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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Nichts ist schädlicher
Beste erfordert und bestimmet, vorhanden sey. Mancher
mögte auch wohl nicht ohne Grund besorgen, daß er sol-
chergestalt, anstatt eine Auffarth zu ziehen, noch wohl Geld
würde zugeben müssen, um einen guten Wirth, der die
Pflicht eines Reihemanns gehörig zu erfüllen und sich mit
einem bey der jährlichen Musterung bestehenden Hofgewehr
zu versehen, im Stande wäre, auf seine Stätte zu be-
kommen.

Allein bey einer genauern Einsicht, und wenn man die
Sachen aus ihrem wahren Gesichtspunkte faßt, werden
diese Schwierigkeiten sich entweder heben oder durch grös-
sere und dauerhaftere Vortheile überwiegen lassen, voraus-
gesetzt, daß dem Gutsherrn nur die gehörige Macht gege-
ben werde, den Plan ohne fremde Verhinderungen ausfüh-
ren zu können. Denn was den Freystamm betrift: so ist
der Name zwar fremd, die Sache aber allezeit vorhanden
gewesen. Er steckt würklich in dem Erbrechte, was der
Leibeigne oder Hofhörige an dem Hofe hat. Hausheuren
in den Städten sind gar nicht erblich geworden; Heuren
von Ländereyen ohne Gebäude selten; und vielleicht nur bey
solchen, die der Anbauer zuerst roden oder urbar machen
müssen. Aber so bald Gebäude auf oder neben den Lände-
reyen errichtet worden, und der Bauer diese gebauet und
erhalten hat, ist sogleich Erbrecht entstanden. Und woher
dieses? Blos aus der Ursache, weil man den Sohn des
Vaters mit Billigkeit nicht vertreiben konnte, welcher die
Gebäude auf seine Kosten errichtet hatte. Wer hätte Län-
dereyen annehmen, Häuser darauf bauen und wenn ihn am
Rande seines Lebens ein unglücklicher Brand heimsuchte,
sein ganzes Vermögen an neue Gebäude verwenden wollen,
wenn man ihm gesagt hätte: nach vier, acht oder zwölf
Jahren oder mit deinem Tode must du dieses alles einbüssen?
Zwar finden sich auch dergleichen Contrakte auf der Heyde

an

Nichts iſt ſchaͤdlicher
Beſte erfordert und beſtimmet, vorhanden ſey. Mancher
moͤgte auch wohl nicht ohne Grund beſorgen, daß er ſol-
chergeſtalt, anſtatt eine Auffarth zu ziehen, noch wohl Geld
wuͤrde zugeben muͤſſen, um einen guten Wirth, der die
Pflicht eines Reihemanns gehoͤrig zu erfuͤllen und ſich mit
einem bey der jaͤhrlichen Muſterung beſtehenden Hofgewehr
zu verſehen, im Stande waͤre, auf ſeine Staͤtte zu be-
kommen.

Allein bey einer genauern Einſicht, und wenn man die
Sachen aus ihrem wahren Geſichtspunkte faßt, werden
dieſe Schwierigkeiten ſich entweder heben oder durch groͤſ-
ſere und dauerhaftere Vortheile uͤberwiegen laſſen, voraus-
geſetzt, daß dem Gutsherrn nur die gehoͤrige Macht gege-
ben werde, den Plan ohne fremde Verhinderungen ausfuͤh-
ren zu koͤnnen. Denn was den Freyſtamm betrift: ſo iſt
der Name zwar fremd, die Sache aber allezeit vorhanden
geweſen. Er ſteckt wuͤrklich in dem Erbrechte, was der
Leibeigne oder Hofhoͤrige an dem Hofe hat. Hausheuren
in den Staͤdten ſind gar nicht erblich geworden; Heuren
von Laͤndereyen ohne Gebaͤude ſelten; und vielleicht nur bey
ſolchen, die der Anbauer zuerſt roden oder urbar machen
muͤſſen. Aber ſo bald Gebaͤude auf oder neben den Laͤnde-
reyen errichtet worden, und der Bauer dieſe gebauet und
erhalten hat, iſt ſogleich Erbrecht entſtanden. Und woher
dieſes? Blos aus der Urſache, weil man den Sohn des
Vaters mit Billigkeit nicht vertreiben konnte, welcher die
Gebaͤude auf ſeine Koſten errichtet hatte. Wer haͤtte Laͤn-
dereyen annehmen, Haͤuſer darauf bauen und wenn ihn am
Rande ſeines Lebens ein ungluͤcklicher Brand heimſuchte,
ſein ganzes Vermoͤgen an neue Gebaͤude verwenden wollen,
wenn man ihm geſagt haͤtte: nach vier, acht oder zwoͤlf
Jahren oder mit deinem Tode muſt du dieſes alles einbuͤſſen?
Zwar finden ſich auch dergleichen Contrakte auf der Heyde

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[294/0308] Nichts iſt ſchaͤdlicher Beſte erfordert und beſtimmet, vorhanden ſey. Mancher moͤgte auch wohl nicht ohne Grund beſorgen, daß er ſol- chergeſtalt, anſtatt eine Auffarth zu ziehen, noch wohl Geld wuͤrde zugeben muͤſſen, um einen guten Wirth, der die Pflicht eines Reihemanns gehoͤrig zu erfuͤllen und ſich mit einem bey der jaͤhrlichen Muſterung beſtehenden Hofgewehr zu verſehen, im Stande waͤre, auf ſeine Staͤtte zu be- kommen. Allein bey einer genauern Einſicht, und wenn man die Sachen aus ihrem wahren Geſichtspunkte faßt, werden dieſe Schwierigkeiten ſich entweder heben oder durch groͤſ- ſere und dauerhaftere Vortheile uͤberwiegen laſſen, voraus- geſetzt, daß dem Gutsherrn nur die gehoͤrige Macht gege- ben werde, den Plan ohne fremde Verhinderungen ausfuͤh- ren zu koͤnnen. Denn was den Freyſtamm betrift: ſo iſt der Name zwar fremd, die Sache aber allezeit vorhanden geweſen. Er ſteckt wuͤrklich in dem Erbrechte, was der Leibeigne oder Hofhoͤrige an dem Hofe hat. Hausheuren in den Staͤdten ſind gar nicht erblich geworden; Heuren von Laͤndereyen ohne Gebaͤude ſelten; und vielleicht nur bey ſolchen, die der Anbauer zuerſt roden oder urbar machen muͤſſen. Aber ſo bald Gebaͤude auf oder neben den Laͤnde- reyen errichtet worden, und der Bauer dieſe gebauet und erhalten hat, iſt ſogleich Erbrecht entſtanden. Und woher dieſes? Blos aus der Urſache, weil man den Sohn des Vaters mit Billigkeit nicht vertreiben konnte, welcher die Gebaͤude auf ſeine Koſten errichtet hatte. Wer haͤtte Laͤn- dereyen annehmen, Haͤuſer darauf bauen und wenn ihn am Rande ſeines Lebens ein ungluͤcklicher Brand heimſuchte, ſein ganzes Vermoͤgen an neue Gebaͤude verwenden wollen, wenn man ihm geſagt haͤtte: nach vier, acht oder zwoͤlf Jahren oder mit deinem Tode muſt du dieſes alles einbuͤſſen? Zwar finden ſich auch dergleichen Contrakte auf der Heyde an

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/308>, abgerufen am 24.11.2024.