Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.seine politische Verfassung geben. würde, wenn jede grosse oder kleine bürgerliche Gesellschaftmehr ihre eigene Gesetzgeberin wäre, und sich minder nach einem allgemeinen Plan formirte, das ist eine Frage, die noch immer eine Untersuchung verdient. Wenn wir auf den grossen Ruhm der vielen kleinen Der Eifer, womit jedes Volk in der Neuigkeit seinen ver- E 2
ſeine politiſche Verfaſſung geben. wuͤrde, wenn jede groſſe oder kleine buͤrgerliche Geſellſchaftmehr ihre eigene Geſetzgeberin waͤre, und ſich minder nach einem allgemeinen Plan formirte, das iſt eine Frage, die noch immer eine Unterſuchung verdient. Wenn wir auf den groſſen Ruhm der vielen kleinen Der Eifer, womit jedes Volk in der Neuigkeit ſeinen ver- E 2
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ſeine politiſche Verfaſſung geben.
wuͤrde, wenn jede groſſe oder kleine buͤrgerliche Geſellſchaft
mehr ihre eigene Geſetzgeberin waͤre, und ſich minder nach
einem allgemeinen Plan formirte, das iſt eine Frage, die
noch immer eine Unterſuchung verdient.
Wenn wir auf den groſſen Ruhm der vielen kleinen
griechiſchen Republiken zuruͤckgehen, und nach der Urſache
forſchen, warum ſo manches kleines Staͤdtgen, was in der
heutigen Welt nicht einmal genannt werden wuͤrde, ein ſo
groſſes Aufſehen gemacht: ſo iſt es dieſe, daß jedes ſich
ſeine eigne religieuſe und politiſche Verfaſſung erſchaffen,
und mit Huͤlfe derſelben ſeine Kraͤfte zu einer auſſerordent-
lichen Groͤſſe gebracht habe. Man ſieht, daß ſie in ihren
Plan alles was ihnen die Natur gegeben, auf das ſchaͤrfſte
genutzt, und aus jeder Menſchenſehne ein Ankerſeil gemacht
haben. Dieſes thaten ſie ehe ſie philoſophiſche Theorien
hatten, und blos von ihren Beduͤrfniſſen geleitet, nach der
Richtung arbeiteten, welche zu ihrem Ziele fuͤhrte.
Der Eifer, womit jedes Volk in der Neuigkeit ſeinen
eigenen Erfindungen froͤhnet, erhielt die erſten Stifter in
ihrer patriotiſchen Schwaͤrmerey, eine dazu eingerichtete Er-
ziehung pflanzte ſolche auf die Nachkommenſchaft fort, und
jede Tugend erhielt ihren Werth nach dem Maaſſe des Nu-
tzens, welchen ſie dem gemeinen Weſen ſchafte. Die Groͤße
aller andern ſo beruͤhmten Nationen ſcheinet die Folge einer
aͤhnlichen Art zu handeln geweſen zu ſeyn, ehe allgemeine
Religionen, Sittenlehren und Syſteme, dieſe eigenen Fal-
ten jeder beſondern Voͤlkerſchaft ausgeglichen, und die Art
der Menſchen, zu denken und zu handeln, einfoͤrmiger ge-
macht haben. So wie die allgemeine Menſchenliebe faſt
alle Buͤrgerliebe, und die groſſe Nationalehre die beſondre
Ehre jedes Staͤdtgens verſchlungen hat; eben ſo ſcheinen
die allgemeinen Natur- und Voͤlkerrechte die ſtarken Ban-
de, welche aus jenen beſondern Verfaſſungen entſprungen,
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