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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Schreiben eines Frauenzimmers

Mich wundert nur, daß sie nicht auch eine Tafeluniform
in Vorschlag gebracht, und alle Speisen auf ein Stück Rind-
fleisch und ein Gericht braunen Kohl eingeschränkt haben 18).
Dabey würde sich besser philosophiren lassen, als bey einer
bombe de Sardanapale, oder einem Gericht Amour en Pi-
queure,
wobey sich die Herrn den Magen wie den Kopf ver-
derben. Auch die Menge fremder Weine könnten sie wohl
auf ein gut Glas Braunbier einschränken; dieses löscht den
Durst besser, als ein Spitzgläsgen Sillery, oder ein Rö-
mer Rüdelsheimer. Allein diese Reforme steht ihnen nicht
an; und gleichwohl ist die Veränderung der Kleider bey uns
eben so wichtig als Ihnen die Veränderungen der Tafel seyn
mögen.

Doch ich will mich mit ihnen nicht zanken; sie sind ein bö-
ser Mann 19)! der vielleicht seine besten Tage schon genossen
hat 20), und der muntern Jugend ihre Freuden nicht gön-
net. Ich mögte aber wohl wissen, was aus den Mannspe-
rüken werden würde, wenn wir ihnen nicht bisweilen die
Köpfe zurecht setzten 21). Und wodurch kan dieses besser ge-

schehen,
S. 1084. redet schon von einer ähnlichen Sache; die
Frauwen trugen
, heißt es dort, neuwe weite Haupt-
finstern, also, daß man ihre Brust und Dutten bey
nahe halb sahe.
Diese Hauptfinster müssen dem Filet
ziemlich nahe gekommen seyn. Ich bitte um Verzeihung
wegen der vielen pedantischen Noten. Wir Gelehrten
machen es nicht anders.
18) O dieses ist lange geschehen; Pudding, Rostbif und ein
Glas Porter mit der Freyheit zu sagen, was man denket,
sind besser als alle Leckerey unsrer Gothischen Kochkunst.
19) Aber sie zanken ja doch! vergessen Sie ihr Wort nicht.
20) Das haben sie errathen, indessen lache ich doch noch im-
mer gern mit, wenn es der Mühe werth ist.
21) Sagt der Herr Gemahl auch ja dazu?
Schreiben eines Frauenzimmers

Mich wundert nur, daß ſie nicht auch eine Tafeluniform
in Vorſchlag gebracht, und alle Speiſen auf ein Stuͤck Rind-
fleiſch und ein Gericht braunen Kohl eingeſchraͤnkt haben 18).
Dabey wuͤrde ſich beſſer philoſophiren laſſen, als bey einer
bombe de Sardanapale, oder einem Gericht Amour en Pi-
queure,
wobey ſich die Herrn den Magen wie den Kopf ver-
derben. Auch die Menge fremder Weine koͤnnten ſie wohl
auf ein gut Glas Braunbier einſchraͤnken; dieſes loͤſcht den
Durſt beſſer, als ein Spitzglaͤsgen Sillery, oder ein Roͤ-
mer Ruͤdelsheimer. Allein dieſe Reforme ſteht ihnen nicht
an; und gleichwohl iſt die Veraͤnderung der Kleider bey uns
eben ſo wichtig als Ihnen die Veraͤnderungen der Tafel ſeyn
moͤgen.

Doch ich will mich mit ihnen nicht zanken; ſie ſind ein boͤ-
ſer Mann 19)! der vielleicht ſeine beſten Tage ſchon genoſſen
hat 20), und der muntern Jugend ihre Freuden nicht goͤn-
net. Ich moͤgte aber wohl wiſſen, was aus den Mannspe-
ruͤken werden wuͤrde, wenn wir ihnen nicht bisweilen die
Koͤpfe zurecht ſetzten 21). Und wodurch kan dieſes beſſer ge-

ſchehen,
S. 1084. redet ſchon von einer aͤhnlichen Sache; die
Frauwen trugen
, heißt es dort, neuwe weite Haupt-
finſtern, alſo, daß man ihre Bruſt und Dutten bey
nahe halb ſahe.
Dieſe Hauptfinſter muͤſſen dem Filet
ziemlich nahe gekommen ſeyn. Ich bitte um Verzeihung
wegen der vielen pedantiſchen Noten. Wir Gelehrten
machen es nicht anders.
18) O dieſes iſt lange geſchehen; Pudding, Roſtbif und ein
Glas Porter mit der Freyheit zu ſagen, was man denket,
ſind beſſer als alle Leckerey unſrer Gothiſchen Kochkunſt.
19) Aber ſie zanken ja doch! vergeſſen Sie ihr Wort nicht.
20) Das haben ſie errathen, indeſſen lache ich doch noch im-
mer gern mit, wenn es der Muͤhe werth iſt.
21) Sagt der Herr Gemahl auch ja dazu?
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[74/0092] Schreiben eines Frauenzimmers Mich wundert nur, daß ſie nicht auch eine Tafeluniform in Vorſchlag gebracht, und alle Speiſen auf ein Stuͤck Rind- fleiſch und ein Gericht braunen Kohl eingeſchraͤnkt haben 18). Dabey wuͤrde ſich beſſer philoſophiren laſſen, als bey einer bombe de Sardanapale, oder einem Gericht Amour en Pi- queure, wobey ſich die Herrn den Magen wie den Kopf ver- derben. Auch die Menge fremder Weine koͤnnten ſie wohl auf ein gut Glas Braunbier einſchraͤnken; dieſes loͤſcht den Durſt beſſer, als ein Spitzglaͤsgen Sillery, oder ein Roͤ- mer Ruͤdelsheimer. Allein dieſe Reforme ſteht ihnen nicht an; und gleichwohl iſt die Veraͤnderung der Kleider bey uns eben ſo wichtig als Ihnen die Veraͤnderungen der Tafel ſeyn moͤgen. Doch ich will mich mit ihnen nicht zanken; ſie ſind ein boͤ- ſer Mann 19)! der vielleicht ſeine beſten Tage ſchon genoſſen hat 20), und der muntern Jugend ihre Freuden nicht goͤn- net. Ich moͤgte aber wohl wiſſen, was aus den Mannspe- ruͤken werden wuͤrde, wenn wir ihnen nicht bisweilen die Koͤpfe zurecht ſetzten 21). Und wodurch kan dieſes beſſer ge- ſchehen, 17) 18) O dieſes iſt lange geſchehen; Pudding, Roſtbif und ein Glas Porter mit der Freyheit zu ſagen, was man denket, ſind beſſer als alle Leckerey unſrer Gothiſchen Kochkunſt. 19) Aber ſie zanken ja doch! vergeſſen Sie ihr Wort nicht. 20) Das haben ſie errathen, indeſſen lache ich doch noch im- mer gern mit, wenn es der Muͤhe werth iſt. 21) Sagt der Herr Gemahl auch ja dazu? 17) S. 1084. redet ſchon von einer aͤhnlichen Sache; die Frauwen trugen, heißt es dort, neuwe weite Haupt- finſtern, alſo, daß man ihre Bruſt und Dutten bey nahe halb ſahe. Dieſe Hauptfinſter muͤſſen dem Filet ziemlich nahe gekommen ſeyn. Ich bitte um Verzeihung wegen der vielen pedantiſchen Noten. Wir Gelehrten machen es nicht anders.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/92>, abgerufen am 22.11.2024.