Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Vorschlag wie die Kirchhöfe etc. Leichencarmen herauf. Hier findet sich selten der Raumdem zwar unerklärbaren aber immer doch natürlichen und nützlichen Triebe der Menschen, sich ein Andenken nach dem Tode zu stiften, mehr als einen glatten Stein zu opfern, und hier wird man nicht leicht, das alte: Sibi vivus posuit, antreffen. Aber ein wohlverwahrter Kirchhof vor der Stadt in *) Auf den Römischen Grabmälern findet man häufig die
Buchstaben S. A. D. oder die Worte: sub ascia dedicavit; und die Gelehrten streiten über deren Bedeutung. Wahr- scheinlich gab es aber zu Rom ein Zimmer-amt, oder wie wir sprechen, ein officium structurae, und wer etwas daran bezahlte, konnte es erhalten, daß sein Grabmal auf ewige Zeiten rein und schön bewahret wurde. Eine solche dedica- tio sub ascia könnte auch bey den Kirchhöfen vor der Stadt eingeführet werden. Vorſchlag wie die Kirchhoͤfe ꝛc. Leichencarmen herauf. Hier findet ſich ſelten der Raumdem zwar unerklaͤrbaren aber immer doch natuͤrlichen und nuͤtzlichen Triebe der Menſchen, ſich ein Andenken nach dem Tode zu ſtiften, mehr als einen glatten Stein zu opfern, und hier wird man nicht leicht, das alte: Sibi vivus poſuit, antreffen. Aber ein wohlverwahrter Kirchhof vor der Stadt in *) Auf den Roͤmiſchen Grabmaͤlern findet man haͤufig die
Buchſtaben S. A. D. oder die Worte: ſub aſcia dedicavit; und die Gelehrten ſtreiten uͤber deren Bedeutung. Wahr- ſcheinlich gab es aber zu Rom ein Zimmer-amt, oder wie wir ſprechen, ein officium ſtructurae, und wer etwas daran bezahlte, konnte es erhalten, daß ſein Grabmal auf ewige Zeiten rein und ſchoͤn bewahret wurde. Eine ſolche dedica- tio ſub aſcia koͤnnte auch bey den Kirchhoͤfen vor der Stadt eingefuͤhret werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0192" n="180"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorſchlag wie die Kirchhoͤfe ꝛc.</hi></fw><lb/> Leichencarmen herauf. Hier findet ſich ſelten der Raum<lb/> dem zwar unerklaͤrbaren aber immer doch natuͤrlichen und<lb/> nuͤtzlichen Triebe der Menſchen, ſich ein Andenken nach<lb/> dem Tode zu ſtiften, mehr als einen glatten Stein zu<lb/> opfern, und hier wird man nicht leicht, das alte: <hi rendition="#aq">Sibi<lb/> vivus poſuit,</hi> antreffen.</p><lb/> <p>Aber ein wohlverwahrter Kirchhof vor der Stadt<lb/> kann alle dieſe Vortheile und noch mehrere vereinigen; er<lb/> kann naͤmlich auch ſeine Abſonderung fuͤr diejenigen, die<lb/> nicht mit andern in Gemeinſchaft ruhen ſollen, haben;<lb/> er kann wie bey den Herrnhutherrn, zur heilſamen Er-<lb/> bauung fuͤr die Lebenden eingerichtet werden; er kann,<lb/> da niemand gewoͤhnlich daruͤber geht, auch niemanden<lb/> durch ein eingeſunkenes Grab, wie es auf den Stadt-<lb/> kirchhofe oft geſchieht, gefaͤhrlich werden, und man hat<lb/> bey Seuchen nicht zu fuͤrchten, daß die Todten die Leben-<lb/> den anſtecken. So viele weſentliche Vortheile muͤſſen<lb/> und koͤnnen alle Religionsverwandte dahin vereinigen,<lb/> ihre kuͤnftigen Ruheſtaͤtten an einem gemeinſchaftlichen<lb/> Orte vor der Stadt, wofuͤr die Landesobrigkeit hoffent-<lb/> lich gern ſorgen wird <note place="foot" n="*)">Auf den Roͤmiſchen Grabmaͤlern findet man haͤufig die<lb/> Buchſtaben <hi rendition="#aq">S. A. D.</hi> oder die Worte: <hi rendition="#aq">ſub aſcia dedicavit</hi>;<lb/> und die Gelehrten ſtreiten uͤber deren Bedeutung. Wahr-<lb/> ſcheinlich gab es aber zu Rom ein <hi rendition="#fr">Zimmer-amt,</hi> oder wie<lb/> wir ſprechen, ein <hi rendition="#aq">officium ſtructurae,</hi> und wer etwas daran<lb/> bezahlte, konnte es erhalten, daß ſein Grabmal auf ewige<lb/> Zeiten rein und ſchoͤn bewahret wurde. Eine ſolche <hi rendition="#aq">dedica-<lb/> tio ſub aſcia</hi> koͤnnte auch bey den Kirchhoͤfen vor der Stadt<lb/> eingefuͤhret werden.</note>, zu nehmen, und Gott mit dem<lb/> Pfarrer zu Fontenay zu bitten, daß er diejenigen im Him-<lb/> mel beyſammen laſſen wolle, die dort nach der Schlacht,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0192]
Vorſchlag wie die Kirchhoͤfe ꝛc.
Leichencarmen herauf. Hier findet ſich ſelten der Raum
dem zwar unerklaͤrbaren aber immer doch natuͤrlichen und
nuͤtzlichen Triebe der Menſchen, ſich ein Andenken nach
dem Tode zu ſtiften, mehr als einen glatten Stein zu
opfern, und hier wird man nicht leicht, das alte: Sibi
vivus poſuit, antreffen.
Aber ein wohlverwahrter Kirchhof vor der Stadt
kann alle dieſe Vortheile und noch mehrere vereinigen; er
kann naͤmlich auch ſeine Abſonderung fuͤr diejenigen, die
nicht mit andern in Gemeinſchaft ruhen ſollen, haben;
er kann wie bey den Herrnhutherrn, zur heilſamen Er-
bauung fuͤr die Lebenden eingerichtet werden; er kann,
da niemand gewoͤhnlich daruͤber geht, auch niemanden
durch ein eingeſunkenes Grab, wie es auf den Stadt-
kirchhofe oft geſchieht, gefaͤhrlich werden, und man hat
bey Seuchen nicht zu fuͤrchten, daß die Todten die Leben-
den anſtecken. So viele weſentliche Vortheile muͤſſen
und koͤnnen alle Religionsverwandte dahin vereinigen,
ihre kuͤnftigen Ruheſtaͤtten an einem gemeinſchaftlichen
Orte vor der Stadt, wofuͤr die Landesobrigkeit hoffent-
lich gern ſorgen wird *), zu nehmen, und Gott mit dem
Pfarrer zu Fontenay zu bitten, daß er diejenigen im Him-
mel beyſammen laſſen wolle, die dort nach der Schlacht,
in
*) Auf den Roͤmiſchen Grabmaͤlern findet man haͤufig die
Buchſtaben S. A. D. oder die Worte: ſub aſcia dedicavit;
und die Gelehrten ſtreiten uͤber deren Bedeutung. Wahr-
ſcheinlich gab es aber zu Rom ein Zimmer-amt, oder wie
wir ſprechen, ein officium ſtructurae, und wer etwas daran
bezahlte, konnte es erhalten, daß ſein Grabmal auf ewige
Zeiten rein und ſchoͤn bewahret wurde. Eine ſolche dedica-
tio ſub aſcia koͤnnte auch bey den Kirchhoͤfen vor der Stadt
eingefuͤhret werden.
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