Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.am besten auszuweichen. cher Weise lange vor eingetretener Theurung gesagt: Unsregnädigste Landesherrschaft hat uns mehrmalen schou aus der Noth geholfen, und Korn zu einem wohlfeilen Preise verkau- fen lassen. Es ist also nicht nöthig, daß wir bis zur Erndte für uns selbst sorgen. Ja wir können unsern Vorrath dem minder glücklichen Nachbarn so viel theurer verkaufen. Unsre großen Meyer haben auch noch Vorrath; wird das Land ge- schlossen, und der Branteweinskessel zugeschlagen: so muß der Preis wohl herunter gehen. Wir wollen allenfalls den Beam- ten die Ohren so voll schreyen, daß sie diese Kornwürmer ein- mal heimsuchen, und sie zwingen sollen zu verkaufen etc. Der Müller hat gedacht: Warum soll ich Korn aufschütten. Die Herrschaft wird etwas aus der Fremde kommen lassen, und solches wenigstens ohne Vortheil, wo nicht mit Schaden, ver- kaufen. Dann sitze ich da und mag die Würmer futtern. Und der Kaufmann hat schon in seinem Geiste den Beamten hönisch vorgeworfen: Das kömmt von euren guten Anstalten; nicht zufriedeu damit, daß die Branteweinskessel versiegelt und die Ausfuhr aus dem Lande verhindert worden, wollt ihr sogar die Aemter und Kirchspiele schliessen; ihr wollt die Fuhren, um Korn aus der Fremde zu holen, umsonst gebrauchen; ihr wollt euer oder des Landes Geld ohne Zinsen dazu verwenden; ihr wollet den Rocken ausborgen; ihr könnet Zollfreyheiten erlangen. -- Da wage es ein Kaufmann, sich in diese Korn- handlung zu mischen. -- Wo die Umstände so gelegen ha- ben, wo der Landmann seinen Vorrath aufs theuerste verkauft, und seine geringen Nebenwohner in der Hoffnung, die Lan- desherrschaft werde sie schon versorgen, Brodlos läßt, da ist es so natürlich als vernünftig, daß die Obrigkeit zutrete und die Erwartuug der Armuth so viel als möglich erfülle. Aber ich sage, die Lage würde nie so kommen, wenn jenes der B 5
am beſten auszuweichen. cher Weiſe lange vor eingetretener Theurung geſagt: Unſregnaͤdigſte Landesherrſchaft hat uns mehrmalen ſchou aus der Noth geholfen, und Korn zu einem wohlfeilen Preiſe verkau- fen laſſen. Es iſt alſo nicht noͤthig, daß wir bis zur Erndte fuͤr uns ſelbſt ſorgen. Ja wir koͤnnen unſern Vorrath dem minder gluͤcklichen Nachbarn ſo viel theurer verkaufen. Unſre großen Meyer haben auch noch Vorrath; wird das Land ge- ſchloſſen, und der Branteweinskeſſel zugeſchlagen: ſo muß der Preis wohl herunter gehen. Wir wollen allenfalls den Beam- ten die Ohren ſo voll ſchreyen, daß ſie dieſe Kornwuͤrmer ein- mal heimſuchen, und ſie zwingen ſollen zu verkaufen ꝛc. Der Muͤller hat gedacht: Warum ſoll ich Korn aufſchuͤtten. Die Herrſchaft wird etwas aus der Fremde kommen laſſen, und ſolches wenigſtens ohne Vortheil, wo nicht mit Schaden, ver- kaufen. Dann ſitze ich da und mag die Wuͤrmer futtern. Und der Kaufmann hat ſchon in ſeinem Geiſte den Beamten hoͤniſch vorgeworfen: Das koͤmmt von euren guten Anſtalten; nicht zufriedeu damit, daß die Branteweinskeſſel verſiegelt und die Ausfuhr aus dem Lande verhindert worden, wollt ihr ſogar die Aemter und Kirchſpiele ſchlieſſen; ihr wollt die Fuhren, um Korn aus der Fremde zu holen, umſonſt gebrauchen; ihr wollt euer oder des Landes Geld ohne Zinſen dazu verwenden; ihr wollet den Rocken ausborgen; ihr koͤnnet Zollfreyheiten erlangen. — Da wage es ein Kaufmann, ſich in dieſe Korn- handlung zu miſchen. — Wo die Umſtaͤnde ſo gelegen ha- ben, wo der Landmann ſeinen Vorrath aufs theuerſte verkauft, und ſeine geringen Nebenwohner in der Hoffnung, die Lan- desherrſchaft werde ſie ſchon verſorgen, Brodlos laͤßt, da iſt es ſo natuͤrlich als vernuͤnftig, daß die Obrigkeit zutrete und die Erwartuug der Armuth ſo viel als moͤglich erfuͤlle. Aber ich ſage, die Lage wuͤrde nie ſo kommen, wenn jenes der B 5
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am beſten auszuweichen.
cher Weiſe lange vor eingetretener Theurung geſagt: Unſre
gnaͤdigſte Landesherrſchaft hat uns mehrmalen ſchou aus der
Noth geholfen, und Korn zu einem wohlfeilen Preiſe verkau-
fen laſſen. Es iſt alſo nicht noͤthig, daß wir bis zur Erndte
fuͤr uns ſelbſt ſorgen. Ja wir koͤnnen unſern Vorrath dem
minder gluͤcklichen Nachbarn ſo viel theurer verkaufen. Unſre
großen Meyer haben auch noch Vorrath; wird das Land ge-
ſchloſſen, und der Branteweinskeſſel zugeſchlagen: ſo muß der
Preis wohl herunter gehen. Wir wollen allenfalls den Beam-
ten die Ohren ſo voll ſchreyen, daß ſie dieſe Kornwuͤrmer ein-
mal heimſuchen, und ſie zwingen ſollen zu verkaufen ꝛc. Der
Muͤller hat gedacht: Warum ſoll ich Korn aufſchuͤtten. Die
Herrſchaft wird etwas aus der Fremde kommen laſſen, und
ſolches wenigſtens ohne Vortheil, wo nicht mit Schaden, ver-
kaufen. Dann ſitze ich da und mag die Wuͤrmer futtern. Und
der Kaufmann hat ſchon in ſeinem Geiſte den Beamten hoͤniſch
vorgeworfen: Das koͤmmt von euren guten Anſtalten; nicht
zufriedeu damit, daß die Branteweinskeſſel verſiegelt und die
Ausfuhr aus dem Lande verhindert worden, wollt ihr ſogar
die Aemter und Kirchſpiele ſchlieſſen; ihr wollt die Fuhren,
um Korn aus der Fremde zu holen, umſonſt gebrauchen; ihr
wollt euer oder des Landes Geld ohne Zinſen dazu verwenden;
ihr wollet den Rocken ausborgen; ihr koͤnnet Zollfreyheiten
erlangen. — Da wage es ein Kaufmann, ſich in dieſe Korn-
handlung zu miſchen. — Wo die Umſtaͤnde ſo gelegen ha-
ben, wo der Landmann ſeinen Vorrath aufs theuerſte verkauft,
und ſeine geringen Nebenwohner in der Hoffnung, die Lan-
desherrſchaft werde ſie ſchon verſorgen, Brodlos laͤßt, da iſt
es ſo natuͤrlich als vernuͤnftig, daß die Obrigkeit zutrete und
die Erwartuug der Armuth ſo viel als moͤglich erfuͤlle.
Aber ich ſage, die Lage wuͤrde nie ſo kommen, wenn jenes
Geſetz immitten, und jedermann vollkommen ſicher waͤre, daß
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