Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Schreiben einer Gutsfrau, ich gesagt habe; und ihr werdet auch schwerlich einen Rich-ter finden, der die Ausfuhr der Plaggen zu den erlaubten und freyen Handlungen rechne, worinn niemand gestöret werden dürfe. Dies erforderte ein besonders Gesetze; oder eine Gnade, wodurch ihr von jenem allgemeinen Landesge- brauch aus höhern Ursachen befreyet würdet, und beydes kann euch der Richter nicht geden. Die Weiber schwiegen dem ungeachtet nicht; allein da LIV. Schreiben einer Gutsfrau, die Freylassung ihrer Eigenbehörigen betreffend. Endlich hat mein Mann es doch gewagt und allen seinen sem
Schreiben einer Gutsfrau, ich geſagt habe; und ihr werdet auch ſchwerlich einen Rich-ter finden, der die Ausfuhr der Plaggen zu den erlaubten und freyen Handlungen rechne, worinn niemand geſtoͤret werden duͤrfe. Dies erforderte ein beſonders Geſetze; oder eine Gnade, wodurch ihr von jenem allgemeinen Landesge- brauch aus hoͤhern Urſachen befreyet wuͤrdet, und beydes kann euch der Richter nicht geden. Die Weiber ſchwiegen dem ungeachtet nicht; allein da LIV. Schreiben einer Gutsfrau, die Freylaſſung ihrer Eigenbehoͤrigen betreffend. Endlich hat mein Mann es doch gewagt und allen ſeinen ſem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0244" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben einer Gutsfrau,</hi></fw><lb/> ich geſagt habe; und ihr werdet auch ſchwerlich einen Rich-<lb/> ter finden, der die Ausfuhr der Plaggen zu den erlaubten<lb/> und freyen Handlungen rechne, worinn niemand geſtoͤret<lb/> werden duͤrfe. Dies erforderte ein beſonders Geſetze; oder<lb/> eine Gnade, wodurch ihr von jenem allgemeinen Landesge-<lb/> brauch aus hoͤhern Urſachen befreyet wuͤrdet, und beydes<lb/> kann euch der Richter nicht geden.</p><lb/> <p>Die Weiber ſchwiegen dem ungeachtet nicht; allein da<lb/> der Holzgrafe hungrig war; ſo wurde das Gericht fuͤr das-<lb/> mahl aufgehoben.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">LIV.</hi><lb/> Schreiben einer Gutsfrau, die Freylaſſung<lb/> ihrer Eigenbehoͤrigen betreffend.</hi> </head><lb/> <p>Endlich hat mein Mann es doch gewagt und allen ſeinen<lb/> Leibeignen die Freyheit geſchenkt. Ihr zu Ehren iſt<lb/> bereits das erſte Feſt gefeyert worden, und dieſes ſoll jaͤhr-<lb/> lich mit dem Dankfeſte, welches wir hier nach der Erndte<lb/> feyern, wiederholet werden. Ich denke jetzt nur darauf,<lb/> ob ich nicht auch ſo etwas vom Roſenmaͤdgen dabey anbrin-<lb/> gen koͤnne Der Baum der Freyheit, wozu ich eine ſchlan-<lb/> ke, glatte und wohlgekroͤnte junge Eiche erwaͤhlt habe, iſt<lb/> mit aller Feyerlichkeit gepflanzt Mein Mann hat ſie ge-<lb/> ſetzt, und jeder von den vormaligen Eigenbehoͤrigen zu ihrer<lb/> Befeſtigung geholfen. Gott gebe, daß ſie ewig gruͤne.<lb/> Amen. Bald haͤtte ich vergeſſen Ihnen zu ſagen, daß wir<lb/> den von unſern Freyen erwaͤhlten Obermann des Tages<lb/> mit uns ſpeiſen laſſen, und die jungen Maͤdgen einen Zaun<lb/> von wilden Roſen um den Baum der Freyheit gemacht ha-<lb/> ben, damit ihm das Vieh nicht ſchaden moͤge: Unter die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſem</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0244]
Schreiben einer Gutsfrau,
ich geſagt habe; und ihr werdet auch ſchwerlich einen Rich-
ter finden, der die Ausfuhr der Plaggen zu den erlaubten
und freyen Handlungen rechne, worinn niemand geſtoͤret
werden duͤrfe. Dies erforderte ein beſonders Geſetze; oder
eine Gnade, wodurch ihr von jenem allgemeinen Landesge-
brauch aus hoͤhern Urſachen befreyet wuͤrdet, und beydes
kann euch der Richter nicht geden.
Die Weiber ſchwiegen dem ungeachtet nicht; allein da
der Holzgrafe hungrig war; ſo wurde das Gericht fuͤr das-
mahl aufgehoben.
LIV.
Schreiben einer Gutsfrau, die Freylaſſung
ihrer Eigenbehoͤrigen betreffend.
Endlich hat mein Mann es doch gewagt und allen ſeinen
Leibeignen die Freyheit geſchenkt. Ihr zu Ehren iſt
bereits das erſte Feſt gefeyert worden, und dieſes ſoll jaͤhr-
lich mit dem Dankfeſte, welches wir hier nach der Erndte
feyern, wiederholet werden. Ich denke jetzt nur darauf,
ob ich nicht auch ſo etwas vom Roſenmaͤdgen dabey anbrin-
gen koͤnne Der Baum der Freyheit, wozu ich eine ſchlan-
ke, glatte und wohlgekroͤnte junge Eiche erwaͤhlt habe, iſt
mit aller Feyerlichkeit gepflanzt Mein Mann hat ſie ge-
ſetzt, und jeder von den vormaligen Eigenbehoͤrigen zu ihrer
Befeſtigung geholfen. Gott gebe, daß ſie ewig gruͤne.
Amen. Bald haͤtte ich vergeſſen Ihnen zu ſagen, daß wir
den von unſern Freyen erwaͤhlten Obermann des Tages
mit uns ſpeiſen laſſen, und die jungen Maͤdgen einen Zaun
von wilden Roſen um den Baum der Freyheit gemacht ha-
ben, damit ihm das Vieh nicht ſchaden moͤge: Unter die-
ſem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |