Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

der Landbesitzer.
mengebrachten Höfe verbietet. So erschien z. B. unter
den Carolingern der Eigner von zwölf Höfen mit dem
Harnisch im Heerbanne. Erlaubte sie hier dem Vater
eine Theilung dieser Höfe: so konnte keines von seinen
Kindern im Harnisch erscheinen; diese mußten zur gemei-
nen Reihe zurückkehren, welches gewiß nicht geschehen
konnte, so lange die Vertheidigung Geharnischte erfor-
derte. Und ein solches Gesetze widersteht ewig allen
Gleichtheilungen, so wie allen Absteuern und Abfindun-
gen, die den Hof oder dessen Eigner in der Maaße er-
schöpfen, daß er sich nicht als ein gemeiner Reihemann,
oder als ein Geharnischter zulänglich vertheidigen kann.

Eine billige Abfindung war also das Mittel was un-
sre Vorfahren wählten, um ihre Söhne und Töchter,
welche das väterliche Erbe verlassen mußten, und nun
nicht mehr mit dem Knapsack in die weite Welt gehen
konnten, einigermaßen zu versorgen. Denen, so an ei-
nen Hof in Dienste giengen, war mit einer guten Rü-
stung, mit einem Ehrenkleide, und mit einem Noth- und
Ehrenpfennige gedient. Diejenigen, welche ein Gewerbe
anfiengen, brauchten etwas zur Anlage. Wer eine Prä-
bende oder einen Klosterplatz suchte, konnte auch mit lee-
rer Hand nicht weit kommen, und eine Tochter die ein
hübsches Brautpferd und ein paar Brautrinder mitbrin-
gen konnte, war auf einem Hofe ohne Zweifel willkom-
mener, als eine andre, die sich blos mit ihrem Bündel
hinter ihrem Liebhaber aufs Pferd schwingen wollte.
Was Nothdurft und nothwendiger Wohlstand in der-
gleichen Fällen erforderten, kam zuerst in Betracht, man
richtete die Aussteuer oder die Absteuer, Abgütung, Ab-
findung, Berathung, Bestattung, Versorgung, Abson-
derung
etc. darnach ein, und es wird sich vor dem funf-

zehn-

der Landbeſitzer.
mengebrachten Hoͤfe verbietet. So erſchien z. B. unter
den Carolingern der Eigner von zwoͤlf Hoͤfen mit dem
Harniſch im Heerbanne. Erlaubte ſie hier dem Vater
eine Theilung dieſer Hoͤfe: ſo konnte keines von ſeinen
Kindern im Harniſch erſcheinen; dieſe mußten zur gemei-
nen Reihe zuruͤckkehren, welches gewiß nicht geſchehen
konnte, ſo lange die Vertheidigung Geharniſchte erfor-
derte. Und ein ſolches Geſetze widerſteht ewig allen
Gleichtheilungen, ſo wie allen Abſteuern und Abfindun-
gen, die den Hof oder deſſen Eigner in der Maaße er-
ſchoͤpfen, daß er ſich nicht als ein gemeiner Reihemann,
oder als ein Geharniſchter zulaͤnglich vertheidigen kann.

Eine billige Abfindung war alſo das Mittel was un-
ſre Vorfahren waͤhlten, um ihre Soͤhne und Toͤchter,
welche das vaͤterliche Erbe verlaſſen mußten, und nun
nicht mehr mit dem Knapſack in die weite Welt gehen
konnten, einigermaßen zu verſorgen. Denen, ſo an ei-
nen Hof in Dienſte giengen, war mit einer guten Ruͤ-
ſtung, mit einem Ehrenkleide, und mit einem Noth- und
Ehrenpfennige gedient. Diejenigen, welche ein Gewerbe
anfiengen, brauchten etwas zur Anlage. Wer eine Praͤ-
bende oder einen Kloſterplatz ſuchte, konnte auch mit lee-
rer Hand nicht weit kommen, und eine Tochter die ein
huͤbſches Brautpferd und ein paar Brautrinder mitbrin-
gen konnte, war auf einem Hofe ohne Zweifel willkom-
mener, als eine andre, die ſich blos mit ihrem Buͤndel
hinter ihrem Liebhaber aufs Pferd ſchwingen wollte.
Was Nothdurft und nothwendiger Wohlſtand in der-
gleichen Faͤllen erforderten, kam zuerſt in Betracht, man
richtete die Ausſteuer oder die Abſteuer, Abguͤtung, Ab-
findung, Berathung, Beſtattung, Verſorgung, Abſon-
derung
ꝛc. darnach ein, und es wird ſich vor dem funf-

zehn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="221"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Landbe&#x017F;itzer.</hi></fw><lb/>
mengebrachten Ho&#x0364;fe verbietet. So er&#x017F;chien z. B. unter<lb/>
den Carolingern der Eigner von zwo&#x0364;lf Ho&#x0364;fen mit dem<lb/>
Harni&#x017F;ch im Heerbanne. Erlaubte &#x017F;ie hier dem Vater<lb/>
eine Theilung die&#x017F;er Ho&#x0364;fe: &#x017F;o konnte keines von &#x017F;einen<lb/>
Kindern im Harni&#x017F;ch er&#x017F;cheinen; die&#x017F;e mußten zur gemei-<lb/>
nen Reihe zuru&#x0364;ckkehren, welches gewiß nicht ge&#x017F;chehen<lb/>
konnte, &#x017F;o lange die Vertheidigung Geharni&#x017F;chte erfor-<lb/>
derte. Und ein &#x017F;olches Ge&#x017F;etze wider&#x017F;teht ewig allen<lb/>
Gleichtheilungen, &#x017F;o wie allen Ab&#x017F;teuern und Abfindun-<lb/>
gen, die den Hof oder de&#x017F;&#x017F;en Eigner in der Maaße er-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen, daß er &#x017F;ich nicht als ein gemeiner Reihemann,<lb/>
oder als ein Geharni&#x017F;chter zula&#x0364;nglich vertheidigen kann.</p><lb/>
          <p>Eine <hi rendition="#fr">billige Abfindung</hi> war al&#x017F;o das Mittel was un-<lb/>
&#x017F;re Vorfahren wa&#x0364;hlten, um ihre So&#x0364;hne und To&#x0364;chter,<lb/>
welche das va&#x0364;terliche Erbe verla&#x017F;&#x017F;en mußten, und nun<lb/>
nicht mehr mit dem Knap&#x017F;ack in die weite Welt gehen<lb/>
konnten, einigermaßen zu ver&#x017F;orgen. Denen, &#x017F;o an ei-<lb/>
nen Hof in Dien&#x017F;te giengen, war mit einer guten Ru&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tung, mit einem Ehrenkleide, und mit einem Noth- und<lb/>
Ehrenpfennige gedient. Diejenigen, welche ein Gewerbe<lb/>
anfiengen, brauchten etwas zur Anlage. Wer eine Pra&#x0364;-<lb/>
bende oder einen Klo&#x017F;terplatz &#x017F;uchte, konnte auch mit lee-<lb/>
rer Hand nicht weit kommen, und eine Tochter die ein<lb/>
hu&#x0364;b&#x017F;ches Brautpferd und ein paar Brautrinder mitbrin-<lb/>
gen konnte, war auf einem Hofe ohne Zweifel willkom-<lb/>
mener, als eine andre, die &#x017F;ich blos mit ihrem Bu&#x0364;ndel<lb/>
hinter ihrem Liebhaber aufs Pferd &#x017F;chwingen wollte.<lb/><hi rendition="#fr">Was Nothdurft und nothwendiger Wohl&#x017F;tand</hi> in der-<lb/>
gleichen Fa&#x0364;llen erforderten, kam zuer&#x017F;t in Betracht, man<lb/>
richtete die Aus&#x017F;teuer oder die <hi rendition="#fr">Ab&#x017F;teuer, Abgu&#x0364;tung, Ab-<lb/>
findung, Berathung, Be&#x017F;tattung, Ver&#x017F;orgung, Ab&#x017F;on-<lb/>
derung</hi> &#xA75B;c. darnach ein, und es wird &#x017F;ich vor dem funf-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zehn-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0233] der Landbeſitzer. mengebrachten Hoͤfe verbietet. So erſchien z. B. unter den Carolingern der Eigner von zwoͤlf Hoͤfen mit dem Harniſch im Heerbanne. Erlaubte ſie hier dem Vater eine Theilung dieſer Hoͤfe: ſo konnte keines von ſeinen Kindern im Harniſch erſcheinen; dieſe mußten zur gemei- nen Reihe zuruͤckkehren, welches gewiß nicht geſchehen konnte, ſo lange die Vertheidigung Geharniſchte erfor- derte. Und ein ſolches Geſetze widerſteht ewig allen Gleichtheilungen, ſo wie allen Abſteuern und Abfindun- gen, die den Hof oder deſſen Eigner in der Maaße er- ſchoͤpfen, daß er ſich nicht als ein gemeiner Reihemann, oder als ein Geharniſchter zulaͤnglich vertheidigen kann. Eine billige Abfindung war alſo das Mittel was un- ſre Vorfahren waͤhlten, um ihre Soͤhne und Toͤchter, welche das vaͤterliche Erbe verlaſſen mußten, und nun nicht mehr mit dem Knapſack in die weite Welt gehen konnten, einigermaßen zu verſorgen. Denen, ſo an ei- nen Hof in Dienſte giengen, war mit einer guten Ruͤ- ſtung, mit einem Ehrenkleide, und mit einem Noth- und Ehrenpfennige gedient. Diejenigen, welche ein Gewerbe anfiengen, brauchten etwas zur Anlage. Wer eine Praͤ- bende oder einen Kloſterplatz ſuchte, konnte auch mit lee- rer Hand nicht weit kommen, und eine Tochter die ein huͤbſches Brautpferd und ein paar Brautrinder mitbrin- gen konnte, war auf einem Hofe ohne Zweifel willkom- mener, als eine andre, die ſich blos mit ihrem Buͤndel hinter ihrem Liebhaber aufs Pferd ſchwingen wollte. Was Nothdurft und nothwendiger Wohlſtand in der- gleichen Faͤllen erforderten, kam zuerſt in Betracht, man richtete die Ausſteuer oder die Abſteuer, Abguͤtung, Ab- findung, Berathung, Beſtattung, Verſorgung, Abſon- derung ꝛc. darnach ein, und es wird ſich vor dem funf- zehn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/233
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/233>, abgerufen am 22.11.2024.