gehungertes Vieh mit einem guten Zeugnisse auf die gemeine Weide schicken dürfen?
Freylich, antwortete ich ihm, wäre es gut, wenn jedes Kirch- spiel in diesem Stücke seinen Haushalt für sich hätte, und allenfalls eine eigene Schatzung zu dergleichen Bedürfnissen anlegte. Wenn es solchergcstalt gerade zu aus eines jeden Beutel gienge: so würde kein Zeugniß was drey Meilen von euch gegeben wäre, Glauben finden; es würde mancher, der bey der allgemeinen Casse sehr kläglich thut, daheim wo seine Umstände bekannt sind, ganz leise reden müssen; viele die sich vor Fremden nicht schämen, würden es vor ihren Nach- baren thun; das Gesinde würde nicht so leichtfertig zusammen laufen, die Einnahme eines fremdem Heuermanns würde ohne Erlaubniß des Kirchspiels nicht statt finden; der Chirur- gus würde entweder die Armen umsonst curiren, oder jeder guten Frauen das Recht zu curiren lassen müssen; den Bett- lern vom Handwerke würde man ihre Kinder nehmen, und sie bey andern für dieselben Almosen, welche man ihnen giebt, zur Erlernung der Wirthschaft eindingen, und was das Beste ist, ein Kirchspiel würde das andre nicht auf gemeine Rech- nung bezechen können. Allein .....
Ich bin doch recht neugierig zu wissen, fiel hier der Bauer ein, was das für ein Allein werden wird? Aber zu seinem Unglück vergaß ich darüber was ich sagen wollte.
XXXXVIII.
U 4
Jeder zahle ſeine Zeche.
gehungertes Vieh mit einem guten Zeugniſſe auf die gemeine Weide ſchicken duͤrfen?
Freylich, antwortete ich ihm, waͤre es gut, wenn jedes Kirch- ſpiel in dieſem Stuͤcke ſeinen Haushalt fuͤr ſich haͤtte, und allenfalls eine eigene Schatzung zu dergleichen Beduͤrfniſſen anlegte. Wenn es ſolchergcſtalt gerade zu aus eines jeden Beutel gienge: ſo wuͤrde kein Zeugniß was drey Meilen von euch gegeben waͤre, Glauben finden; es wuͤrde mancher, der bey der allgemeinen Caſſe ſehr klaͤglich thut, daheim wo ſeine Umſtaͤnde bekannt ſind, ganz leiſe reden muͤſſen; viele die ſich vor Fremden nicht ſchaͤmen, wuͤrden es vor ihren Nach- baren thun; das Geſinde wuͤrde nicht ſo leichtfertig zuſammen laufen, die Einnahme eines fremdem Heuermanns wuͤrde ohne Erlaubniß des Kirchſpiels nicht ſtatt finden; der Chirur- gus wuͤrde entweder die Armen umſonſt curiren, oder jeder guten Frauen das Recht zu curiren laſſen muͤſſen; den Bett- lern vom Handwerke wuͤrde man ihre Kinder nehmen, und ſie bey andern fuͤr dieſelben Almoſen, welche man ihnen giebt, zur Erlernung der Wirthſchaft eindingen, und was das Beſte iſt, ein Kirchſpiel wuͤrde das andre nicht auf gemeine Rech- nung bezechen koͤnnen. Allein .....
Ich bin doch recht neugierig zu wiſſen, fiel hier der Bauer ein, was das fuͤr ein Allein werden wird? Aber zu ſeinem Ungluͤck vergaß ich daruͤber was ich ſagen wollte.
XXXXVIII.
U 4
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Jeder zahle ſeine Zeche.
gehungertes Vieh mit einem guten Zeugniſſe auf die gemeine
Weide ſchicken duͤrfen?
Freylich, antwortete ich ihm, waͤre es gut, wenn jedes Kirch-
ſpiel in dieſem Stuͤcke ſeinen Haushalt fuͤr ſich haͤtte, und
allenfalls eine eigene Schatzung zu dergleichen Beduͤrfniſſen
anlegte. Wenn es ſolchergcſtalt gerade zu aus eines jeden
Beutel gienge: ſo wuͤrde kein Zeugniß was drey Meilen von
euch gegeben waͤre, Glauben finden; es wuͤrde mancher, der
bey der allgemeinen Caſſe ſehr klaͤglich thut, daheim wo ſeine
Umſtaͤnde bekannt ſind, ganz leiſe reden muͤſſen; viele die
ſich vor Fremden nicht ſchaͤmen, wuͤrden es vor ihren Nach-
baren thun; das Geſinde wuͤrde nicht ſo leichtfertig zuſammen
laufen, die Einnahme eines fremdem Heuermanns wuͤrde
ohne Erlaubniß des Kirchſpiels nicht ſtatt finden; der Chirur-
gus wuͤrde entweder die Armen umſonſt curiren, oder jeder
guten Frauen das Recht zu curiren laſſen muͤſſen; den Bett-
lern vom Handwerke wuͤrde man ihre Kinder nehmen, und ſie
bey andern fuͤr dieſelben Almoſen, welche man ihnen giebt,
zur Erlernung der Wirthſchaft eindingen, und was das Beſte
iſt, ein Kirchſpiel wuͤrde das andre nicht auf gemeine Rech-
nung bezechen koͤnnen. Allein .....
Ich bin doch recht neugierig zu wiſſen, fiel hier der Bauer
ein, was das fuͤr ein Allein werden wird? Aber zu ſeinem
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/329>, abgerufen am 24.11.2024.
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