solche unter einer Staatscensur immer erreichen können, wenn wir nicht zu früh hierin nachgegeben hätten. Allein so ha- ben wir eins mit dem andern aus der Welt heraus satyrisirt, und nur Ludewig der XV. hat das Glück gehabt, daß ihm in einer Leichenpredigt die Wahrheit nachgesagt worden. Billig sollte uns diese französische Mode wieder dahin brin- gen, wo wir vor hundert Jahren waren; und hiezu mein Sohn laß mich das Exempel geben. Laß mir eine Leichen- predigt halten, und errichte mir ein Denkmahl, so wie mei- nem Urgroßvater errichtet worden. .......
LXXXIII. Vorschlag zum bessern Unterhalt des Reichscammergerichts.
Da man jetzt in England mit dem großen Entwurfe um- geht, alles deutsche Linnen, was dort hinkömmt, mit einer solchen Auflage zu beschweren, daß es endlich ganz zu- rück bleiben, und den Schottischen und Irrischen Linnen weichen soll; in Deutschland aber, wo die heilsame Justitz immer die große Nationalangelegenheit bleibt, man sich noch nicht über die Mittel vereinigen können, wie des Heil. Rom. Reichs Cammergerichte, von dessen Nothwendigkeit jeder rechtschaffener Mann überzeugt ist, in seiner gehörigen Voll- ständigkeit zu erhalten, und billiger Weise zu bezahlen sey: so wäre es wohl unter allen Vorschlägen, die seit der Zeit, daß jeder Staat einige Projectenmacher als nothwendige Räthe angenommen hat, geheckt sind, nicht der schlechteste, wenn sich die edle deutsche Nation unter der allerhöchsten Ge-
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Die Ehre nach dem Tode.
ſolche unter einer Staatscenſur immer erreichen koͤnnen, wenn wir nicht zu fruͤh hierin nachgegeben haͤtten. Allein ſo ha- ben wir eins mit dem andern aus der Welt heraus ſatyriſirt, und nur Ludewig der XV. hat das Gluͤck gehabt, daß ihm in einer Leichenpredigt die Wahrheit nachgeſagt worden. Billig ſollte uns dieſe franzoͤſiſche Mode wieder dahin brin- gen, wo wir vor hundert Jahren waren; und hiezu mein Sohn laß mich das Exempel geben. Laß mir eine Leichen- predigt halten, und errichte mir ein Denkmahl, ſo wie mei- nem Urgroßvater errichtet worden. .......
LXXXIII. Vorſchlag zum beſſern Unterhalt des Reichscammergerichts.
Da man jetzt in England mit dem großen Entwurfe um- geht, alles deutſche Linnen, was dort hinkoͤmmt, mit einer ſolchen Auflage zu beſchweren, daß es endlich ganz zu- ruͤck bleiben, und den Schottiſchen und Irriſchen Linnen weichen ſoll; in Deutſchland aber, wo die heilſame Juſtitz immer die große Nationalangelegenheit bleibt, man ſich noch nicht uͤber die Mittel vereinigen koͤnnen, wie des Heil. Rom. Reichs Cammergerichte, von deſſen Nothwendigkeit jeder rechtſchaffener Mann uͤberzeugt iſt, in ſeiner gehoͤrigen Voll- ſtaͤndigkeit zu erhalten, und billiger Weiſe zu bezahlen ſey: ſo waͤre es wohl unter allen Vorſchlaͤgen, die ſeit der Zeit, daß jeder Staat einige Projectenmacher als nothwendige Raͤthe angenommen hat, geheckt ſind, nicht der ſchlechteſte, wenn ſich die edle deutſche Nation unter der allerhoͤchſten Ge-
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Die Ehre nach dem Tode.
ſolche unter einer Staatscenſur immer erreichen koͤnnen, wenn
wir nicht zu fruͤh hierin nachgegeben haͤtten. Allein ſo ha-
ben wir eins mit dem andern aus der Welt heraus ſatyriſirt,
und nur Ludewig der XV. hat das Gluͤck gehabt, daß ihm
in einer Leichenpredigt die Wahrheit nachgeſagt worden.
Billig ſollte uns dieſe franzoͤſiſche Mode wieder dahin brin-
gen, wo wir vor hundert Jahren waren; und hiezu mein
Sohn laß mich das Exempel geben. Laß mir eine Leichen-
predigt halten, und errichte mir ein Denkmahl, ſo wie mei-
nem Urgroßvater errichtet worden. .......
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Vorſchlag zum beſſern Unterhalt des
Reichscammergerichts.
Da man jetzt in England mit dem großen Entwurfe um-
geht, alles deutſche Linnen, was dort hinkoͤmmt, mit
einer ſolchen Auflage zu beſchweren, daß es endlich ganz zu-
ruͤck bleiben, und den Schottiſchen und Irriſchen Linnen
weichen ſoll; in Deutſchland aber, wo die heilſame Juſtitz
immer die große Nationalangelegenheit bleibt, man ſich noch
nicht uͤber die Mittel vereinigen koͤnnen, wie des Heil. Rom.
Reichs Cammergerichte, von deſſen Nothwendigkeit jeder
rechtſchaffener Mann uͤberzeugt iſt, in ſeiner gehoͤrigen Voll-
ſtaͤndigkeit zu erhalten, und billiger Weiſe zu bezahlen ſey:
ſo waͤre es wohl unter allen Vorſchlaͤgen, die ſeit der Zeit,
daß jeder Staat einige Projectenmacher als nothwendige
Raͤthe angenommen hat, geheckt ſind, nicht der ſchlechteſte,
wenn ſich die edle deutſche Nation unter der allerhoͤchſten Ge-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/469>, abgerufen am 16.02.2025.
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