Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Die Politik im Unglück. was sie unternehmen, wird ihnen gerathen; meine Kasseist ihnen zu Dienste; mit einer so klugen Einschränkung, mit einem so entschlossenen Muthe, mit so vieler Einsicht ... Aber sie unterbrach ihn oft, und schien mit allen diesen treuherzigen Schmeicheleyen unzufrieden zu seyn, wie ich aus der Bewegung ihrer Hände wahrnahm, die, was mir ins Lachen fiel, so eifrig gegen einander giengen, als wenn sie noch ihren Fächel mit Brillanten darin gehabt hätte. Was endlich beschlossen wurde, hörte ich nicht; sie dankte ihm aber auf die verbindlichste Weise, und fuhr mit mir zurück, da ich sie denn bey ihrer Wirthin, einer Handschu- macherin absetzte, die ihr sogleich entgegen flog, und sie auf das liebreichste bewillkommete. Gute Nacht meine Liebe, sagte sie zu mir! und dieses X. Ich habe gestern den ganzen Abend mit unsrer guten A .. mir,
Die Politik im Ungluͤck. was ſie unternehmen, wird ihnen gerathen; meine Kaſſeiſt ihnen zu Dienſte; mit einer ſo klugen Einſchraͤnkung, mit einem ſo entſchloſſenen Muthe, mit ſo vieler Einſicht … Aber ſie unterbrach ihn oft, und ſchien mit allen dieſen treuherzigen Schmeicheleyen unzufrieden zu ſeyn, wie ich aus der Bewegung ihrer Haͤnde wahrnahm, die, was mir ins Lachen fiel, ſo eifrig gegen einander giengen, als wenn ſie noch ihren Faͤchel mit Brillanten darin gehabt haͤtte. Was endlich beſchloſſen wurde, hoͤrte ich nicht; ſie dankte ihm aber auf die verbindlichſte Weiſe, und fuhr mit mir zuruͤck, da ich ſie denn bey ihrer Wirthin, einer Handſchu- macherin abſetzte, die ihr ſogleich entgegen flog, und ſie auf das liebreichſte bewillkommete. Gute Nacht meine Liebe, ſagte ſie zu mir! und dieſes X. Ich habe geſtern den ganzen Abend mit unſrer guten A .. mir,
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Die Politik im Ungluͤck.
was ſie unternehmen, wird ihnen gerathen; meine Kaſſe
iſt ihnen zu Dienſte; mit einer ſo klugen Einſchraͤnkung,
mit einem ſo entſchloſſenen Muthe, mit ſo vieler Einſicht …
Aber ſie unterbrach ihn oft, und ſchien mit allen dieſen
treuherzigen Schmeicheleyen unzufrieden zu ſeyn, wie ich
aus der Bewegung ihrer Haͤnde wahrnahm, die, was mir
ins Lachen fiel, ſo eifrig gegen einander giengen, als wenn
ſie noch ihren Faͤchel mit Brillanten darin gehabt haͤtte.
Was endlich beſchloſſen wurde, hoͤrte ich nicht; ſie dankte
ihm aber auf die verbindlichſte Weiſe, und fuhr mit mir
zuruͤck, da ich ſie denn bey ihrer Wirthin, einer Handſchu-
macherin abſetzte, die ihr ſogleich entgegen flog, und ſie
auf das liebreichſte bewillkommete.
Gute Nacht meine Liebe, ſagte ſie zu mir! und dieſes
will ich auch jetzt zu Ihnen ſagen: Alſo gute Nacht meine
Liebe.
X.
Ich habe geſtern den ganzen Abend mit unſrer guten A ..
philoſophirt; es iſt ein allerliebſt vernuͤnftiges Weib.
Wir kamen auf die Schaam, welche eine ungluͤckliche Per-
ſon in ihrer Erniedrigung insgemein empfindet, und auf
die falſchen Mittel, die ſie denn ergreift, um ihre Bloͤſſe
zu bedecken. Dieſes merkte ich wohl, war eine Lieb-
lingsunterredung fuͤr ſie, weil ſie dadurch eine Gelegenheit
erhielt, den Plan ihres ganzen Betragens zu rechtfertigen,
und Ungluͤckliche, wie Sie wiſſen, thun nichts lieber, als
ſich rechtfertigen. Ich will ſehen, ob ich den Sinn ihrer
Worte wieder zuſammenbringen kann; denn ich wuͤnſchte
Ihnen auch ein recht vortheilhaftes Bild von ihr zu ma-
chen. Wenn Sie ihren Wagen zerbrechen, ſagte ſie zu
mir,
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Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/42>, abgerufen am 16.02.2025. |