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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Zur Beförderung einheimischer Wollenfabriken.
solche Art zu Unterröcken, täglichen Kleidungen für Kinder und
Unterfuttern gebraucht würde, könnte schlechterdings verbo-
ten, oder doch mit einer zweckmäßigen Auflage beschweret
werden; ich sollte glauben, alle Rasche, Chalons, Casiangs
und dergleichen glatte wollene Waaren könnten eine gleiche Ein-
schränkung ohne sonderliche Verletzung der menschlichen Eigen-
liebe und Freyheit erleiden; und auf diese Weise dächte ich, wäre
schon ein großes gewonnen.

Aber die Tücher und andre Waaren, welche mehr fürs Auge
als jene getragen werden, dürften Sie sagen, wollen sich auf
diese Weise nicht einschränken lassen. Gut! ich will dann eine
andre vorschlagen. Diese soll darinn bestehen, daß auf dem
Lande oder ausser der Hauptstadt von den Kaufleuten gar keine
andre Tücher als von einheimischen Fabriken geführet werden
dürfen. Wer denn feine Tücher haben will, mag nach der Haupt-
stadt gehen; die Kaufleute auf dem Lande hingegen werden so-
denn alle ihre Geschicklichkeit anwenden, ihren Kunden die einhei-
mischen Tücher angenehm zu machen, und die Fabriken wer-
den sich bemühen, ihnen solche Waare zu liefern, wie es die-
ser Absicht gemäß ist.

Scheint ihnen dieses für die Hauptstadt zu vortheilhaft: so
wollen wir noch eine Erweiterung machen; und diese könnte
darinn bestehen, daß den Kaufleuten auf dem Lande nur an
solchen Orten der Handel mit auswärtigen Tüchern, wovon
die Elle über einen Thaler steigt, erlaubt seyn sollte, wo
würkliche Fabriken vorhanden; und die Vorsteher derselben
den Kaufmann in seiner Handlung kontrolliren können. Hie-
durch würde einer Seits der Kaufmann genöthiget, die Aufnah-
me der Fabrik seines Orts zu befördern; und ander Seits würden
die Vorsteher des Wollenweberamts darauf achten können,
daß keine fremde Tücher, wovon die Elle unter einen Thaler

kommt,

Zur Befoͤrderung einheimiſcher Wollenfabriken.
ſolche Art zu Unterroͤcken, taͤglichen Kleidungen fuͤr Kinder und
Unterfuttern gebraucht wuͤrde, koͤnnte ſchlechterdings verbo-
ten, oder doch mit einer zweckmaͤßigen Auflage beſchweret
werden; ich ſollte glauben, alle Raſche, Chalons, Caſiangs
und dergleichen glatte wollene Waaren koͤnnten eine gleiche Ein-
ſchraͤnkung ohne ſonderliche Verletzung der menſchlichen Eigen-
liebe und Freyheit erleiden; und auf dieſe Weiſe daͤchte ich, waͤre
ſchon ein großes gewonnen.

Aber die Tuͤcher und andre Waaren, welche mehr fuͤrs Auge
als jene getragen werden, duͤrften Sie ſagen, wollen ſich auf
dieſe Weiſe nicht einſchraͤnken laſſen. Gut! ich will dann eine
andre vorſchlagen. Dieſe ſoll darinn beſtehen, daß auf dem
Lande oder auſſer der Hauptſtadt von den Kaufleuten gar keine
andre Tuͤcher als von einheimiſchen Fabriken gefuͤhret werden
duͤrfen. Wer denn feine Tuͤcher haben will, mag nach der Haupt-
ſtadt gehen; die Kaufleute auf dem Lande hingegen werden ſo-
denn alle ihre Geſchicklichkeit anwenden, ihren Kunden die einhei-
miſchen Tuͤcher angenehm zu machen, und die Fabriken wer-
den ſich bemuͤhen, ihnen ſolche Waare zu liefern, wie es die-
ſer Abſicht gemaͤß iſt.

Scheint ihnen dieſes fuͤr die Hauptſtadt zu vortheilhaft: ſo
wollen wir noch eine Erweiterung machen; und dieſe koͤnnte
darinn beſtehen, daß den Kaufleuten auf dem Lande nur an
ſolchen Orten der Handel mit auswaͤrtigen Tuͤchern, wovon
die Elle uͤber einen Thaler ſteigt, erlaubt ſeyn ſollte, wo
wuͤrkliche Fabriken vorhanden; und die Vorſteher derſelben
den Kaufmann in ſeiner Handlung kontrolliren koͤnnen. Hie-
durch wuͤrde einer Seits der Kaufmann genoͤthiget, die Aufnah-
me der Fabrik ſeines Orts zu befoͤrdern; und ander Seits wuͤrden
die Vorſteher des Wollenweberamts darauf achten koͤnnen,
daß keine fremde Tuͤcher, wovon die Elle unter einen Thaler

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[269/0287] Zur Befoͤrderung einheimiſcher Wollenfabriken. ſolche Art zu Unterroͤcken, taͤglichen Kleidungen fuͤr Kinder und Unterfuttern gebraucht wuͤrde, koͤnnte ſchlechterdings verbo- ten, oder doch mit einer zweckmaͤßigen Auflage beſchweret werden; ich ſollte glauben, alle Raſche, Chalons, Caſiangs und dergleichen glatte wollene Waaren koͤnnten eine gleiche Ein- ſchraͤnkung ohne ſonderliche Verletzung der menſchlichen Eigen- liebe und Freyheit erleiden; und auf dieſe Weiſe daͤchte ich, waͤre ſchon ein großes gewonnen. Aber die Tuͤcher und andre Waaren, welche mehr fuͤrs Auge als jene getragen werden, duͤrften Sie ſagen, wollen ſich auf dieſe Weiſe nicht einſchraͤnken laſſen. Gut! ich will dann eine andre vorſchlagen. Dieſe ſoll darinn beſtehen, daß auf dem Lande oder auſſer der Hauptſtadt von den Kaufleuten gar keine andre Tuͤcher als von einheimiſchen Fabriken gefuͤhret werden duͤrfen. Wer denn feine Tuͤcher haben will, mag nach der Haupt- ſtadt gehen; die Kaufleute auf dem Lande hingegen werden ſo- denn alle ihre Geſchicklichkeit anwenden, ihren Kunden die einhei- miſchen Tuͤcher angenehm zu machen, und die Fabriken wer- den ſich bemuͤhen, ihnen ſolche Waare zu liefern, wie es die- ſer Abſicht gemaͤß iſt. Scheint ihnen dieſes fuͤr die Hauptſtadt zu vortheilhaft: ſo wollen wir noch eine Erweiterung machen; und dieſe koͤnnte darinn beſtehen, daß den Kaufleuten auf dem Lande nur an ſolchen Orten der Handel mit auswaͤrtigen Tuͤchern, wovon die Elle uͤber einen Thaler ſteigt, erlaubt ſeyn ſollte, wo wuͤrkliche Fabriken vorhanden; und die Vorſteher derſelben den Kaufmann in ſeiner Handlung kontrolliren koͤnnen. Hie- durch wuͤrde einer Seits der Kaufmann genoͤthiget, die Aufnah- me der Fabrik ſeines Orts zu befoͤrdern; und ander Seits wuͤrden die Vorſteher des Wollenweberamts darauf achten koͤnnen, daß keine fremde Tuͤcher, wovon die Elle unter einen Thaler kommt,

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/287>, abgerufen am 26.08.2024.