Es sollte also wenigstens ein Gesetze seyn, daß bey einer ein- tretenden Theurung jedes Kirchspiel sich selbst zu helfen hätte.
Der Edelmann sorget hier im Lande fast durchgehends für die seinigen, und man könnte die Namen solcher Grosmüthi- gen nennen, welche ihren Heuerleuten das Korn beständig zu dem Preise geben, wozu es in guten Jahren steht. In die- ser Fürsorge ist aber der Edelmann unabhängig, weil er her- nach zu keinen gemeinen Anstalten weiter beyträgt. Der Landmann hingegen, wenn er auch auf gleiche Weise gesorget hat, muß dem ungeachtet, auch noch für seine faulen und schlechten Nachbaren, mit denen er in Geweinschaft der öffent- lichen Lasten lebt, forgen, und Nachbarn gleich fahren und beytragen; das setzt ihn in eine ungleich schlimmere Lage; und wie schlimm muß diese nicht noch werden, wenn er nicht blos zu den Anstalten für sein Kirchspiel, sondern auch zu denen, welche für das Ganze gemacht werden, beytragen muß?
Wenn man noch genauer gehen wollte; so sollten billig die- jenigen Landleute, welche für die ihrigen gesorgt haben, von allem fernern Beytrage zu den Kirchspielsanstalten frey seyn. Nur äussert sich dabey die Schwierigkeit, daß auf solche Art alle Dorfgesessene und Markkötter, welche kenntlich keinen Ackerbau und keine Pferde haben, zur Zeit der Noth verlas- sen seyn würden. Allein hier wäre auch noch wohl Rath zu schaffen, wenn man vorläufig nur eine gewisse Einrichtung machte.
In den älteste Zeiten, und lange vor Carl dem Großen, er- richteten dergleichen Leuten Gildonias, oder Gilden, und tra- ren zu ihrer gemeinsamen Vertheydigung, es sey zu Gerichte oder ausser Gerichte, unter ihren Beamten zusammen; an-
statt
Vorſchlag, wie der Theurung des Korns
Es ſollte alſo wenigſtens ein Geſetze ſeyn, daß bey einer ein- tretenden Theurung jedes Kirchſpiel ſich ſelbſt zu helfen haͤtte.
Der Edelmann ſorget hier im Lande faſt durchgehends fuͤr die ſeinigen, und man koͤnnte die Namen ſolcher Grosmuͤthi- gen nennen, welche ihren Heuerleuten das Korn beſtaͤndig zu dem Preiſe geben, wozu es in guten Jahren ſteht. In die- ſer Fuͤrſorge iſt aber der Edelmann unabhaͤngig, weil er her- nach zu keinen gemeinen Anſtalten weiter beytraͤgt. Der Landmann hingegen, wenn er auch auf gleiche Weiſe geſorget hat, muß dem ungeachtet, auch noch fuͤr ſeine faulen und ſchlechten Nachbaren, mit denen er in Geweinſchaft der oͤffent- lichen Laſten lebt, forgen, und Nachbarn gleich fahren und beytragen; das ſetzt ihn in eine ungleich ſchlimmere Lage; und wie ſchlimm muß dieſe nicht noch werden, wenn er nicht blos zu den Anſtalten fuͤr ſein Kirchſpiel, ſondern auch zu denen, welche fuͤr das Ganze gemacht werden, beytragen muß?
Wenn man noch genauer gehen wollte; ſo ſollten billig die- jenigen Landleute, welche fuͤr die ihrigen geſorgt haben, von allem fernern Beytrage zu den Kirchſpielsanſtalten frey ſeyn. Nur aͤuſſert ſich dabey die Schwierigkeit, daß auf ſolche Art alle Dorfgeſeſſene und Markkoͤtter, welche kenntlich keinen Ackerbau und keine Pferde haben, zur Zeit der Noth verlaſ- ſen ſeyn wuͤrden. Allein hier waͤre auch noch wohl Rath zu ſchaffen, wenn man vorlaͤufig nur eine gewiſſe Einrichtung machte.
In den aͤlteſte Zeiten, und lange vor Carl dem Großen, er- richteten dergleichen Leuten Gildonias, oder Gilden, und tra- ren zu ihrer gemeinſamen Vertheydigung, es ſey zu Gerichte oder auſſer Gerichte, unter ihren Beamten zuſammen; an-
ſtatt
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[28/0046]
Vorſchlag, wie der Theurung des Korns
Es ſollte alſo wenigſtens ein Geſetze ſeyn, daß bey einer ein-
tretenden Theurung jedes Kirchſpiel ſich ſelbſt zu helfen haͤtte.
Der Edelmann ſorget hier im Lande faſt durchgehends fuͤr
die ſeinigen, und man koͤnnte die Namen ſolcher Grosmuͤthi-
gen nennen, welche ihren Heuerleuten das Korn beſtaͤndig zu
dem Preiſe geben, wozu es in guten Jahren ſteht. In die-
ſer Fuͤrſorge iſt aber der Edelmann unabhaͤngig, weil er her-
nach zu keinen gemeinen Anſtalten weiter beytraͤgt. Der
Landmann hingegen, wenn er auch auf gleiche Weiſe geſorget
hat, muß dem ungeachtet, auch noch fuͤr ſeine faulen und
ſchlechten Nachbaren, mit denen er in Geweinſchaft der oͤffent-
lichen Laſten lebt, forgen, und Nachbarn gleich fahren und
beytragen; das ſetzt ihn in eine ungleich ſchlimmere Lage; und
wie ſchlimm muß dieſe nicht noch werden, wenn er nicht blos
zu den Anſtalten fuͤr ſein Kirchſpiel, ſondern auch zu denen,
welche fuͤr das Ganze gemacht werden, beytragen muß?
Wenn man noch genauer gehen wollte; ſo ſollten billig die-
jenigen Landleute, welche fuͤr die ihrigen geſorgt haben, von
allem fernern Beytrage zu den Kirchſpielsanſtalten frey ſeyn.
Nur aͤuſſert ſich dabey die Schwierigkeit, daß auf ſolche Art
alle Dorfgeſeſſene und Markkoͤtter, welche kenntlich keinen
Ackerbau und keine Pferde haben, zur Zeit der Noth verlaſ-
ſen ſeyn wuͤrden. Allein hier waͤre auch noch wohl Rath zu
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/46>, abgerufen am 24.11.2024.
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