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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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seine politische Verfassung geben.
zu werden. Mit einer solchen Denkungsart, werden wir
nie arbeitsame, fleißige und mäßige Bürger ziehen.

Ich erinnere mich einer kleinen Colonie in Pensylva-
nien, die sich vom Spinnen und Weben ernährte. Alle ihre
Kinder giengen mit blossen Köpfen und Füßen, mit einem
kurzen Ueberzuge gekleidet. Im siebenden Jahre erhielten
sie eine bessere Art von Kleidung, wenn sie bey einer an-
gestelleten öffentlichen Prüfung die ihnen vorgeschriebene
Stücken Garn spinnen konnten. Diejenigen so dieses nicht
konnten, durften ihren Ueberzug nicht ablegen, und musten
ihn so lange tragen, bis sie diese Geschicklichkeit erlangt hat-
ten. Wer zugleich in diesem Jahre fertig lesen konnte,
wurde zu gewissen für die Jugend eingesetzten Spielen zu-
gelassen. Das Recht Strümpfe zu tragen erwarb man
sich, so bald man solche selbst knütten konnte, und zur Hey-
rath wurden keine gelassen, als diejenigen, so den Preis
im Weben davon getragen hatten. Im ganzen Städtgen
wurde auf einen Glockenschlag und nur einerley schlechte
Kost gegessen. Diese war auf jeden Tag vorgeschrieben;
eben so auch die Kleidung. Der Krämer durfte nichts an-
ders feil haben und verkaufen, als was zu geniessen oder
zu tragen erlaubt war, und die Aufsicht hierauf war sehr
scharf.

Um aber so viele Strenge zu versüssen, muste jeden
Sonnabend auf den Glockenschlag zwölf alle Arbeit aufhö-
ren, und nun versammlete man sich zu einem öffentlichen
Feste. Hier ward Wein, und Coffee und Braten nach
Gefallen genossen; doch hatte man wenige Beyspiele, daß
jemand dieser Erlaubnis, unter den Augen des Publicums
mißbraucht hätte. Die Jugend hatte ihre Tänze und Spiele
und die Alten spielten auch, oder genossen ihre vorigen
Zeiten in dem frohen Anblick ihrer gesunden und raschen
Kinder. Die ganze Woche freuete sich ein jeder auf diesen

Tag
E 3

ſeine politiſche Verfaſſung geben.
zu werden. Mit einer ſolchen Denkungsart, werden wir
nie arbeitſame, fleißige und maͤßige Buͤrger ziehen.

Ich erinnere mich einer kleinen Colonie in Penſylva-
nien, die ſich vom Spinnen und Weben ernaͤhrte. Alle ihre
Kinder giengen mit bloſſen Koͤpfen und Fuͤßen, mit einem
kurzen Ueberzuge gekleidet. Im ſiebenden Jahre erhielten
ſie eine beſſere Art von Kleidung, wenn ſie bey einer an-
geſtelleten oͤffentlichen Pruͤfung die ihnen vorgeſchriebene
Stuͤcken Garn ſpinnen konnten. Diejenigen ſo dieſes nicht
konnten, durften ihren Ueberzug nicht ablegen, und muſten
ihn ſo lange tragen, bis ſie dieſe Geſchicklichkeit erlangt hat-
ten. Wer zugleich in dieſem Jahre fertig leſen konnte,
wurde zu gewiſſen fuͤr die Jugend eingeſetzten Spielen zu-
gelaſſen. Das Recht Struͤmpfe zu tragen erwarb man
ſich, ſo bald man ſolche ſelbſt knuͤtten konnte, und zur Hey-
rath wurden keine gelaſſen, als diejenigen, ſo den Preis
im Weben davon getragen hatten. Im ganzen Staͤdtgen
wurde auf einen Glockenſchlag und nur einerley ſchlechte
Koſt gegeſſen. Dieſe war auf jeden Tag vorgeſchrieben;
eben ſo auch die Kleidung. Der Kraͤmer durfte nichts an-
ders feil haben und verkaufen, als was zu genieſſen oder
zu tragen erlaubt war, und die Aufſicht hierauf war ſehr
ſcharf.

Um aber ſo viele Strenge zu verſuͤſſen, muſte jeden
Sonnabend auf den Glockenſchlag zwoͤlf alle Arbeit aufhoͤ-
ren, und nun verſammlete man ſich zu einem oͤffentlichen
Feſte. Hier ward Wein, und Coffee und Braten nach
Gefallen genoſſen; doch hatte man wenige Beyſpiele, daß
jemand dieſer Erlaubnis, unter den Augen des Publicums
mißbraucht haͤtte. Die Jugend hatte ihre Taͤnze und Spiele
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[69/0083] ſeine politiſche Verfaſſung geben. zu werden. Mit einer ſolchen Denkungsart, werden wir nie arbeitſame, fleißige und maͤßige Buͤrger ziehen. Ich erinnere mich einer kleinen Colonie in Penſylva- nien, die ſich vom Spinnen und Weben ernaͤhrte. Alle ihre Kinder giengen mit bloſſen Koͤpfen und Fuͤßen, mit einem kurzen Ueberzuge gekleidet. Im ſiebenden Jahre erhielten ſie eine beſſere Art von Kleidung, wenn ſie bey einer an- geſtelleten oͤffentlichen Pruͤfung die ihnen vorgeſchriebene Stuͤcken Garn ſpinnen konnten. Diejenigen ſo dieſes nicht konnten, durften ihren Ueberzug nicht ablegen, und muſten ihn ſo lange tragen, bis ſie dieſe Geſchicklichkeit erlangt hat- ten. Wer zugleich in dieſem Jahre fertig leſen konnte, wurde zu gewiſſen fuͤr die Jugend eingeſetzten Spielen zu- gelaſſen. Das Recht Struͤmpfe zu tragen erwarb man ſich, ſo bald man ſolche ſelbſt knuͤtten konnte, und zur Hey- rath wurden keine gelaſſen, als diejenigen, ſo den Preis im Weben davon getragen hatten. Im ganzen Staͤdtgen wurde auf einen Glockenſchlag und nur einerley ſchlechte Koſt gegeſſen. Dieſe war auf jeden Tag vorgeſchrieben; eben ſo auch die Kleidung. Der Kraͤmer durfte nichts an- ders feil haben und verkaufen, als was zu genieſſen oder zu tragen erlaubt war, und die Aufſicht hierauf war ſehr ſcharf. Um aber ſo viele Strenge zu verſuͤſſen, muſte jeden Sonnabend auf den Glockenſchlag zwoͤlf alle Arbeit aufhoͤ- ren, und nun verſammlete man ſich zu einem oͤffentlichen Feſte. Hier ward Wein, und Coffee und Braten nach Gefallen genoſſen; doch hatte man wenige Beyſpiele, daß jemand dieſer Erlaubnis, unter den Augen des Publicums mißbraucht haͤtte. Die Jugend hatte ihre Taͤnze und Spiele und die Alten ſpielten auch, oder genoſſen ihre vorigen Zeiten in dem frohen Anblick ihrer geſunden und raſchen Kinder. Die ganze Woche freuete ſich ein jeder auf dieſen Tag E 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/83>, abgerufen am 26.11.2024.