Was soll ich Ihnen weiter rathen? Die Worte: Wenn du mich lieb hast: so weist du wohl was du thun must, setzen die Sache in eine ganz andre Lage. Sie ha- ben nun leider nicht mehr mit Ihrem Eheherrn, sondern mit sich selbst zu zanken, und das ist eine Beschäftigung, wobey man sich ohne Gefahr nicht lange aufhalten darf. So machte ich es auch gestern mit mir. Mein naseweises Cammermädchen hatte ausgerechnet, daß ich im vorigen Jah- re 15 Thaler für allerhand Calender und Allmanachs aus- gegeben hätte, da doch meine Mutter niemahls mehr als 4 Pfennige hierauf verwandt hätte. Hin ist hin, dachte ich, um nicht mit mir selbst zu rechten und eine Runzel mehr zu bekommen, und damit flog ich in die Gesellschaft.
Aber aller meiner Munterkeit ungeachtet, verspielte ich doch mehr als ich bezahlen konnte, und nichts führt so sehr zu ernsthaften Betrachtungen als der Verlust im Spiel, wenn man auf keine Art zum Gelde gelangen kann. Es waren nur elende 5 Louis d'or die mir fehlten, und ich dach- te hundertmahl an Harlekin, wie er den Brief seiner Colom- bine aus Mangel eines Gutengroschens nicht von der Post lösen konnte. Was für eine elende Summe ist ein Guter- groschen! rief er; aber wenn man ihn braucht und nicht hat, wie wichtig ist er! ... Es blieb mir endlich kein ander Mittel übrig als zu moralisiren, und Sie glauben nicht, wie das gut thut, wenn man kein Geld hat, und sich zer- streuen muß.
Ich hatte mir des Tags vorher den Entwurf gemacht, wie ich ein Paar Spanier oder Neapolitaner vor meine
Kut-
Alſo kann man der Mode
V. Arabellens Antwort.
Was ſoll ich Ihnen weiter rathen? Die Worte: Wenn du mich lieb haſt: ſo weiſt du wohl was du thun muſt, ſetzen die Sache in eine ganz andre Lage. Sie ha- ben nun leider nicht mehr mit Ihrem Eheherrn, ſondern mit ſich ſelbſt zu zanken, und das iſt eine Beſchaͤftigung, wobey man ſich ohne Gefahr nicht lange aufhalten darf. So machte ich es auch geſtern mit mir. Mein naſeweiſes Cammermaͤdchen hatte ausgerechnet, daß ich im vorigen Jah- re 15 Thaler fuͤr allerhand Calender und Allmanachs aus- gegeben haͤtte, da doch meine Mutter niemahls mehr als 4 Pfennige hierauf verwandt haͤtte. Hin iſt hin, dachte ich, um nicht mit mir ſelbſt zu rechten und eine Runzel mehr zu bekommen, und damit flog ich in die Geſellſchaft.
Aber aller meiner Munterkeit ungeachtet, verſpielte ich doch mehr als ich bezahlen konnte, und nichts fuͤhrt ſo ſehr zu ernſthaften Betrachtungen als der Verluſt im Spiel, wenn man auf keine Art zum Gelde gelangen kann. Es waren nur elende 5 Louis d’or die mir fehlten, und ich dach- te hundertmahl an Harlekin, wie er den Brief ſeiner Colom- bine aus Mangel eines Gutengroſchens nicht von der Poſt loͤſen konnte. Was fuͤr eine elende Summe iſt ein Guter- groſchen! rief er; aber wenn man ihn braucht und nicht hat, wie wichtig iſt er! … Es blieb mir endlich kein ander Mittel uͤbrig als zu moraliſiren, und Sie glauben nicht, wie das gut thut, wenn man kein Geld hat, und ſich zer- ſtreuen muß.
Ich hatte mir des Tags vorher den Entwurf gemacht, wie ich ein Paar Spanier oder Neapolitaner vor meine
Kut-
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Alſo kann man der Mode
V.
Arabellens Antwort.
Was ſoll ich Ihnen weiter rathen? Die Worte: Wenn
du mich lieb haſt: ſo weiſt du wohl was du thun
muſt, ſetzen die Sache in eine ganz andre Lage. Sie ha-
ben nun leider nicht mehr mit Ihrem Eheherrn, ſondern
mit ſich ſelbſt zu zanken, und das iſt eine Beſchaͤftigung,
wobey man ſich ohne Gefahr nicht lange aufhalten darf.
So machte ich es auch geſtern mit mir. Mein naſeweiſes
Cammermaͤdchen hatte ausgerechnet, daß ich im vorigen Jah-
re 15 Thaler fuͤr allerhand Calender und Allmanachs aus-
gegeben haͤtte, da doch meine Mutter niemahls mehr als
4 Pfennige hierauf verwandt haͤtte. Hin iſt hin, dachte ich,
um nicht mit mir ſelbſt zu rechten und eine Runzel mehr zu
bekommen, und damit flog ich in die Geſellſchaft.
Aber aller meiner Munterkeit ungeachtet, verſpielte ich
doch mehr als ich bezahlen konnte, und nichts fuͤhrt ſo ſehr
zu ernſthaften Betrachtungen als der Verluſt im Spiel,
wenn man auf keine Art zum Gelde gelangen kann. Es
waren nur elende 5 Louis d’or die mir fehlten, und ich dach-
te hundertmahl an Harlekin, wie er den Brief ſeiner Colom-
bine aus Mangel eines Gutengroſchens nicht von der Poſt
loͤſen konnte. Was fuͤr eine elende Summe iſt ein Guter-
groſchen! rief er; aber wenn man ihn braucht und nicht hat,
wie wichtig iſt er! … Es blieb mir endlich kein ander
Mittel uͤbrig als zu moraliſiren, und Sie glauben nicht,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/28>, abgerufen am 22.12.2024.
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