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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Die erste Landeskasse.
eben dadurch einen ganz neuen Character. Die Zehnten,
die der Bischof und sein Domkapitel einlösete oder wieder
kaufte, waren nun nicht mehr gemeine Steuren, sondern
wieder gekaufte Privatgefälleb); wovon der Geistliche so
wenig als ein anderer Besitzer die Last der gemeinen Ver-
theidigung zu stehen schuldig war. Es erwuchs also aus
diesen Einlösungen und Wiederkäufen keine neue Steuer-
kasse; sondern eine geistliche Kasse im engern Verstande.

Der Hauptplan, nach welchem man hierbey verfuhr,
war dieser, daß man den Kastenvögten ihr Amt, oder ihre
alte Heerbannscompagnie, mit der dabey erblich geworde-
nen Zehnthebung abhandelte, und dann die Zehntpflichtigen,
welche der Kastenvogt theils seinen eignen Dienstleuten zur
Löhnung angewiesen, theils in Erbpacht gegeben, theils
aber auch in der Noth für ein Stück Geld frey gegeben
hatte, wieder herbey zu ziehen sich bemühte. Wo der Bi-
schof die Kastenvogtey hatte, gieng dieses noch so ziemlich
von statten, obwol er nicht alle Contrakte der Kastenvögte
sogleich vernichtigen, alle Verjährungen für ungültig er-
klären, und jede Erbpacht in Zeitpacht umschaffen konnte.
Wo er aber die Kastenvogtey nicht hatte, da gieng es ihm
wie dem Erzbischofe von Maynz, mit den Thüringern, der
aus blosser bischöflicher Befugnisse, ohne zuförderst die
Heerbannshauptleute oder Kastenvögte auszukaufen, die

Zehnt-
in resectionem ecclesiarum et sustentationem clericorum et pau-
perum studiose convertas;
und an das Domkapittel, das diese
Verordnung nachgesuchet hatte; vestris justis postulationibus
annuentes decimas ad ecclesiam ipsam spectantes, quibuscun-
que modis poteritis de manu redimere laicorum et eas nullius
contradictione obstante vestris usibus applicare liberam vobis
impendimus facultatem.
b) Nur die scharfsichtigen Römer würden hier ihr jus postliminii
angewandt haben.

Die erſte Landeskaſſe.
eben dadurch einen ganz neuen Character. Die Zehnten,
die der Biſchof und ſein Domkapitel einloͤſete oder wieder
kaufte, waren nun nicht mehr gemeine Steuren, ſondern
wieder gekaufte Privatgefaͤlleb); wovon der Geiſtliche ſo
wenig als ein anderer Beſitzer die Laſt der gemeinen Ver-
theidigung zu ſtehen ſchuldig war. Es erwuchs alſo aus
dieſen Einloͤſungen und Wiederkaͤufen keine neue Steuer-
kaſſe; ſondern eine geiſtliche Kaſſe im engern Verſtande.

Der Hauptplan, nach welchem man hierbey verfuhr,
war dieſer, daß man den Kaſtenvoͤgten ihr Amt, oder ihre
alte Heerbannscompagnie, mit der dabey erblich geworde-
nen Zehnthebung abhandelte, und dann die Zehntpflichtigen,
welche der Kaſtenvogt theils ſeinen eignen Dienſtleuten zur
Loͤhnung angewieſen, theils in Erbpacht gegeben, theils
aber auch in der Noth fuͤr ein Stuͤck Geld frey gegeben
hatte, wieder herbey zu ziehen ſich bemuͤhte. Wo der Bi-
ſchof die Kaſtenvogtey hatte, gieng dieſes noch ſo ziemlich
von ſtatten, obwol er nicht alle Contrakte der Kaſtenvoͤgte
ſogleich vernichtigen, alle Verjaͤhrungen fuͤr unguͤltig er-
klaͤren, und jede Erbpacht in Zeitpacht umſchaffen konnte.
Wo er aber die Kaſtenvogtey nicht hatte, da gieng es ihm
wie dem Erzbiſchofe von Maynz, mit den Thuͤringern, der
aus bloſſer biſchoͤflicher Befugniſſe, ohne zufoͤrderſt die
Heerbannshauptleute oder Kaſtenvoͤgte auszukaufen, die

Zehnt-
in reſectionem eccleſiarum et ſuſtentationem clericorum et pau-
perum ſtudioſe convertas;
und an das Domkapittel, das dieſe
Verordnung nachgeſuchet hatte; veſtris juſtis poſtulationibus
annuentes decimas ad eccleſiam ipſam ſpectantes, quibuscun-
que modis poteritis de manu redimere laicorum et eas nullius
contradictione obſtante veſtris uſibus applicare liberam vobis
impendimus facultatem.
b) Nur die ſcharfſichtigen Roͤmer wuͤrden hier ihr jus poſtliminii
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[106/0120] Die erſte Landeskaſſe. eben dadurch einen ganz neuen Character. Die Zehnten, die der Biſchof und ſein Domkapitel einloͤſete oder wieder kaufte, waren nun nicht mehr gemeine Steuren, ſondern wieder gekaufte Privatgefaͤlle b); wovon der Geiſtliche ſo wenig als ein anderer Beſitzer die Laſt der gemeinen Ver- theidigung zu ſtehen ſchuldig war. Es erwuchs alſo aus dieſen Einloͤſungen und Wiederkaͤufen keine neue Steuer- kaſſe; ſondern eine geiſtliche Kaſſe im engern Verſtande. Der Hauptplan, nach welchem man hierbey verfuhr, war dieſer, daß man den Kaſtenvoͤgten ihr Amt, oder ihre alte Heerbannscompagnie, mit der dabey erblich geworde- nen Zehnthebung abhandelte, und dann die Zehntpflichtigen, welche der Kaſtenvogt theils ſeinen eignen Dienſtleuten zur Loͤhnung angewieſen, theils in Erbpacht gegeben, theils aber auch in der Noth fuͤr ein Stuͤck Geld frey gegeben hatte, wieder herbey zu ziehen ſich bemuͤhte. Wo der Bi- ſchof die Kaſtenvogtey hatte, gieng dieſes noch ſo ziemlich von ſtatten, obwol er nicht alle Contrakte der Kaſtenvoͤgte ſogleich vernichtigen, alle Verjaͤhrungen fuͤr unguͤltig er- klaͤren, und jede Erbpacht in Zeitpacht umſchaffen konnte. Wo er aber die Kaſtenvogtey nicht hatte, da gieng es ihm wie dem Erzbiſchofe von Maynz, mit den Thuͤringern, der aus bloſſer biſchoͤflicher Befugniſſe, ohne zufoͤrderſt die Heerbannshauptleute oder Kaſtenvoͤgte auszukaufen, die Zehnt- a) b) Nur die ſcharfſichtigen Roͤmer wuͤrden hier ihr jus poſtliminii angewandt haben. a) in reſectionem eccleſiarum et ſuſtentationem clericorum et pau- perum ſtudioſe convertas; und an das Domkapittel, das dieſe Verordnung nachgeſuchet hatte; veſtris juſtis poſtulationibus annuentes decimas ad eccleſiam ipſam ſpectantes, quibuscun- que modis poteritis de manu redimere laicorum et eas nullius contradictione obſtante veſtris uſibus applicare liberam vobis impendimus facultatem.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/120>, abgerufen am 24.11.2024.