Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.ohne Gewissensscrupel folgen. gut genug; aber in der Stadt! Ach kennen Sie den neuestenLack von Martin? Wer kann ihn sehen und seinen Mann lieben, der einem nicht ein unvermuthetes Geschenk von einem Wagen nach dieser Art macht? Viele rechtliche Leute, sagen Sie, hätten Ihnen Vorwürfe darüber gemacht Aber ich wette, diese sogenannten rechtlichen Leute sprechen von der Kinderzucht, und von allen was in den Predigten für das Frauenzimmer steht. Haben Sie es aber nicht ein- mal schon selbst bemerkt, daß die Theologie und Moral eben so veränderlich in ihren Moden wären, wie andere Dinge? Lassen Sie also der Mode von Erziehung, Haushal- tung und Ordnung zu schwatzen ihren Lauf, und stören Sie solche nicht; dieß ist ein Recht was wir selbst fordern, und andern der Billigkeit nach auch gönnen müssen. Ehe ein Jahr vorüber geht, wird die Moral aus einem andern To- ne sprechen, und immittelst haben sie doch immer schon wieder einen andern neuen Wagen. Wie machen Sie es mit ihren Pferden? Ich hoffe doch nicht, daß Sie wie un- ser General-Superintendent immer mit schwarzen fahren? Sie müssen Ihren Herrn Gemahl bitten, daß er klein Ge- stüte für sie anlege; ach wenn der meinige das thun wollte, ich wüste nicht, ob ich ihm nicht .... doch wir wollen den Lauf der Mode abwarten; diese wird uns ja endlich auch noch wohl dahin bringen ... Leben Sie wohl mei- ne Beste, und beunruhigen sich über nichts. Arabelle. Ama- A 2
ohne Gewiſſensſcrupel folgen. gut genug; aber in der Stadt! Ach kennen Sie den neueſtenLack von Martin? Wer kann ihn ſehen und ſeinen Mann lieben, der einem nicht ein unvermuthetes Geſchenk von einem Wagen nach dieſer Art macht? Viele rechtliche Leute, ſagen Sie, haͤtten Ihnen Vorwuͤrfe daruͤber gemacht Aber ich wette, dieſe ſogenannten rechtlichen Leute ſprechen von der Kinderzucht, und von allen was in den Predigten fuͤr das Frauenzimmer ſteht. Haben Sie es aber nicht ein- mal ſchon ſelbſt bemerkt, daß die Theologie und Moral eben ſo veraͤnderlich in ihren Moden waͤren, wie andere Dinge? Laſſen Sie alſo der Mode von Erziehung, Haushal- tung und Ordnung zu ſchwatzen ihren Lauf, und ſtoͤren Sie ſolche nicht; dieß iſt ein Recht was wir ſelbſt fordern, und andern der Billigkeit nach auch goͤnnen muͤſſen. Ehe ein Jahr voruͤber geht, wird die Moral aus einem andern To- ne ſprechen, und immittelſt haben ſie doch immer ſchon wieder einen andern neuen Wagen. Wie machen Sie es mit ihren Pferden? Ich hoffe doch nicht, daß Sie wie un- ſer General-Superintendent immer mit ſchwarzen fahren? Sie muͤſſen Ihren Herrn Gemahl bitten, daß er klein Ge- ſtuͤte fuͤr ſie anlege; ach wenn der meinige das thun wollte, ich wuͤſte nicht, ob ich ihm nicht .... doch wir wollen den Lauf der Mode abwarten; dieſe wird uns ja endlich auch noch wohl dahin bringen … Leben Sie wohl mei- ne Beſte, und beunruhigen ſich uͤber nichts. Arabelle. Ama- A 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0017" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ohne Gewiſſensſcrupel folgen.</hi></fw><lb/> gut genug; aber in der Stadt! Ach kennen Sie den neueſten<lb/> Lack von Martin? Wer kann ihn ſehen und ſeinen Mann<lb/> lieben, der einem nicht ein unvermuthetes Geſchenk von<lb/> einem Wagen nach dieſer Art macht? Viele rechtliche Leute,<lb/> ſagen Sie, haͤtten Ihnen Vorwuͤrfe daruͤber gemacht Aber<lb/> ich wette, dieſe ſogenannten rechtlichen Leute ſprechen von<lb/> der Kinderzucht, und von allen was in den Predigten fuͤr<lb/> das Frauenzimmer ſteht. Haben Sie es aber nicht ein-<lb/> mal ſchon ſelbſt bemerkt, daß die Theologie und Moral<lb/> eben ſo veraͤnderlich in ihren Moden waͤren, wie andere<lb/> Dinge? Laſſen Sie alſo der Mode von Erziehung, Haushal-<lb/> tung und Ordnung zu ſchwatzen ihren Lauf, und ſtoͤren Sie<lb/> ſolche nicht; dieß iſt ein Recht was wir ſelbſt fordern, und<lb/> andern der Billigkeit nach auch goͤnnen muͤſſen. Ehe ein<lb/> Jahr voruͤber geht, wird die Moral aus einem andern To-<lb/> ne ſprechen, und immittelſt haben ſie doch immer ſchon<lb/> wieder einen andern neuen Wagen. Wie machen Sie es<lb/> mit ihren Pferden? Ich hoffe doch nicht, daß Sie wie un-<lb/> ſer General-Superintendent immer mit ſchwarzen fahren?<lb/> Sie muͤſſen Ihren Herrn Gemahl bitten, daß er klein Ge-<lb/> ſtuͤte fuͤr ſie anlege; ach wenn der meinige das thun wollte,<lb/> ich wuͤſte nicht, ob ich ihm nicht .... doch wir wollen<lb/> den Lauf der Mode abwarten; dieſe wird uns ja endlich<lb/> auch noch wohl dahin bringen … Leben Sie wohl mei-<lb/> ne Beſte, und beunruhigen ſich uͤber nichts.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et">Arabelle.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ama-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [3/0017]
ohne Gewiſſensſcrupel folgen.
gut genug; aber in der Stadt! Ach kennen Sie den neueſten
Lack von Martin? Wer kann ihn ſehen und ſeinen Mann
lieben, der einem nicht ein unvermuthetes Geſchenk von
einem Wagen nach dieſer Art macht? Viele rechtliche Leute,
ſagen Sie, haͤtten Ihnen Vorwuͤrfe daruͤber gemacht Aber
ich wette, dieſe ſogenannten rechtlichen Leute ſprechen von
der Kinderzucht, und von allen was in den Predigten fuͤr
das Frauenzimmer ſteht. Haben Sie es aber nicht ein-
mal ſchon ſelbſt bemerkt, daß die Theologie und Moral
eben ſo veraͤnderlich in ihren Moden waͤren, wie andere
Dinge? Laſſen Sie alſo der Mode von Erziehung, Haushal-
tung und Ordnung zu ſchwatzen ihren Lauf, und ſtoͤren Sie
ſolche nicht; dieß iſt ein Recht was wir ſelbſt fordern, und
andern der Billigkeit nach auch goͤnnen muͤſſen. Ehe ein
Jahr voruͤber geht, wird die Moral aus einem andern To-
ne ſprechen, und immittelſt haben ſie doch immer ſchon
wieder einen andern neuen Wagen. Wie machen Sie es
mit ihren Pferden? Ich hoffe doch nicht, daß Sie wie un-
ſer General-Superintendent immer mit ſchwarzen fahren?
Sie muͤſſen Ihren Herrn Gemahl bitten, daß er klein Ge-
ſtuͤte fuͤr ſie anlege; ach wenn der meinige das thun wollte,
ich wuͤſte nicht, ob ich ihm nicht .... doch wir wollen
den Lauf der Mode abwarten; dieſe wird uns ja endlich
auch noch wohl dahin bringen … Leben Sie wohl mei-
ne Beſte, und beunruhigen ſich uͤber nichts.
Arabelle.
Ama-
A 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |