nen Anständigkeit leistete, die er in seiner Gewalt hatte, zog diese ihm den Mann vor, der ihr rundweg ohne viele Frisur diente; und fand es abgeschmackt, daß sie für jede Kleinigkeit ein zugeschnittenes Compliment machen sollte. Eine Wittwe welche die gerechteste Forderung an die Cammer hatte, und sich bey ihm melden ließ, ward nicht vorgelassen, weil er hörte, daß sie keinen guten Ton im Vortrag hatte; und der Fürst, der zuletzt von allem was vorgieng auf das genaueste unter- richtet wurde, bezeugte ihm eine völlige Verachtung.
Selimor, der so vielen Unglücksfällen nicht widerstehen konnte, entzog sich endlich der feinen Welt, und starb, weil er niemanden mehr gefallen konnte. Der einzige Hofbild- hauer erbarmte sich seiner, und setzte ihm ein Denkmahl, woran jeder die Draperie bewunderte, und die Figur welche weder Größe noch Charakter und Erfindung zeigte, mit Gleichgültigkeit ansah.
XCII. Die geographische Lage der Stadt Oßnabrück.
Ehe ich Ihnen schreibe, wie die Beobachtungen, welche der Herr Prof. Lichtenberg von Göttingen, über die geo- graphische Lage unsrer Stadt mit Erlaubniß S. K. Maj. tan- gestellet hat, ausgefallen seyn, muß ich Ihnen zur freudigen Rachricht sagen, daß die Charte, welche der edle Patriot, unser rechtschaffener Herr Oberstlieutenant von dem Busche von unserm Stiffte aufgenommen hat, und der zu Ehren die hiesige Landschaft jene Beobachtungen hat anstellen lassen,
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Der junge Rath.
nen Anſtaͤndigkeit leiſtete, die er in ſeiner Gewalt hatte, zog dieſe ihm den Mann vor, der ihr rundweg ohne viele Friſur diente; und fand es abgeſchmackt, daß ſie fuͤr jede Kleinigkeit ein zugeſchnittenes Compliment machen ſollte. Eine Wittwe welche die gerechteſte Forderung an die Cammer hatte, und ſich bey ihm melden ließ, ward nicht vorgelaſſen, weil er hoͤrte, daß ſie keinen guten Ton im Vortrag hatte; und der Fuͤrſt, der zuletzt von allem was vorgieng auf das genaueſte unter- richtet wurde, bezeugte ihm eine voͤllige Verachtung.
Selimor, der ſo vielen Ungluͤcksfaͤllen nicht widerſtehen konnte, entzog ſich endlich der feinen Welt, und ſtarb, weil er niemanden mehr gefallen konnte. Der einzige Hofbild- hauer erbarmte ſich ſeiner, und ſetzte ihm ein Denkmahl, woran jeder die Draperie bewunderte, und die Figur welche weder Groͤße noch Charakter und Erfindung zeigte, mit Gleichguͤltigkeit anſah.
XCII. Die geographiſche Lage der Stadt Oßnabruͤck.
Ehe ich Ihnen ſchreibe, wie die Beobachtungen, welche der Herr Prof. Lichtenberg von Goͤttingen, uͤber die geo- graphiſche Lage unſrer Stadt mit Erlaubniß S. K. Maj. tan- geſtellet hat, ausgefallen ſeyn, muß ich Ihnen zur freudigen Rachricht ſagen, daß die Charte, welche der edle Patriot, unſer rechtſchaffener Herr Oberſtlieutenant von dem Buſche von unſerm Stiffte aufgenommen hat, und der zu Ehren die hieſige Landſchaft jene Beobachtungen hat anſtellen laſſen,
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Der junge Rath.
nen Anſtaͤndigkeit leiſtete, die er in ſeiner Gewalt hatte, zog
dieſe ihm den Mann vor, der ihr rundweg ohne viele Friſur
diente; und fand es abgeſchmackt, daß ſie fuͤr jede Kleinigkeit
ein zugeſchnittenes Compliment machen ſollte. Eine Wittwe
welche die gerechteſte Forderung an die Cammer hatte, und
ſich bey ihm melden ließ, ward nicht vorgelaſſen, weil er hoͤrte,
daß ſie keinen guten Ton im Vortrag hatte; und der Fuͤrſt,
der zuletzt von allem was vorgieng auf das genaueſte unter-
richtet wurde, bezeugte ihm eine voͤllige Verachtung.
Selimor, der ſo vielen Ungluͤcksfaͤllen nicht widerſtehen
konnte, entzog ſich endlich der feinen Welt, und ſtarb, weil
er niemanden mehr gefallen konnte. Der einzige Hofbild-
hauer erbarmte ſich ſeiner, und ſetzte ihm ein Denkmahl,
woran jeder die Draperie bewunderte, und die Figur welche
weder Groͤße noch Charakter und Erfindung zeigte, mit
Gleichguͤltigkeit anſah.
XCII.
Die geographiſche Lage der Stadt
Oßnabruͤck.
Ehe ich Ihnen ſchreibe, wie die Beobachtungen, welche der
Herr Prof. Lichtenberg von Goͤttingen, uͤber die geo-
graphiſche Lage unſrer Stadt mit Erlaubniß S. K. Maj. tan-
geſtellet hat, ausgefallen ſeyn, muß ich Ihnen zur freudigen
Rachricht ſagen, daß die Charte, welche der edle Patriot,
unſer rechtſchaffener Herr Oberſtlieutenant von dem Buſche
von unſerm Stiffte aufgenommen hat, und der zu Ehren die
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/507>, abgerufen am 23.07.2024.
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