Diese sperren sich immer gegen alle neue Mühlen, welche ih- nen den Winter Abbruch thun können, wenn sie gleich des Sommers unentbehrlich sind.
Hier wird nothwendig die Landesherrliche höchste Einsicht und ein billiges Ermessen erfordert; wofern nicht das gemeine Beste widerrechtlich leiden soll. Eine richterliche Entschei- dung würde zu beschwerlich und weitläuftig seyn. Jene höchste Einsicht muß aber in keine Willkühr ausarten; und nichts scheint hier billiger zu seyn, als daß wenn eine Be- schwerde vorkommt, daß die vorhandene Mühle nicht mehr zureiche:
1) Die Familien, welche ihrer Lage nach zu einer Mühle gehen, oder worüber die Noth ein Zwangrecht aus- übet, gezählet; hiernächst
2) Auf jede Mühle nach dem Maaß ihres Wassers und ihrer Mahlgänge eine sichere und zureichende Anzahl von Familien gerechnet, und wann sich findet, daß die erste Mühle nicht zureiche, und ein beträchtlicher Ueberschuß von Mahlgästen sey, denen nicht geholfen werden könne;
3) Dem ersten Müller, wenn er seine Mühle erwei- tern oder eine andre zureichende Anstalt machen kan, der Vorzug gelassen, oder wo dieses Bedenken haben sollte, wie es denn bisweilen gut seyn kan, daß zwey Müller um den Vorzug arbeiten müssen;
4) Eine zweyte Mühle unter einer zum Vortheil der ersten gemachten Einschränkung der Mahlgänge, zugelas- sen werde.
Eine Landesherrschaft welche sich in ihren Bewilligungen nach diesen Grundsätzen richtet, wird solche allemal rechtfer-
ti
Von der Landesherrlichen Befugniß
Dieſe ſperren ſich immer gegen alle neue Muͤhlen, welche ih- nen den Winter Abbruch thun koͤnnen, wenn ſie gleich des Sommers unentbehrlich ſind.
Hier wird nothwendig die Landesherrliche hoͤchſte Einſicht und ein billiges Ermeſſen erfordert; wofern nicht das gemeine Beſte widerrechtlich leiden ſoll. Eine richterliche Entſchei- dung wuͤrde zu beſchwerlich und weitlaͤuftig ſeyn. Jene hoͤchſte Einſicht muß aber in keine Willkuͤhr ausarten; und nichts ſcheint hier billiger zu ſeyn, als daß wenn eine Be- ſchwerde vorkommt, daß die vorhandene Muͤhle nicht mehr zureiche:
1) Die Familien, welche ihrer Lage nach zu einer Muͤhle gehen, oder woruͤber die Noth ein Zwangrecht aus- uͤbet, gezaͤhlet; hiernaͤchſt
2) Auf jede Muͤhle nach dem Maaß ihres Waſſers und ihrer Mahlgaͤnge eine ſichere und zureichende Anzahl von Familien gerechnet, und wann ſich findet, daß die erſte Muͤhle nicht zureiche, und ein betraͤchtlicher Ueberſchuß von Mahlgaͤſten ſey, denen nicht geholfen werden koͤnne;
3) Dem erſten Muͤller, wenn er ſeine Muͤhle erwei- tern oder eine andre zureichende Anſtalt machen kan, der Vorzug gelaſſen, oder wo dieſes Bedenken haben ſollte, wie es denn bisweilen gut ſeyn kan, daß zwey Muͤller um den Vorzug arbeiten muͤſſen;
4) Eine zweyte Muͤhle unter einer zum Vortheil der erſten gemachten Einſchraͤnkung der Mahlgaͤnge, zugelaſ- ſen werde.
Eine Landesherrſchaft welche ſich in ihren Bewilligungen nach dieſen Grundſaͤtzen richtet, wird ſolche allemal rechtfer-
ti
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0430"n="412"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der Landesherrlichen Befugniß</hi></fw><lb/>
Dieſe ſperren ſich immer gegen alle neue Muͤhlen, welche ih-<lb/>
nen den Winter Abbruch thun koͤnnen, wenn ſie gleich des<lb/>
Sommers unentbehrlich ſind.</p><lb/><p>Hier wird nothwendig die Landesherrliche hoͤchſte Einſicht<lb/>
und ein billiges Ermeſſen erfordert; wofern nicht das gemeine<lb/>
Beſte widerrechtlich leiden ſoll. Eine richterliche Entſchei-<lb/>
dung wuͤrde zu beſchwerlich und weitlaͤuftig ſeyn. Jene<lb/>
hoͤchſte Einſicht muß aber in keine Willkuͤhr ausarten; und<lb/>
nichts ſcheint hier billiger zu ſeyn, als daß wenn eine Be-<lb/>ſchwerde vorkommt, daß die vorhandene Muͤhle nicht mehr<lb/>
zureiche:</p><lb/><list><item>1) Die Familien, welche ihrer Lage nach zu einer<lb/>
Muͤhle gehen, oder woruͤber die Noth ein Zwangrecht aus-<lb/>
uͤbet, gezaͤhlet; hiernaͤchſt</item><lb/><item>2) Auf jede Muͤhle nach dem Maaß ihres Waſſers und<lb/>
ihrer Mahlgaͤnge eine ſichere und zureichende Anzahl von<lb/>
Familien gerechnet, und wann ſich findet, daß die erſte<lb/>
Muͤhle nicht zureiche, und ein betraͤchtlicher Ueberſchuß<lb/>
von Mahlgaͤſten ſey, denen nicht geholfen werden koͤnne;</item><lb/><item>3) Dem erſten Muͤller, wenn er ſeine Muͤhle erwei-<lb/>
tern oder eine andre zureichende Anſtalt machen kan, der<lb/>
Vorzug gelaſſen, oder wo dieſes Bedenken haben ſollte,<lb/>
wie es denn bisweilen gut ſeyn kan, daß zwey Muͤller um<lb/>
den Vorzug arbeiten muͤſſen;</item><lb/><item>4) Eine zweyte Muͤhle unter einer zum Vortheil der<lb/>
erſten gemachten Einſchraͤnkung der Mahlgaͤnge, zugelaſ-<lb/>ſen werde.</item></list><lb/><p>Eine Landesherrſchaft welche ſich in ihren Bewilligungen<lb/>
nach dieſen Grundſaͤtzen richtet, wird ſolche allemal rechtfer-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ti</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[412/0430]
Von der Landesherrlichen Befugniß
Dieſe ſperren ſich immer gegen alle neue Muͤhlen, welche ih-
nen den Winter Abbruch thun koͤnnen, wenn ſie gleich des
Sommers unentbehrlich ſind.
Hier wird nothwendig die Landesherrliche hoͤchſte Einſicht
und ein billiges Ermeſſen erfordert; wofern nicht das gemeine
Beſte widerrechtlich leiden ſoll. Eine richterliche Entſchei-
dung wuͤrde zu beſchwerlich und weitlaͤuftig ſeyn. Jene
hoͤchſte Einſicht muß aber in keine Willkuͤhr ausarten; und
nichts ſcheint hier billiger zu ſeyn, als daß wenn eine Be-
ſchwerde vorkommt, daß die vorhandene Muͤhle nicht mehr
zureiche:
1) Die Familien, welche ihrer Lage nach zu einer
Muͤhle gehen, oder woruͤber die Noth ein Zwangrecht aus-
uͤbet, gezaͤhlet; hiernaͤchſt
2) Auf jede Muͤhle nach dem Maaß ihres Waſſers und
ihrer Mahlgaͤnge eine ſichere und zureichende Anzahl von
Familien gerechnet, und wann ſich findet, daß die erſte
Muͤhle nicht zureiche, und ein betraͤchtlicher Ueberſchuß
von Mahlgaͤſten ſey, denen nicht geholfen werden koͤnne;
3) Dem erſten Muͤller, wenn er ſeine Muͤhle erwei-
tern oder eine andre zureichende Anſtalt machen kan, der
Vorzug gelaſſen, oder wo dieſes Bedenken haben ſollte,
wie es denn bisweilen gut ſeyn kan, daß zwey Muͤller um
den Vorzug arbeiten muͤſſen;
4) Eine zweyte Muͤhle unter einer zum Vortheil der
erſten gemachten Einſchraͤnkung der Mahlgaͤnge, zugelaſ-
ſen werde.
Eine Landesherrſchaft welche ſich in ihren Bewilligungen
nach dieſen Grundſaͤtzen richtet, wird ſolche allemal rechtfer-
ti
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/430>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.