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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Ein westphälisches Minnelied
Myr sal nemand leiden dyk. c)
Twyvel nicht so doen och ik.
Al Twyvel mot verberghen syk.
So mach uns nycht beschweren.
Das ich öch segge das is war.
Schold ik leven dusend Jar.
An myr so en twyfle nicht en Har.
War ik myr henne bere.
d)
Alle Hote en helpet nicht. &e.
Darume wes vrich un wolghemoth. &c.

Das Da Capo al Segno oder die Wiederholung der beyden
zu Ende bemerkten Strophen ist nicht übel ausgedacht.

Das folgende Lied, das auf eben diesem Blatte steht,
und worinn der Nachtwächter einer jungen Frau den Tag
zu früh verkündiget, scheint von einem Dichter zu seyn, der
dem Rheine näher gewohnt hat. Das Lied selbst aber muß
sehr berühmt gewesen seyn, weil ich mich sehr irren müste,
wenn der König Wenzel von Böhmen nicht in folgender
Zeile e) darauf angespielet hätte.

Wan es ist Zit und nicht ze fruo.
Das man ein Scheiden werbe.
Süs sang der Wächter e das sich geverbe.
Der Tag mit siner Roete.
Wol uf wol uf ich gan ia nicht ze beliben bi der
Noete.

Ich fürchte das der Minne ir Teil verderbe.

Hier
c) Mir soll doch niemand verleiden, oder zuwider machen.
d) Bere, trage, wohin ich mich auch tragen oder wenden werde.
e) S. Proben der alten schwäbischen Poesie S. 6.
Ein weſtphaͤliſches Minnelied
Myr ſal nemand leiden dyk. c)
Twyvel nicht ſo doen och ik.
Al Twyvel mot verberghen ſyk.
So mach uns nycht beſchweren.
Das ich öch ſegge das is war.
Schold ik leven duſend Jar.
An myr ſo en twyfle nicht en Har.
War ik myr henne bere.
d)
Alle Hote en helpet nicht. &e.
Darume wes vrich un wolghemoth. &c.

Das Da Capo al Segno oder die Wiederholung der beyden
zu Ende bemerkten Strophen iſt nicht uͤbel ausgedacht.

Das folgende Lied, das auf eben dieſem Blatte ſteht,
und worinn der Nachtwaͤchter einer jungen Frau den Tag
zu fruͤh verkuͤndiget, ſcheint von einem Dichter zu ſeyn, der
dem Rheine naͤher gewohnt hat. Das Lied ſelbſt aber muß
ſehr beruͤhmt geweſen ſeyn, weil ich mich ſehr irren muͤſte,
wenn der Koͤnig Wenzel von Boͤhmen nicht in folgender
Zeile e) darauf angeſpielet haͤtte.

Wan es iſt Zit und nicht ze fruo.
Das man ein Scheiden werbe.
Süs ſang der Wächter è das ſich geverbe.
Der Tag mit ſiner Roete.
Wol uf wol uf ich gan ia nicht ze beliben bi der
Noete.

Ich fürchte das der Minne ir Teil verderbe.

Hier
c) Mir ſoll doch niemand verleiden, oder zuwider machen.
d) Bere, trage, wohin ich mich auch tragen oder wenden werde.
e) S. Proben der alten ſchwaͤbiſchen Poeſie S. 6.
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[242/0256] Ein weſtphaͤliſches Minnelied Myr ſal nemand leiden dyk. c) Twyvel nicht ſo doen och ik. Al Twyvel mot verberghen ſyk. So mach uns nycht beſchweren. Das ich öch ſegge das is war. Schold ik leven duſend Jar. An myr ſo en twyfle nicht en Har. War ik myr henne bere. d) Alle Hote en helpet nicht. &e. Darume wes vrich un wolghemoth. &c. Das Da Capo al Segno oder die Wiederholung der beyden zu Ende bemerkten Strophen iſt nicht uͤbel ausgedacht. Das folgende Lied, das auf eben dieſem Blatte ſteht, und worinn der Nachtwaͤchter einer jungen Frau den Tag zu fruͤh verkuͤndiget, ſcheint von einem Dichter zu ſeyn, der dem Rheine naͤher gewohnt hat. Das Lied ſelbſt aber muß ſehr beruͤhmt geweſen ſeyn, weil ich mich ſehr irren muͤſte, wenn der Koͤnig Wenzel von Boͤhmen nicht in folgender Zeile e) darauf angeſpielet haͤtte. Wan es iſt Zit und nicht ze fruo. Das man ein Scheiden werbe. Süs ſang der Wächter è das ſich geverbe. Der Tag mit ſiner Roete. Wol uf wol uf ich gan ia nicht ze beliben bi der Noete. Ich fürchte das der Minne ir Teil verderbe. Hier c) Mir ſoll doch niemand verleiden, oder zuwider machen. d) Bere, trage, wohin ich mich auch tragen oder wenden werde. e) S. Proben der alten ſchwaͤbiſchen Poeſie S. 6.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/256>, abgerufen am 24.11.2024.