der Kornhandel nie durch irgend eine mächtige Hand einge- schränket werden könnte. Wann eine Landesherrschaft noch Korn erhalten kan: so kan es auch der Kaufmann bekommen; und da die sogenannten Preiscouranten aus Hamburg, Bre- men, Embden und Amsterdam mit jedem Posttage zeigen, wie hoch der gemeine Preis sey: so ist bey einer für alle Kauf- leute und für jedermann offen liegenden Speculation kein aus- serordentlicher Wucher zu besorgen. Dann jeder wird sein Geld sodann wagen, und keiner dem andern einen gar zu gros- sen Preis geniessen lassen, so bald er nicht zu befürchten hat, daß ihm durch eine mächtige Hand Einhalt geschehe. In die- sem Stück kan man sich auf die Begierde zu gewinnen, welche allen Menschen eigen und ihnen nicht umsonst gegeben ist, völ- lig verlassen.
Gesetzt aber ein solcher Entschluß, daß man nemlich von obrigkeitlichen Amts wegen niemals Korn anschaffen und auch niemals den Handel mit demselben einschränken oder schmälern wolle, fände Bedenken, indem die Lage der Umstände solchen nicht gestattete: so scheinet es dennoch immer besser zu seyn, jedem Kirchspiele die Versorgung seiner Eiwohner und die da- zu erforderlichen Anstalten zu überlassen und aufzulegen, als auf gemeinsame Amts- oder Landesanstalten hinaus zu gehen. Denn eines theils ist oft ein Kirchspiel so sorglos oder dessen Einwohner sind so Geldbegierig, daß sie alles, was sie nur verkaufen können, auf den theuresten Markt bringen, und für ihre Miteinwohner gar nicht sorgen, anstatt, daß ein anders christlicher und billiger denkt, und alle seine Nebenwohner bestens mit aushilft. Andern theils weis auch noch oft eines die Seinigen aus seinem eignen versteckten Vorrathe zu rathen, und seine Anstalten ganz wirthschaftlich einzurichten. Wenn nun aber bey allen Anstalten im Großen der Schuldige mit
dem
Vorſchlag, wie der Theurung des Korns
der Kornhandel nie durch irgend eine maͤchtige Hand einge- ſchraͤnket werden koͤnnte. Wann eine Landesherrſchaft noch Korn erhalten kan: ſo kan es auch der Kaufmann bekommen; und da die ſogenannten Preiscouranten aus Hamburg, Bre- men, Embden und Amſterdam mit jedem Poſttage zeigen, wie hoch der gemeine Preis ſey: ſo iſt bey einer fuͤr alle Kauf- leute und fuͤr jedermann offen liegenden Speculation kein auſ- ſerordentlicher Wucher zu beſorgen. Dann jeder wird ſein Geld ſodann wagen, und keiner dem andern einen gar zu groſ- ſen Preis genieſſen laſſen, ſo bald er nicht zu befuͤrchten hat, daß ihm durch eine maͤchtige Hand Einhalt geſchehe. In die- ſem Stuͤck kan man ſich auf die Begierde zu gewinnen, welche allen Menſchen eigen und ihnen nicht umſonſt gegeben iſt, voͤl- lig verlaſſen.
Geſetzt aber ein ſolcher Entſchluß, daß man nemlich von obrigkeitlichen Amts wegen niemals Korn anſchaffen und auch niemals den Handel mit demſelben einſchraͤnken oder ſchmaͤlern wolle, faͤnde Bedenken, indem die Lage der Umſtaͤnde ſolchen nicht geſtattete: ſo ſcheinet es dennoch immer beſſer zu ſeyn, jedem Kirchſpiele die Verſorgung ſeiner Eiwohner und die da- zu erforderlichen Anſtalten zu uͤberlaſſen und aufzulegen, als auf gemeinſame Amts- oder Landesanſtalten hinaus zu gehen. Denn eines theils iſt oft ein Kirchſpiel ſo ſorglos oder deſſen Einwohner ſind ſo Geldbegierig, daß ſie alles, was ſie nur verkaufen koͤnnen, auf den theureſten Markt bringen, und fuͤr ihre Miteinwohner gar nicht ſorgen, anſtatt, daß ein anders chriſtlicher und billiger denkt, und alle ſeine Nebenwohner beſtens mit aushilft. Andern theils weis auch noch oft eines die Seinigen aus ſeinem eignen verſteckten Vorrathe zu rathen, und ſeine Anſtalten ganz wirthſchaftlich einzurichten. Wenn nun aber bey allen Anſtalten im Großen der Schuldige mit
dem
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Vorſchlag, wie der Theurung des Korns
der Kornhandel nie durch irgend eine maͤchtige Hand einge-
ſchraͤnket werden koͤnnte. Wann eine Landesherrſchaft noch
Korn erhalten kan: ſo kan es auch der Kaufmann bekommen;
und da die ſogenannten Preiscouranten aus Hamburg, Bre-
men, Embden und Amſterdam mit jedem Poſttage zeigen,
wie hoch der gemeine Preis ſey: ſo iſt bey einer fuͤr alle Kauf-
leute und fuͤr jedermann offen liegenden Speculation kein auſ-
ſerordentlicher Wucher zu beſorgen. Dann jeder wird ſein
Geld ſodann wagen, und keiner dem andern einen gar zu groſ-
ſen Preis genieſſen laſſen, ſo bald er nicht zu befuͤrchten hat,
daß ihm durch eine maͤchtige Hand Einhalt geſchehe. In die-
ſem Stuͤck kan man ſich auf die Begierde zu gewinnen, welche
allen Menſchen eigen und ihnen nicht umſonſt gegeben iſt, voͤl-
lig verlaſſen.
Geſetzt aber ein ſolcher Entſchluß, daß man nemlich von
obrigkeitlichen Amts wegen niemals Korn anſchaffen und auch
niemals den Handel mit demſelben einſchraͤnken oder ſchmaͤlern
wolle, faͤnde Bedenken, indem die Lage der Umſtaͤnde ſolchen
nicht geſtattete: ſo ſcheinet es dennoch immer beſſer zu ſeyn,
jedem Kirchſpiele die Verſorgung ſeiner Eiwohner und die da-
zu erforderlichen Anſtalten zu uͤberlaſſen und aufzulegen, als
auf gemeinſame Amts- oder Landesanſtalten hinaus zu gehen.
Denn eines theils iſt oft ein Kirchſpiel ſo ſorglos oder deſſen
Einwohner ſind ſo Geldbegierig, daß ſie alles, was ſie nur
verkaufen koͤnnen, auf den theureſten Markt bringen, und fuͤr
ihre Miteinwohner gar nicht ſorgen, anſtatt, daß ein anders
chriſtlicher und billiger denkt, und alle ſeine Nebenwohner
beſtens mit aushilft. Andern theils weis auch noch oft eines
die Seinigen aus ſeinem eignen verſteckten Vorrathe zu rathen,
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/44>, abgerufen am 16.02.2025.
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