Eine Menge von Supplicanten, welche wegen entwende- ten Holzes aus den gemeinen Holzungen bestraft sind, meldet sich jährlich um Nachlaß der Strafe, und gründet sich auf eine bescheinigte Armuth. Könnte man diesen nicht einmal für alle sagen, daß wenn die Obrigkeit auch noch so viel Mit- leid mit ihnen hegte, es doch wider alle Vernunft sey, in die- sem Stücke die Entschuldigung der Armuth gelten zu lassen, weil sonst gar keine gemeinen Holzungen erhalten werden könn- ten, und es eben die Armuth sey, die man am mehrsten zu bestrafen hätte, weil reiche und vermögende kein Holz stehlen würden?
Wie viele Beschwerden ließt man nicht in andern Rügesa- chen, womit sich die Partheyen vergebliche Mühe und Kosten machen, und die sie vermeiden könnten, wenn in einem sol- chen Unterricht alle Rügefälle deutlich ausgedruckt, die Ur- sachen derselben begreiflich angezeigt, und zugleich die Räthe ertheilet wären, wie sich die Beschwerten allenfalls zu ver- halten hätten; Wie mancher würde eine geringe Strafe, so fern sie keinen Einfluß auf seine Gerechtsame hätte, bezahlen und verschmerzen, wenn ihm in dem Unterricht deutlich gewie- sen wäre, wie hoch sich die Kosten beliefen, die er auf eine mißliche Beschwerde verwenden müßte? Wie mancher würde mit einer weitläuftigen Vorstellung zurück bleiben, oder doch wenigstens sofort Gegenbescheinigungen beybringen, wenn er einmal wüßte, daß der Oberrichter allemal die Rechtsvermu- thung für den Unterrichter fassen müßte, und sich darinn durch keine bloße Erzählungen stören lassen dürfte?
Die vornehmsten Wahrheiten der Dorf- und Marken- und andrer Policeyordnungen: die Fälle und Maassen der Pfandun- gen, so zu Erhaltung eines Rechts geschehen; ein kleines Re- gister, wie bey entstehenden Concursen die Gläubiger geord-
net
Vorſchlag zu einer Practica
Eine Menge von Supplicanten, welche wegen entwende- ten Holzes aus den gemeinen Holzungen beſtraft ſind, meldet ſich jaͤhrlich um Nachlaß der Strafe, und gruͤndet ſich auf eine beſcheinigte Armuth. Koͤnnte man dieſen nicht einmal fuͤr alle ſagen, daß wenn die Obrigkeit auch noch ſo viel Mit- leid mit ihnen hegte, es doch wider alle Vernunft ſey, in die- ſem Stuͤcke die Entſchuldigung der Armuth gelten zu laſſen, weil ſonſt gar keine gemeinen Holzungen erhalten werden koͤnn- ten, und es eben die Armuth ſey, die man am mehrſten zu beſtrafen haͤtte, weil reiche und vermoͤgende kein Holz ſtehlen wuͤrden?
Wie viele Beſchwerden ließt man nicht in andern Ruͤgeſa- chen, womit ſich die Partheyen vergebliche Muͤhe und Koſten machen, und die ſie vermeiden koͤnnten, wenn in einem ſol- chen Unterricht alle Ruͤgefaͤlle deutlich ausgedruckt, die Ur- ſachen derſelben begreiflich angezeigt, und zugleich die Raͤthe ertheilet waͤren, wie ſich die Beſchwerten allenfalls zu ver- halten haͤtten; Wie mancher wuͤrde eine geringe Strafe, ſo fern ſie keinen Einfluß auf ſeine Gerechtſame haͤtte, bezahlen und verſchmerzen, wenn ihm in dem Unterricht deutlich gewie- ſen waͤre, wie hoch ſich die Koſten beliefen, die er auf eine mißliche Beſchwerde verwenden muͤßte? Wie mancher wuͤrde mit einer weitlaͤuftigen Vorſtellung zuruͤck bleiben, oder doch wenigſtens ſofort Gegenbeſcheinigungen beybringen, wenn er einmal wuͤßte, daß der Oberrichter allemal die Rechtsvermu- thung fuͤr den Unterrichter faſſen muͤßte, und ſich darinn durch keine bloße Erzaͤhlungen ſtoͤren laſſen duͤrfte?
Die vornehmſten Wahrheiten der Dorf- und Marken- und andrer Policeyordnungen: die Faͤlle und Maaſſen der Pfandun- gen, ſo zu Erhaltung eines Rechts geſchehen; ein kleines Re- giſter, wie bey entſtehenden Concurſen die Glaͤubiger geord-
net
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[284/0302]
Vorſchlag zu einer Practica
Eine Menge von Supplicanten, welche wegen entwende-
ten Holzes aus den gemeinen Holzungen beſtraft ſind, meldet
ſich jaͤhrlich um Nachlaß der Strafe, und gruͤndet ſich auf
eine beſcheinigte Armuth. Koͤnnte man dieſen nicht einmal
fuͤr alle ſagen, daß wenn die Obrigkeit auch noch ſo viel Mit-
leid mit ihnen hegte, es doch wider alle Vernunft ſey, in die-
ſem Stuͤcke die Entſchuldigung der Armuth gelten zu laſſen,
weil ſonſt gar keine gemeinen Holzungen erhalten werden koͤnn-
ten, und es eben die Armuth ſey, die man am mehrſten zu
beſtrafen haͤtte, weil reiche und vermoͤgende kein Holz ſtehlen
wuͤrden?
Wie viele Beſchwerden ließt man nicht in andern Ruͤgeſa-
chen, womit ſich die Partheyen vergebliche Muͤhe und Koſten
machen, und die ſie vermeiden koͤnnten, wenn in einem ſol-
chen Unterricht alle Ruͤgefaͤlle deutlich ausgedruckt, die Ur-
ſachen derſelben begreiflich angezeigt, und zugleich die Raͤthe
ertheilet waͤren, wie ſich die Beſchwerten allenfalls zu ver-
halten haͤtten; Wie mancher wuͤrde eine geringe Strafe, ſo
fern ſie keinen Einfluß auf ſeine Gerechtſame haͤtte, bezahlen
und verſchmerzen, wenn ihm in dem Unterricht deutlich gewie-
ſen waͤre, wie hoch ſich die Koſten beliefen, die er auf eine
mißliche Beſchwerde verwenden muͤßte? Wie mancher wuͤrde
mit einer weitlaͤuftigen Vorſtellung zuruͤck bleiben, oder doch
wenigſtens ſofort Gegenbeſcheinigungen beybringen, wenn er
einmal wuͤßte, daß der Oberrichter allemal die Rechtsvermu-
thung fuͤr den Unterrichter faſſen muͤßte, und ſich darinn durch
keine bloße Erzaͤhlungen ſtoͤren laſſen duͤrfte?
Die vornehmſten Wahrheiten der Dorf- und Marken- und
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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