chen, daß nicht sehr oft die erste Einrichtung auf die jetzt ge- dachte Art gemachet worden. Finden sich gleich auch viele solche Mühlen in Privathänden: so finden sich auch so viele Spuren alter zersplitterter Gerichtsbarkeiten und Aemter, daß man auch die Mühle für einen solchen Splitter ansehen kan. Die Mühle eines Eigenbehörigen kan aus der Gutsherrlichkeit entstanden seyn, und die Gutsherrlichkeit ist gewiß auch ein Splitter der Carolingischen Gerichtsbarkeit; so sehr sie auch jetzt einem Privatrechte ähnlich steht, und ohnerachtet es lei- der so weit damit gekommen ist, daß ein Leibeigner Gutsherr eines andern Leibeignen seyn kan.
Solchergestalt muß man aber das Wort Regal in dem all- gemeinsten Verstande nehmen, wo es jede Befugniß oder jedes Vorrecht eines öffentlichen Amts bedeuten kan.
LXXIII. Für die warmen Stuben der Landleute.
Es gehört mit unter die läufigen Anmerkungen unserer heu- tigen philosophischen Oekonomen und Aerzte, daß der Landmann des Winters zu warm sitze, und in seinen engen Stuben sich bis zum ersticken wärme; und ein Arzt der jeden scheinbaren Umstand zu fassen, und nach demselben Brod und Wasser, Bier und Wein, Fleisch und Gemüse, mit gleicher Annehmlichkeit zu preisen und zu verachten weis, giebt den warmen Stuben wie leicht zu gedenken, manche Schuld, die sie vielleicht verdient, und auch nicht verdient haben mögen, wie wir allerseits dahin gestellet seyn lassen müssen. Indes- sen läßt sich doch auch noch manches zu ihrem Vortheile sa- gen, was immer noch einige Aufmerksamkeit verdient.
Ein
Fuͤr die warmen Stuben der Landleute.
chen, daß nicht ſehr oft die erſte Einrichtung auf die jetzt ge- dachte Art gemachet worden. Finden ſich gleich auch viele ſolche Muͤhlen in Privathaͤnden: ſo finden ſich auch ſo viele Spuren alter zerſplitterter Gerichtsbarkeiten und Aemter, daß man auch die Muͤhle fuͤr einen ſolchen Splitter anſehen kan. Die Muͤhle eines Eigenbehoͤrigen kan aus der Gutsherrlichkeit entſtanden ſeyn, und die Gutsherrlichkeit iſt gewiß auch ein Splitter der Carolingiſchen Gerichtsbarkeit; ſo ſehr ſie auch jetzt einem Privatrechte aͤhnlich ſteht, und ohnerachtet es lei- der ſo weit damit gekommen iſt, daß ein Leibeigner Gutsherr eines andern Leibeignen ſeyn kan.
Solchergeſtalt muß man aber das Wort Regal in dem all- gemeinſten Verſtande nehmen, wo es jede Befugniß oder jedes Vorrecht eines oͤffentlichen Amts bedeuten kan.
LXXIII. Fuͤr die warmen Stuben der Landleute.
Es gehoͤrt mit unter die laͤufigen Anmerkungen unſerer heu- tigen philoſophiſchen Oekonomen und Aerzte, daß der Landmann des Winters zu warm ſitze, und in ſeinen engen Stuben ſich bis zum erſticken waͤrme; und ein Arzt der jeden ſcheinbaren Umſtand zu faſſen, und nach demſelben Brod und Waſſer, Bier und Wein, Fleiſch und Gemuͤſe, mit gleicher Annehmlichkeit zu preiſen und zu verachten weis, giebt den warmen Stuben wie leicht zu gedenken, manche Schuld, die ſie vielleicht verdient, und auch nicht verdient haben moͤgen, wie wir allerſeits dahin geſtellet ſeyn laſſen muͤſſen. Indeſ- ſen laͤßt ſich doch auch noch manches zu ihrem Vortheile ſa- gen, was immer noch einige Aufmerkſamkeit verdient.
Ein
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Fuͤr die warmen Stuben der Landleute.
chen, daß nicht ſehr oft die erſte Einrichtung auf die jetzt ge-
dachte Art gemachet worden. Finden ſich gleich auch viele
ſolche Muͤhlen in Privathaͤnden: ſo finden ſich auch ſo viele
Spuren alter zerſplitterter Gerichtsbarkeiten und Aemter, daß
man auch die Muͤhle fuͤr einen ſolchen Splitter anſehen kan.
Die Muͤhle eines Eigenbehoͤrigen kan aus der Gutsherrlichkeit
entſtanden ſeyn, und die Gutsherrlichkeit iſt gewiß auch ein
Splitter der Carolingiſchen Gerichtsbarkeit; ſo ſehr ſie auch
jetzt einem Privatrechte aͤhnlich ſteht, und ohnerachtet es lei-
der ſo weit damit gekommen iſt, daß ein Leibeigner Gutsherr
eines andern Leibeignen ſeyn kan.
Solchergeſtalt muß man aber das Wort Regal in dem all-
gemeinſten Verſtande nehmen, wo es jede Befugniß oder
jedes Vorrecht eines oͤffentlichen Amts bedeuten kan.
LXXIII.
Fuͤr die warmen Stuben der Landleute.
Es gehoͤrt mit unter die laͤufigen Anmerkungen unſerer heu-
tigen philoſophiſchen Oekonomen und Aerzte, daß der
Landmann des Winters zu warm ſitze, und in ſeinen engen
Stuben ſich bis zum erſticken waͤrme; und ein Arzt der jeden
ſcheinbaren Umſtand zu faſſen, und nach demſelben Brod und
Waſſer, Bier und Wein, Fleiſch und Gemuͤſe, mit gleicher
Annehmlichkeit zu preiſen und zu verachten weis, giebt den
warmen Stuben wie leicht zu gedenken, manche Schuld, die
ſie vielleicht verdient, und auch nicht verdient haben moͤgen,
wie wir allerſeits dahin geſtellet ſeyn laſſen muͤſſen. Indeſ-
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gen, was immer noch einige Aufmerkſamkeit verdient.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/432>, abgerufen am 23.02.2025.
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