Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Hofesherrn nicht überlassen werden. grossen Verlust gestürzet wird. Allein so vernünftig undnothwendig auch die Bemühungen sind, wodurch man die- ser Form eine verbesserte Gestalt zu geben wünschet, eben so nothwendig ist auch die Politik, sich von jenem Grund- satze nicht zu weit zu entfernen, und den Richter zum blossen Ausrichter der gutsherrlichen Willkühr zu machen. So bald dieses geschieht, treten alle obige zuerst erwehnte Fol- gen richtig ein: jeder Freyer wird sich scheuen unter solchen Bedingungen in den Leibeigenthum zu treten; aller Credit fällt nothwendig weg; und der Gutsherr trägt am Ende die Last eines jeden nichtswürdigen Kerls. Wenn aber gleich die Regeln, daß eine grössere Stren- Mord und Raub sind grosse Verbrechen, und dennoch fällen.
Hofesherrn nicht uͤberlaſſen werden. groſſen Verluſt geſtuͤrzet wird. Allein ſo vernuͤnftig undnothwendig auch die Bemuͤhungen ſind, wodurch man die- ſer Form eine verbeſſerte Geſtalt zu geben wuͤnſchet, eben ſo nothwendig iſt auch die Politik, ſich von jenem Grund- ſatze nicht zu weit zu entfernen, und den Richter zum bloſſen Ausrichter der gutsherrlichen Willkuͤhr zu machen. So bald dieſes geſchieht, treten alle obige zuerſt erwehnte Fol- gen richtig ein: jeder Freyer wird ſich ſcheuen unter ſolchen Bedingungen in den Leibeigenthum zu treten; aller Credit faͤllt nothwendig weg; und der Gutsherr traͤgt am Ende die Laſt eines jeden nichtswuͤrdigen Kerls. Wenn aber gleich die Regeln, daß eine groͤſſere Stren- Mord und Raub ſind groſſe Verbrechen, und dennoch faͤllen.
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Hofesherrn nicht uͤberlaſſen werden.
groſſen Verluſt geſtuͤrzet wird. Allein ſo vernuͤnftig und
nothwendig auch die Bemuͤhungen ſind, wodurch man die-
ſer Form eine verbeſſerte Geſtalt zu geben wuͤnſchet, eben
ſo nothwendig iſt auch die Politik, ſich von jenem Grund-
ſatze nicht zu weit zu entfernen, und den Richter zum bloſſen
Ausrichter der gutsherrlichen Willkuͤhr zu machen. So
bald dieſes geſchieht, treten alle obige zuerſt erwehnte Fol-
gen richtig ein: jeder Freyer wird ſich ſcheuen unter ſolchen
Bedingungen in den Leibeigenthum zu treten; aller Credit
faͤllt nothwendig weg; und der Gutsherr traͤgt am Ende
die Laſt eines jeden nichtswuͤrdigen Kerls.
Wenn aber gleich die Regeln, daß eine groͤſſere Stren-
ge der Abaͤuſſerungsurſachen dem wahren Intereſſe des
Gutsherrn zuwider laufe, und daß mildere Geſetze fuͤr bey-
de am zutraͤglichſten ſeyn, dadurch ausgefunden und auſſer
Streit geſetzet ſind: ſo muß ich doch aufrichtig bekennen,
daß man dadurch nur noch wenig gewonnen, und hoͤch-
ſtens den Punkt feſtgeſetzet habe, woraus man die Sache
uͤberſehen muͤſſe. Denn es liegt ſo wenig an der Milde als
an der Strenge der Urſachen, daß wir mit den Abaͤuſſe-
rungen nicht fortkommen koͤnnen, ſondern in der Mannig-
faltigkeit der Umſtaͤnde, welche eben und daſſelbe Verbre-
chen bald vergroͤſſern und bald verkleinern; es liegt auch
zum Theil mit an dem Richter, der ohne den Leibeignen
nach ſeinem wahren Charakter und Haushalt zu kennen,
blos nach demjenigen ſprechen kann und muß, was vor
ihm in den Acten angefuͤhret und erwieſen iſt, welches denn
wiederum nicht allemal in der Kuͤrze geſchehen kann, worinn
man es zu haben wuͤnſcht.
Mord und Raub ſind groſſe Verbrechen, und dennoch
treten oft fuͤr den Schuldigen ſolche beſondre groſſe und
ruͤhrende Umſtaͤnde ein, daß man Muͤhe hat ein Urtheil zu
faͤllen.
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