Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Also kann man der Mode sprang sie auf und rief: das ist, so wahr ich lebe, nicht an-dem; ich wäre keinen Augenblick mit ihr umgegangen, wenn sie von der Art gewesen wäre. Hier dachte ich, ist es Zeit, ein bisgen näher zu rücken. Was diesen Punkt an- langt, sagte ich also, so hat ihre Cammerjungfer die Deh- wern doch eine so hübsche goldene Uhr und einen Ring mit einem so schönen Steine von dem Herrn ... erhalten; wo ich auch nicht irre, so schrieben die Frau Arabelle von Ihnen letzt selbst einmal in der Hitze eines bösen An- falls, wie sie mit ihrem Cammermädgen aus guten Ursa- chen nicht schmälen dürfte, und dieses ist doch wohl so et- was -- hier schienen sich die Augen der gnädigen Frauen etwas zu vergrössern. Ach! sagte sie, der Neid sieht im- mer zu viel und die Freundschaft zu wenig -- Und was dünkt Ihnen, fuhr ich fort, von einer Frau, die das so hinschreiben kann, daß sie mit ihrem Cammermädgen aus guten Ursachen nicht schmälen dürfe; sollte die nicht schon wohl so ein Hühngen im Salze haben! -- Es ist mög- lich -- und kann man es der bösen Welt, die nun einmal so ist, wie sie ist, verdenken, wenn sie sich die Augen nur so lange verblenden läßt, als ihr die Sonne hineinscheint -- Freylich so ganz und gar nicht -- wenn sie an einer Per- son die auf alles Anspruch macht, die auch denen von hö- hern Stande vordringen will, und durch Graß und Korn geht, wenn sie nur glänzen kann, alle Fehler aufsucht. -- Ach Louise! -- wenn sie einer Person, welche mit der größten Unbedachtsamkeit ihre besten Freundinnen zu glei- chen Ausschweiffungen mit sich fortreißt, aus der Kunst zu gefallen zu prangen und zu herrschen ihre einzige Beschäf- tigung macht, dabey die guten Leute, so ihr borgen, recht vorsetzlich betrügt, einen ehrlichen Mann ins Unglück stürzt, ihre Kinder mit Schande beladet, zuletzt mit voller Ver- achtung begegnet -- O! schweig Louise. -- Ich
Alſo kann man der Mode ſprang ſie auf und rief: das iſt, ſo wahr ich lebe, nicht an-dem; ich waͤre keinen Augenblick mit ihr umgegangen, wenn ſie von der Art geweſen waͤre. Hier dachte ich, iſt es Zeit, ein bisgen naͤher zu ruͤcken. Was dieſen Punkt an- langt, ſagte ich alſo, ſo hat ihre Cammerjungfer die Deh- wern doch eine ſo huͤbſche goldene Uhr und einen Ring mit einem ſo ſchoͤnen Steine von dem Herrn … erhalten; wo ich auch nicht irre, ſo ſchrieben die Frau Arabelle von Ihnen letzt ſelbſt einmal in der Hitze eines boͤſen An- falls, wie ſie mit ihrem Cammermaͤdgen aus guten Urſa- chen nicht ſchmaͤlen duͤrfte, und dieſes iſt doch wohl ſo et- was — hier ſchienen ſich die Augen der gnaͤdigen Frauen etwas zu vergroͤſſern. Ach! ſagte ſie, der Neid ſieht im- mer zu viel und die Freundſchaft zu wenig — Und was duͤnkt Ihnen, fuhr ich fort, von einer Frau, die das ſo hinſchreiben kann, daß ſie mit ihrem Cammermaͤdgen aus guten Urſachen nicht ſchmaͤlen duͤrfe; ſollte die nicht ſchon wohl ſo ein Huͤhngen im Salze haben! — Es iſt moͤg- lich — und kann man es der boͤſen Welt, die nun einmal ſo iſt, wie ſie iſt, verdenken, wenn ſie ſich die Augen nur ſo lange verblenden laͤßt, als ihr die Sonne hineinſcheint — Freylich ſo ganz und gar nicht — wenn ſie an einer Per- ſon die auf alles Anſpruch macht, die auch denen von hoͤ- hern Stande vordringen will, und durch Graß und Korn geht, wenn ſie nur glaͤnzen kann, alle Fehler aufſucht. — Ach Louiſe! — wenn ſie einer Perſon, welche mit der groͤßten Unbedachtſamkeit ihre beſten Freundinnen zu glei- chen Ausſchweiffungen mit ſich fortreißt, aus der Kunſt zu gefallen zu prangen und zu herrſchen ihre einzige Beſchaͤf- tigung macht, dabey die guten Leute, ſo ihr borgen, recht vorſetzlich betruͤgt, einen ehrlichen Mann ins Ungluͤck ſtuͤrzt, ihre Kinder mit Schande beladet, zuletzt mit voller Ver- achtung begegnet — O! ſchweig Louiſe. — Ich
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Alſo kann man der Mode
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dem; ich waͤre keinen Augenblick mit ihr umgegangen, wenn
ſie von der Art geweſen waͤre. Hier dachte ich, iſt es
Zeit, ein bisgen naͤher zu ruͤcken. Was dieſen Punkt an-
langt, ſagte ich alſo, ſo hat ihre Cammerjungfer die Deh-
wern doch eine ſo huͤbſche goldene Uhr und einen Ring mit
einem ſo ſchoͤnen Steine von dem Herrn … erhalten;
wo ich auch nicht irre, ſo ſchrieben die Frau Arabelle
von Ihnen letzt ſelbſt einmal in der Hitze eines boͤſen An-
falls, wie ſie mit ihrem Cammermaͤdgen aus guten Urſa-
chen nicht ſchmaͤlen duͤrfte, und dieſes iſt doch wohl ſo et-
was — hier ſchienen ſich die Augen der gnaͤdigen Frauen
etwas zu vergroͤſſern. Ach! ſagte ſie, der Neid ſieht im-
mer zu viel und die Freundſchaft zu wenig — Und was
duͤnkt Ihnen, fuhr ich fort, von einer Frau, die das ſo
hinſchreiben kann, daß ſie mit ihrem Cammermaͤdgen aus
guten Urſachen nicht ſchmaͤlen duͤrfe; ſollte die nicht ſchon
wohl ſo ein Huͤhngen im Salze haben! — Es iſt moͤg-
lich — und kann man es der boͤſen Welt, die nun einmal
ſo iſt, wie ſie iſt, verdenken, wenn ſie ſich die Augen nur
ſo lange verblenden laͤßt, als ihr die Sonne hineinſcheint —
Freylich ſo ganz und gar nicht — wenn ſie an einer Per-
ſon die auf alles Anſpruch macht, die auch denen von hoͤ-
hern Stande vordringen will, und durch Graß und Korn
geht, wenn ſie nur glaͤnzen kann, alle Fehler aufſucht. —
Ach Louiſe! — wenn ſie einer Perſon, welche mit der
groͤßten Unbedachtſamkeit ihre beſten Freundinnen zu glei-
chen Ausſchweiffungen mit ſich fortreißt, aus der Kunſt
zu gefallen zu prangen und zu herrſchen ihre einzige Beſchaͤf-
tigung macht, dabey die guten Leute, ſo ihr borgen, recht
vorſetzlich betruͤgt, einen ehrlichen Mann ins Ungluͤck ſtuͤrzt,
ihre Kinder mit Schande beladet, zuletzt mit voller Ver-
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