer hat,
mußten in ein ganz neues Licht geſetzet werden, ehe eine
allgemeine Aufmerkſamkeit zu erwarten war. Was aber
jeder-
*)
*) alſo zu einer alten Rubrick mit einigen trocknen Gefallen her-
abgeſunken. Dagegen ſtieg das neue Dienſtherzogthum in die
Hoͤhe, nach dem Maaße als jenes durch die Deſertion ab-
nahm. Und das letztere wurde durch die daruͤber errichteten
Familienvertraͤge und Gewohnheiten, wieder untheilbar.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |