Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.wegen Freylassung ihrer Einbehörigen. sem Baum sollen künftig alle Jahr die Freyheitsartikel inöffentlicher Versammlung abgelesen, und die Ehrentänze gehalten werden. Ehe mein Mann aber diesen von mir so lange gewünsch- Vorher muß ich Ihnen aber sagen, daß er sie nach ih- den. P 4
wegen Freylaſſung ihrer Einbehoͤrigen. ſem Baum ſollen kuͤnftig alle Jahr die Freyheitsartikel inoͤffentlicher Verſammlung abgeleſen, und die Ehrentaͤnze gehalten werden. Ehe mein Mann aber dieſen von mir ſo lange gewuͤnſch- Vorher muß ich Ihnen aber ſagen, daß er ſie nach ih- den. P 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0245" n="231"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wegen Freylaſſung ihrer Einbehoͤrigen.</hi></fw><lb/> ſem Baum ſollen kuͤnftig alle Jahr die Freyheitsartikel in<lb/> oͤffentlicher Verſammlung abgeleſen, und die Ehrentaͤnze<lb/> gehalten werden.</p><lb/> <p>Ehe mein Mann aber dieſen von mir ſo lange gewuͤnſch-<lb/> ten Schritt that, ließ er ſich von unſerm gnaͤdigſten Lan-<lb/> desherrn die Schutzgerechtigkeit uͤber alle ſeine Freygelaſſene,<lb/> weil er uͤber ſie vorhin keine Gerichtsbarkeit gehabt, erthei-<lb/> len, und auch die Freyheitsartikel beſtaͤtigen, welche er<lb/> vor ſie entworfen und mit ihnen verabredet hatte, weil er<lb/> nicht glaubt, daß einzelne Wohner, die in keinen Bezirken<lb/> unter einer geſchloſſenen Gerichtsbarkeit leben, ſich ohne<lb/> Schutzverein und Innungsartikel bey dem wahren Genuß<lb/> der Freyheit erhalten und vertheidigen moͤgen. Ich will<lb/> Ihnen doch einige davon herſetzen.</p><lb/> <p>Vorher muß ich Ihnen aber ſagen, daß er ſie nach ih-<lb/> rem wahren Verhaͤltniſſe in ganze, halbe und viertel Leute<lb/> eingetheilt, und uͤberdem noch eine Klaſſe fuͤr geringere,<lb/> auch ſo viel immer moͤglich geweſen, die Pflichten jeder<lb/> Klaſſe gletchfoͤrmig gemacht, und zum Exempel den <hi rendition="#fr">Halb-<lb/> mann</hi> zu der Haͤlfte desjenigen verbunden habe, was der<lb/><hi rendition="#fr">ganze</hi> voͤllig zu entrichten ſchuldig iſt Hiernaͤchſt ſind alle<lb/> dieſe Pflichten in eine ofne Rolle geſchrieben worden, die<lb/> ſaͤmtlichen Freyen unter der Eiche vorgeleſen und von ihnen<lb/> als richtig anerkannt iſt. Von dieſer Rolle ſind zwey gleich-<lb/> lautende Exemplar auf Pergament geſchrieben worden, wo-<lb/> von das eine mit Glas bedeckt, zwiſchen zween Saͤulen hin-<lb/> ter dem Altar in der Kirche, das andre aber von meinem<lb/> Manne bewahret wird. Gegen dieſe Rolle gilt kuͤnftig we-<lb/> der Verjaͤhrung noch Beſitz. Sie ſoll jaͤhrlich auf dem<lb/> Freyheitstage von den drey aͤlteſten aus der Kirche geholet,<lb/> und oͤffentlich unter der Eiche vorgeleſen, ſo dann aber in<lb/> Begleitung aller Freyen wieder an ihren Ort getragen wer-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P 4</fw><fw place="bottom" type="catch">den.</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [231/0245]
wegen Freylaſſung ihrer Einbehoͤrigen.
ſem Baum ſollen kuͤnftig alle Jahr die Freyheitsartikel in
oͤffentlicher Verſammlung abgeleſen, und die Ehrentaͤnze
gehalten werden.
Ehe mein Mann aber dieſen von mir ſo lange gewuͤnſch-
ten Schritt that, ließ er ſich von unſerm gnaͤdigſten Lan-
desherrn die Schutzgerechtigkeit uͤber alle ſeine Freygelaſſene,
weil er uͤber ſie vorhin keine Gerichtsbarkeit gehabt, erthei-
len, und auch die Freyheitsartikel beſtaͤtigen, welche er
vor ſie entworfen und mit ihnen verabredet hatte, weil er
nicht glaubt, daß einzelne Wohner, die in keinen Bezirken
unter einer geſchloſſenen Gerichtsbarkeit leben, ſich ohne
Schutzverein und Innungsartikel bey dem wahren Genuß
der Freyheit erhalten und vertheidigen moͤgen. Ich will
Ihnen doch einige davon herſetzen.
Vorher muß ich Ihnen aber ſagen, daß er ſie nach ih-
rem wahren Verhaͤltniſſe in ganze, halbe und viertel Leute
eingetheilt, und uͤberdem noch eine Klaſſe fuͤr geringere,
auch ſo viel immer moͤglich geweſen, die Pflichten jeder
Klaſſe gletchfoͤrmig gemacht, und zum Exempel den Halb-
mann zu der Haͤlfte desjenigen verbunden habe, was der
ganze voͤllig zu entrichten ſchuldig iſt Hiernaͤchſt ſind alle
dieſe Pflichten in eine ofne Rolle geſchrieben worden, die
ſaͤmtlichen Freyen unter der Eiche vorgeleſen und von ihnen
als richtig anerkannt iſt. Von dieſer Rolle ſind zwey gleich-
lautende Exemplar auf Pergament geſchrieben worden, wo-
von das eine mit Glas bedeckt, zwiſchen zween Saͤulen hin-
ter dem Altar in der Kirche, das andre aber von meinem
Manne bewahret wird. Gegen dieſe Rolle gilt kuͤnftig we-
der Verjaͤhrung noch Beſitz. Sie ſoll jaͤhrlich auf dem
Freyheitstage von den drey aͤlteſten aus der Kirche geholet,
und oͤffentlich unter der Eiche vorgeleſen, ſo dann aber in
Begleitung aller Freyen wieder an ihren Ort getragen wer-
den.
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