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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Leibeigenthumsgefälle zu bestimmen.
schwankende Forderungen gerichtet bleibt, widersteht
am Ende eines künftigen Jahrhunderts nichts als ein
fester Satz. Man darf nur einen Blick in andre Län-
der thun, um die Wahrheit davon deutlicher zu em-
pfinden, als solche dahier beschrieben werden kann.
Nichts ist aber bey dem allen
22) augenscheinlicher als der eigne Vortheil der Leibeig-
nen, welche nach jener neuen Einrichtung mit dop-
peltem Fleisse und Muthe für sich und ihre Kinder ar-
beiten können, ohne den Verlust ihres sauer erworbe-
nen Vermögens fürchten zu dürfen; welche bey ihren
sich vermehrenden Kindern nicht an die Beschwerde der
Freybriefe; und bey der Verheyrathung derselben nicht
an den Verlust des Brautschatzes zu denken haben.
Die Obrigkeit wird gegen einen üblen Wirth mit aller
Strenge verfahren können, wenn ihm einmal die Ent-
schuldigung benommen ist, daß er zu Bezahlung der
ungewissen Gefälle seinen Hof in Schulden stürzen,
sein Land versetzen, und sein Holz verhauen müsse.
Wie wenige Wirthe werden sich auf den Trunk legen,
wenn sie gewiß sind, daß dasjenige was sie versau-
fen, nicht dem Gutsherrn am Sterbfalle, sondern
ihren Kindern am Erbtheile abgehe? Wie wenige wer-
den ungerechten und harten Gläubigern zum Raube
werden, wenn sie nicht zur Unzeit grosse Summen bor-
gen dürfen? Wie sehr werden sich ihre Processe da-
durch mindern? Und wie mancher reicher Freyer wird
einen Gutsherrlichen Hof annehmen, wenn er nicht
mehr befürchten darf als ein Leibeigner behandelt zu
werden?

Nie ist auch die Zeit zu einer solchen neuen Einrichtung
günstiger gewesen als jetzt, wo

23) der
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Leibeigenthumsgefaͤlle zu beſtimmen.
ſchwankende Forderungen gerichtet bleibt, widerſteht
am Ende eines kuͤnftigen Jahrhunderts nichts als ein
feſter Satz. Man darf nur einen Blick in andre Laͤn-
der thun, um die Wahrheit davon deutlicher zu em-
pfinden, als ſolche dahier beſchrieben werden kann.
Nichts iſt aber bey dem allen
22) augenſcheinlicher als der eigne Vortheil der Leibeig-
nen, welche nach jener neuen Einrichtung mit dop-
peltem Fleiſſe und Muthe fuͤr ſich und ihre Kinder ar-
beiten koͤnnen, ohne den Verluſt ihres ſauer erworbe-
nen Vermoͤgens fuͤrchten zu duͤrfen; welche bey ihren
ſich vermehrenden Kindern nicht an die Beſchwerde der
Freybriefe; und bey der Verheyrathung derſelben nicht
an den Verluſt des Brautſchatzes zu denken haben.
Die Obrigkeit wird gegen einen uͤblen Wirth mit aller
Strenge verfahren koͤnnen, wenn ihm einmal die Ent-
ſchuldigung benommen iſt, daß er zu Bezahlung der
ungewiſſen Gefaͤlle ſeinen Hof in Schulden ſtuͤrzen,
ſein Land verſetzen, und ſein Holz verhauen muͤſſe.
Wie wenige Wirthe werden ſich auf den Trunk legen,
wenn ſie gewiß ſind, daß dasjenige was ſie verſau-
fen, nicht dem Gutsherrn am Sterbfalle, ſondern
ihren Kindern am Erbtheile abgehe? Wie wenige wer-
den ungerechten und harten Glaͤubigern zum Raube
werden, wenn ſie nicht zur Unzeit groſſe Summen bor-
gen duͤrfen? Wie ſehr werden ſich ihre Proceſſe da-
durch mindern? Und wie mancher reicher Freyer wird
einen Gutsherrlichen Hof annehmen, wenn er nicht
mehr befuͤrchten darf als ein Leibeigner behandelt zu
werden?

Nie iſt auch die Zeit zu einer ſolchen neuen Einrichtung
guͤnſtiger geweſen als jetzt, wo

23) der
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[345/0359] Leibeigenthumsgefaͤlle zu beſtimmen. ſchwankende Forderungen gerichtet bleibt, widerſteht am Ende eines kuͤnftigen Jahrhunderts nichts als ein feſter Satz. Man darf nur einen Blick in andre Laͤn- der thun, um die Wahrheit davon deutlicher zu em- pfinden, als ſolche dahier beſchrieben werden kann. Nichts iſt aber bey dem allen 22) augenſcheinlicher als der eigne Vortheil der Leibeig- nen, welche nach jener neuen Einrichtung mit dop- peltem Fleiſſe und Muthe fuͤr ſich und ihre Kinder ar- beiten koͤnnen, ohne den Verluſt ihres ſauer erworbe- nen Vermoͤgens fuͤrchten zu duͤrfen; welche bey ihren ſich vermehrenden Kindern nicht an die Beſchwerde der Freybriefe; und bey der Verheyrathung derſelben nicht an den Verluſt des Brautſchatzes zu denken haben. Die Obrigkeit wird gegen einen uͤblen Wirth mit aller Strenge verfahren koͤnnen, wenn ihm einmal die Ent- ſchuldigung benommen iſt, daß er zu Bezahlung der ungewiſſen Gefaͤlle ſeinen Hof in Schulden ſtuͤrzen, ſein Land verſetzen, und ſein Holz verhauen muͤſſe. Wie wenige Wirthe werden ſich auf den Trunk legen, wenn ſie gewiß ſind, daß dasjenige was ſie verſau- fen, nicht dem Gutsherrn am Sterbfalle, ſondern ihren Kindern am Erbtheile abgehe? Wie wenige wer- den ungerechten und harten Glaͤubigern zum Raube werden, wenn ſie nicht zur Unzeit groſſe Summen bor- gen duͤrfen? Wie ſehr werden ſich ihre Proceſſe da- durch mindern? Und wie mancher reicher Freyer wird einen Gutsherrlichen Hof annehmen, wenn er nicht mehr befuͤrchten darf als ein Leibeigner behandelt zu werden? Nie iſt auch die Zeit zu einer ſolchen neuen Einrichtung guͤnſtiger geweſen als jetzt, wo 23) der Y 5

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/359>, abgerufen am 22.11.2024.