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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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von den Westphälischen Freygerichten.
vor welchem man wo nicht in der That, doch wenigstens
in der Theorie aller Hohen und Niedrigen in Deutschland
zu Rechte mächtig werden kann. So bald aber die Frey-
grafen dieses wichtige Werk, obgleich wider ihre Absicht,
zu Stande gebracht hatten, bedurfte man ihrer grausa-
men Hülfe nicht weiter.

Uebrigens war das Verfahren der Freygrafen an
sich gar nicht unförmlich. Jeder Beklagter ward drey-
mal, um auf die Klage zu antworten, und wenn er nicht
erschien, mithin in contumaciam gegen sich sprechen ließ,
zum viertenmal vorgeladen, um der Execution vorzubeu-
gen. Das Urtheil ward, so lange es ordentlich zugieng,
von redlichen und ausgesuchten Männern gefället, und
solchergestalt keiner ungehört verdammt. Was ihnen da-
gegen aus Haß von den Territorialherrschaften, welche
die Kayserl. Commissarien nicht leiden konnten, aufge-
bürdet ist, ist wahrscheinlich großentheils übertrieben;
und außer den vorgedachten Schöpfen des Königs Wen-
zels, und denen welche von den Freyschöpfen auf frischer
That ertappt wurden, ein Fall, der vielleicht nie einge-
troffen ist, ist von ihnen vielleicht keiner von Stund an
gehangen worden.

Den Namen Verbotener Gerichte führten die Frey-
gerichte ohnstreitig daher, weil das Gericht der missorum
unter dem blauen Himmel ein ungeboten, das Stillge-
richt
aber ein geboten Ding war, wovor keiner, als wer
dazu verbotet war (ein westphälischer Ausdruck für citi-
ren
) erschien. Da auch noch jetzt in einigen Ländern, als
z. E. im Oesterreichschen, der Rahm cremor Fahm ge-
nannt wird, mithin Fahmen eben so gut als Rahmen
oder berahmen für citiren gebraucht seyn kann: so wird
Fehmding ein Name der den Stillgerichten der Freygra-

fen

von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten.
vor welchem man wo nicht in der That, doch wenigſtens
in der Theorie aller Hohen und Niedrigen in Deutſchland
zu Rechte maͤchtig werden kann. So bald aber die Frey-
grafen dieſes wichtige Werk, obgleich wider ihre Abſicht,
zu Stande gebracht hatten, bedurfte man ihrer grauſa-
men Huͤlfe nicht weiter.

Uebrigens war das Verfahren der Freygrafen an
ſich gar nicht unfoͤrmlich. Jeder Beklagter ward drey-
mal, um auf die Klage zu antworten, und wenn er nicht
erſchien, mithin in contumaciam gegen ſich ſprechen ließ,
zum viertenmal vorgeladen, um der Execution vorzubeu-
gen. Das Urtheil ward, ſo lange es ordentlich zugieng,
von redlichen und ausgeſuchten Maͤnnern gefaͤllet, und
ſolchergeſtalt keiner ungehoͤrt verdammt. Was ihnen da-
gegen aus Haß von den Territorialherrſchaften, welche
die Kayſerl. Commiſſarien nicht leiden konnten, aufge-
buͤrdet iſt, iſt wahrſcheinlich großentheils uͤbertrieben;
und außer den vorgedachten Schoͤpfen des Koͤnigs Wen-
zels, und denen welche von den Freyſchoͤpfen auf friſcher
That ertappt wurden, ein Fall, der vielleicht nie einge-
troffen iſt, iſt von ihnen vielleicht keiner von Stund an
gehangen worden.

Den Namen Verbotener Gerichte fuͤhrten die Frey-
gerichte ohnſtreitig daher, weil das Gericht der miſſorum
unter dem blauen Himmel ein ungeboten, das Stillge-
richt
aber ein geboten Ding war, wovor keiner, als wer
dazu verbotet war (ein weſtphaͤliſcher Ausdruck fuͤr citi-
ren
) erſchien. Da auch noch jetzt in einigen Laͤndern, als
z. E. im Oeſterreichſchen, der Rahm cremor Fahm ge-
nannt wird, mithin Fahmen eben ſo gut als Rahmen
oder berahmen fuͤr citiren gebraucht ſeyn kann: ſo wird
Fehmding ein Name der den Stillgerichten der Freygra-

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[205/0217] von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten. vor welchem man wo nicht in der That, doch wenigſtens in der Theorie aller Hohen und Niedrigen in Deutſchland zu Rechte maͤchtig werden kann. So bald aber die Frey- grafen dieſes wichtige Werk, obgleich wider ihre Abſicht, zu Stande gebracht hatten, bedurfte man ihrer grauſa- men Huͤlfe nicht weiter. Uebrigens war das Verfahren der Freygrafen an ſich gar nicht unfoͤrmlich. Jeder Beklagter ward drey- mal, um auf die Klage zu antworten, und wenn er nicht erſchien, mithin in contumaciam gegen ſich ſprechen ließ, zum viertenmal vorgeladen, um der Execution vorzubeu- gen. Das Urtheil ward, ſo lange es ordentlich zugieng, von redlichen und ausgeſuchten Maͤnnern gefaͤllet, und ſolchergeſtalt keiner ungehoͤrt verdammt. Was ihnen da- gegen aus Haß von den Territorialherrſchaften, welche die Kayſerl. Commiſſarien nicht leiden konnten, aufge- buͤrdet iſt, iſt wahrſcheinlich großentheils uͤbertrieben; und außer den vorgedachten Schoͤpfen des Koͤnigs Wen- zels, und denen welche von den Freyſchoͤpfen auf friſcher That ertappt wurden, ein Fall, der vielleicht nie einge- troffen iſt, iſt von ihnen vielleicht keiner von Stund an gehangen worden. Den Namen Verbotener Gerichte fuͤhrten die Frey- gerichte ohnſtreitig daher, weil das Gericht der miſſorum unter dem blauen Himmel ein ungeboten, das Stillge- richt aber ein geboten Ding war, wovor keiner, als wer dazu verbotet war (ein weſtphaͤliſcher Ausdruck fuͤr citi- ren) erſchien. Da auch noch jetzt in einigen Laͤndern, als z. E. im Oeſterreichſchen, der Rahm cremor Fahm ge- nannt wird, mithin Fahmen eben ſo gut als Rahmen oder berahmen fuͤr citiren gebraucht ſeyn kann: ſo wird Fehmding ein Name der den Stillgerichten der Freygra- fen

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/217>, abgerufen am 22.11.2024.