Veräußerung alle Interessenten geheelen mußten, und wo man sich darauf verlassen mochte, daß dasjenige, worinn alle ge- heelten, dem gemeinen Wesen nicht sonderlich schädlich seyn würde. Seitdem man aber in den Gerichtshöfen angefan- gen hat, bey solchen einzelnen Veräußerungen bisweilen auf ein paar Stimmen nicht zu achten, und den Landmann bey allen Gelegenheiten eines sträflichen Eigensinns zu beschuldigen, möchte die Sache wohl etwas mehr Aufmerksamkeit verdie- nen, und der Ausspruch leicht dahin ausfallen, daß nur da, wo Herr und Stände eine Theilung bewilligen, der Wider- spruch einzelner Genossen, wo er gegründet, als ein nothwen- diges Opfer, und wo er nicht gegründet, als Eigensinn be- trachtet werden könne.
Ein anderer Grund, dem man bisweilen für die Steuer- freyheit der eingeschlagenen oder einzuschlagenden gemeinen Gründe anführt, besteht noch darinn, daß diejenigen, so der- gleichen erhalten, solchen theuer genug bezahlt, und mit schwe- ren Kosten urbar gemacht hätten. Dieser Grund fiele nun zwar bey den gemeinen Theilungen weg, weil alsdenn keiner etwas bezahlt, und ein jeder nur seinen ofnen Theil zuschlägt. Allein auch da, wo würklich ein Theil aus der Gemeinheit verkaufet worden, vorausgesetzt, daß die Markgenossen, ohne Bewilligung derjenigen, welche die Staatscontrolle führen, einen Theil Grundes steuerfrey verkaufen können, beweiset er dasjenige nicht was er beweisen soll. Denn so hat entweder ein bereits steurender Mitgenosse, oder ein Heuerling, der nicht einmal ein eignes Haus besitzt, sich einen solchen neuen Grund erworben. Im erstern Fall sehe ich nicht den min- desten Grund, warum nicht der Steuereinnehmer so wohl als ein ander Gläubiger, die Früchte des nach so theuer bezahl- ten neuen Grundes zu seiner Bezahlung angreifen könne, wenn die Steuer von dem alten nicht zu ermächtigen ist; und
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mit Steuren zu belegen oder nicht?
Veraͤußerung alle Intereſſenten geheelen mußten, und wo man ſich darauf verlaſſen mochte, daß dasjenige, worinn alle ge- heelten, dem gemeinen Weſen nicht ſonderlich ſchaͤdlich ſeyn wuͤrde. Seitdem man aber in den Gerichtshoͤfen angefan- gen hat, bey ſolchen einzelnen Veraͤußerungen bisweilen auf ein paar Stimmen nicht zu achten, und den Landmann bey allen Gelegenheiten eines ſtraͤflichen Eigenſinns zu beſchuldigen, moͤchte die Sache wohl etwas mehr Aufmerkſamkeit verdie- nen, und der Ausſpruch leicht dahin ausfallen, daß nur da, wo Herr und Staͤnde eine Theilung bewilligen, der Wider- ſpruch einzelner Genoſſen, wo er gegruͤndet, als ein nothwen- diges Opfer, und wo er nicht gegruͤndet, als Eigenſinn be- trachtet werden koͤnne.
Ein anderer Grund, dem man bisweilen fuͤr die Steuer- freyheit der eingeſchlagenen oder einzuſchlagenden gemeinen Gruͤnde anfuͤhrt, beſteht noch darinn, daß diejenigen, ſo der- gleichen erhalten, ſolchen theuer genug bezahlt, und mit ſchwe- ren Koſten urbar gemacht haͤtten. Dieſer Grund fiele nun zwar bey den gemeinen Theilungen weg, weil alsdenn keiner etwas bezahlt, und ein jeder nur ſeinen ofnen Theil zuſchlaͤgt. Allein auch da, wo wuͤrklich ein Theil aus der Gemeinheit verkaufet worden, vorausgeſetzt, daß die Markgenoſſen, ohne Bewilligung derjenigen, welche die Staatscontrolle fuͤhren, einen Theil Grundes ſteuerfrey verkaufen koͤnnen, beweiſet er dasjenige nicht was er beweiſen ſoll. Denn ſo hat entweder ein bereits ſteurender Mitgenoſſe, oder ein Heuerling, der nicht einmal ein eignes Haus beſitzt, ſich einen ſolchen neuen Grund erworben. Im erſtern Fall ſehe ich nicht den min- deſten Grund, warum nicht der Steuereinnehmer ſo wohl als ein ander Glaͤubiger, die Fruͤchte des nach ſo theuer bezahl- ten neuen Grundes zu ſeiner Bezahlung angreifen koͤnne, wenn die Steuer von dem alten nicht zu ermaͤchtigen iſt; und
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mit Steuren zu belegen oder nicht?
Veraͤußerung alle Intereſſenten geheelen mußten, und wo man
ſich darauf verlaſſen mochte, daß dasjenige, worinn alle ge-
heelten, dem gemeinen Weſen nicht ſonderlich ſchaͤdlich ſeyn
wuͤrde. Seitdem man aber in den Gerichtshoͤfen angefan-
gen hat, bey ſolchen einzelnen Veraͤußerungen bisweilen auf ein
paar Stimmen nicht zu achten, und den Landmann bey allen
Gelegenheiten eines ſtraͤflichen Eigenſinns zu beſchuldigen,
moͤchte die Sache wohl etwas mehr Aufmerkſamkeit verdie-
nen, und der Ausſpruch leicht dahin ausfallen, daß nur da,
wo Herr und Staͤnde eine Theilung bewilligen, der Wider-
ſpruch einzelner Genoſſen, wo er gegruͤndet, als ein nothwen-
diges Opfer, und wo er nicht gegruͤndet, als Eigenſinn be-
trachtet werden koͤnne.
Ein anderer Grund, dem man bisweilen fuͤr die Steuer-
freyheit der eingeſchlagenen oder einzuſchlagenden gemeinen
Gruͤnde anfuͤhrt, beſteht noch darinn, daß diejenigen, ſo der-
gleichen erhalten, ſolchen theuer genug bezahlt, und mit ſchwe-
ren Koſten urbar gemacht haͤtten. Dieſer Grund fiele nun
zwar bey den gemeinen Theilungen weg, weil alsdenn keiner
etwas bezahlt, und ein jeder nur ſeinen ofnen Theil zuſchlaͤgt.
Allein auch da, wo wuͤrklich ein Theil aus der Gemeinheit
verkaufet worden, vorausgeſetzt, daß die Markgenoſſen, ohne
Bewilligung derjenigen, welche die Staatscontrolle fuͤhren,
einen Theil Grundes ſteuerfrey verkaufen koͤnnen, beweiſet er
dasjenige nicht was er beweiſen ſoll. Denn ſo hat entweder
ein bereits ſteurender Mitgenoſſe, oder ein Heuerling, der
nicht einmal ein eignes Haus beſitzt, ſich einen ſolchen neuen
Grund erworben. Im erſtern Fall ſehe ich nicht den min-
deſten Grund, warum nicht der Steuereinnehmer ſo wohl als
ein ander Glaͤubiger, die Fruͤchte des nach ſo theuer bezahl-
ten neuen Grundes zu ſeiner Bezahlung angreifen koͤnne,
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/345>, abgerufen am 23.07.2024.
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