straßen; und ich ziehe solche allem andern Aufwande, selbst demjenigen vor, welchen Schauspiele, Maitressen und Jag- den erfordern. Nur wünsche ich nicht, daß man das ge- meine Beste für einen englischen Garten halten, alles große im kleinen umhahmen, und Brücken und Wege auf gemeine Kosten und zum Druck der Unterthanen anlegen möge, wo sie mit der Handlung und dem Interesse des Staats in keinem Verhältniß stehen, und für ein belustigtes Auge zehntausend mit Thränen erfüllen.
LXXV. Umgekehrt: es ist rathsamer die Wege zu bessern als auszuflicken.
Mein Herr!
Sie verlangen meine Anmerkung über das vorige Stück? Wohlan hier sind sie, so wie mir die theils angenehme theils traurige Erfahrungen meiner neulichen Reise selbige an die Hand geben. a)
Die erste Regel unsers Lobredners der schlechten Wege, nicht ohne Noth Feldwege für Heerstraßen zu erklären und solche nicht gründlich zu bessern, sondern nur zu flicken, be- greife ich so gut als solche an sich außer allen Zweifel ist. Doch daß sehr oft gegen selbige verstossen werde, ist mir bis daher unbekannt gewesen. Ich wenigstens habe auf meinen vielfäl-
tigen
a) Dieser Aufsatz ist von einem ungenannten Verfasser, der aber hier mit eingerückt wird, weil man beyde Partheyen hören muß, um richtig zu urtheilen.
Umgekehrt: es iſt rathſamer
ſtraßen; und ich ziehe ſolche allem andern Aufwande, ſelbſt demjenigen vor, welchen Schauſpiele, Maitreſſen und Jag- den erfordern. Nur wuͤnſche ich nicht, daß man das ge- meine Beſte fuͤr einen engliſchen Garten halten, alles große im kleinen umhahmen, und Bruͤcken und Wege auf gemeine Koſten und zum Druck der Unterthanen anlegen moͤge, wo ſie mit der Handlung und dem Intereſſe des Staats in keinem Verhaͤltniß ſtehen, und fuͤr ein beluſtigtes Auge zehntauſend mit Thraͤnen erfuͤllen.
LXXV. Umgekehrt: es iſt rathſamer die Wege zu beſſern als auszuflicken.
Mein Herr!
Sie verlangen meine Anmerkung uͤber das vorige Stuͤck? Wohlan hier ſind ſie, ſo wie mir die theils angenehme theils traurige Erfahrungen meiner neulichen Reiſe ſelbige an die Hand geben. a)
Die erſte Regel unſers Lobredners der ſchlechten Wege, nicht ohne Noth Feldwege fuͤr Heerſtraßen zu erklaͤren und ſolche nicht gruͤndlich zu beſſern, ſondern nur zu flicken, be- greife ich ſo gut als ſolche an ſich außer allen Zweifel iſt. Doch daß ſehr oft gegen ſelbige verſtoſſen werde, iſt mir bis daher unbekannt geweſen. Ich wenigſtens habe auf meinen vielfaͤl-
tigen
a) Dieſer Aufſatz iſt von einem ungenannten Verfaſſer, der aber hier mit eingeruͤckt wird, weil man beyde Partheyen hoͤren muß, um richtig zu urtheilen.
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Umgekehrt: es iſt rathſamer
ſtraßen; und ich ziehe ſolche allem andern Aufwande, ſelbſt
demjenigen vor, welchen Schauſpiele, Maitreſſen und Jag-
den erfordern. Nur wuͤnſche ich nicht, daß man das ge-
meine Beſte fuͤr einen engliſchen Garten halten, alles große
im kleinen umhahmen, und Bruͤcken und Wege auf gemeine
Koſten und zum Druck der Unterthanen anlegen moͤge, wo ſie
mit der Handlung und dem Intereſſe des Staats in keinem
Verhaͤltniß ſtehen, und fuͤr ein beluſtigtes Auge zehntauſend
mit Thraͤnen erfuͤllen.
LXXV.
Umgekehrt: es iſt rathſamer die Wege zu
beſſern als auszuflicken.
Mein Herr!
Sie verlangen meine Anmerkung uͤber das vorige Stuͤck?
Wohlan hier ſind ſie, ſo wie mir die theils angenehme
theils traurige Erfahrungen meiner neulichen Reiſe ſelbige
an die Hand geben. a)
Die erſte Regel unſers Lobredners der ſchlechten Wege,
nicht ohne Noth Feldwege fuͤr Heerſtraßen zu erklaͤren und
ſolche nicht gruͤndlich zu beſſern, ſondern nur zu flicken, be-
greife ich ſo gut als ſolche an ſich außer allen Zweifel iſt. Doch
daß ſehr oft gegen ſelbige verſtoſſen werde, iſt mir bis daher
unbekannt geweſen. Ich wenigſtens habe auf meinen vielfaͤl-
tigen
a) Dieſer Aufſatz iſt von einem ungenannten Verfaſſer, der
aber hier mit eingeruͤckt wird, weil man beyde Partheyen
hoͤren muß, um richtig zu urtheilen.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/440>, abgerufen am 16.02.2025.
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