Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Zur Beförderung einheimischer Wollenfabriken.
ken habe, mit welcher ein jeder auf dem Lande leben, handeln
und arbeiten könne.

Allein dieses alles beweiset nur, daß man die Sache mit
Anstande, Glimpf und Gedult betreiben, und die Einbildung
der Menschen so viel als möglich zu schonen suchen müsse.
Denn in dem Wunsche, daß alle Oßnabrückische Männer nur
Oßnabrückische Waaren tragen möchten, sind wir doch eins.
Wir sind eins, daß es eben der großen Bevölkerung halber
unendlich vortheilhaft seyn würde, wenn die Einwohner bey
den Fabriken ein Stück Brodt mehr gewinnen könnten, und
bey einer entstehenden Theurung nicht auf andrer Unkosten zu
leben gebrauchten. Wir sind darinn vermuthlich auch eins,
daß jeder Mensch jährlich wenigstens für 18 mgr. Wollenzeug
zu Kleidungsstücken gebrauchet, und daß von diesen 18 mgr.
die Hälfte für Spinn, und Webelohn, welches der Fremde
von uns verdient, aus dem Lande gehe, folglich der Verlust
im Ganzen wenigstens auf 30000 Rthlr. des Jahrs zu rech-
nen sey. Sollte nun aber kein Mittel seyn, die Erfüllung
dieses Wunsches auf eine Art zu erreichen, daß die Einbildung
des Menschen dabey nicht litte, und der Endzweck mit An-
stand, Glimpf und Gedult, so wie wir uns führen zu lassen
gewohnt sind, erreichet würde?

Stolz, Eigenliebe und Einbildung würden wenigstens über-
haupt nichts verlieren, wenn alle Flanelle, Düffels und der-
gleichen ungeschorne Futter oder Tücher von einheimischen
Fabriken genommen werden müßten. Die mehrsten tragen
schon lange davon, da sie in der Güte und dem Preise von
auswärtigen nicht unterschieden sind; und da in dieser Art
Waaren für den gemeinen Mann kein solcher glänzender Un-
terscheid ist, daß einer vor dem andern sich darinn hervorthun
könnte: so sollte ich glauben, alles fremde Gut, was auf

solche

Zur Befoͤrderung einheimiſcher Wollenfabriken.
ken habe, mit welcher ein jeder auf dem Lande leben, handeln
und arbeiten koͤnne.

Allein dieſes alles beweiſet nur, daß man die Sache mit
Anſtande, Glimpf und Gedult betreiben, und die Einbildung
der Menſchen ſo viel als moͤglich zu ſchonen ſuchen muͤſſe.
Denn in dem Wunſche, daß alle Oßnabruͤckiſche Maͤnner nur
Oßnabruͤckiſche Waaren tragen moͤchten, ſind wir doch eins.
Wir ſind eins, daß es eben der großen Bevoͤlkerung halber
unendlich vortheilhaft ſeyn wuͤrde, wenn die Einwohner bey
den Fabriken ein Stuͤck Brodt mehr gewinnen koͤnnten, und
bey einer entſtehenden Theurung nicht auf andrer Unkoſten zu
leben gebrauchten. Wir ſind darinn vermuthlich auch eins,
daß jeder Menſch jaͤhrlich wenigſtens fuͤr 18 mgr. Wollenzeug
zu Kleidungsſtuͤcken gebrauchet, und daß von dieſen 18 mgr.
die Haͤlfte fuͤr Spinn, und Webelohn, welches der Fremde
von uns verdient, aus dem Lande gehe, folglich der Verluſt
im Ganzen wenigſtens auf 30000 Rthlr. des Jahrs zu rech-
nen ſey. Sollte nun aber kein Mittel ſeyn, die Erfuͤllung
dieſes Wunſches auf eine Art zu erreichen, daß die Einbildung
des Menſchen dabey nicht litte, und der Endzweck mit An-
ſtand, Glimpf und Gedult, ſo wie wir uns fuͤhren zu laſſen
gewohnt ſind, erreichet wuͤrde?

Stolz, Eigenliebe und Einbildung wuͤrden wenigſtens uͤber-
haupt nichts verlieren, wenn alle Flanelle, Duͤffels und der-
gleichen ungeſchorne Futter oder Tuͤcher von einheimiſchen
Fabriken genommen werden muͤßten. Die mehrſten tragen
ſchon lange davon, da ſie in der Guͤte und dem Preiſe von
auswaͤrtigen nicht unterſchieden ſind; und da in dieſer Art
Waaren fuͤr den gemeinen Mann kein ſolcher glaͤnzender Un-
terſcheid iſt, daß einer vor dem andern ſich darinn hervorthun
koͤnnte: ſo ſollte ich glauben, alles fremde Gut, was auf

ſolche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0286" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zur Befo&#x0364;rderung einheimi&#x017F;cher Wollenfabriken.</hi></fw><lb/>
ken habe, mit welcher ein jeder auf dem Lande leben, handeln<lb/>
und arbeiten ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Allein die&#x017F;es alles bewei&#x017F;et nur, daß man die Sache mit<lb/>
An&#x017F;tande, Glimpf und Gedult betreiben, und die Einbildung<lb/>
der Men&#x017F;chen &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich zu &#x017F;chonen &#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
Denn in dem Wun&#x017F;che, daß alle Oßnabru&#x0364;cki&#x017F;che Ma&#x0364;nner nur<lb/>
Oßnabru&#x0364;cki&#x017F;che Waaren tragen mo&#x0364;chten, &#x017F;ind wir doch eins.<lb/>
Wir &#x017F;ind eins, daß es eben der großen Bevo&#x0364;lkerung halber<lb/>
unendlich vortheilhaft &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn die Einwohner bey<lb/>
den Fabriken ein Stu&#x0364;ck Brodt mehr gewinnen ko&#x0364;nnten, und<lb/>
bey einer ent&#x017F;tehenden Theurung nicht auf andrer Unko&#x017F;ten zu<lb/>
leben gebrauchten. Wir &#x017F;ind darinn vermuthlich auch eins,<lb/>
daß jeder Men&#x017F;ch ja&#x0364;hrlich wenig&#x017F;tens fu&#x0364;r 18 mgr. Wollenzeug<lb/>
zu Kleidungs&#x017F;tu&#x0364;cken gebrauchet, und daß von die&#x017F;en 18 mgr.<lb/>
die Ha&#x0364;lfte fu&#x0364;r Spinn, und Webelohn, welches der Fremde<lb/>
von uns verdient, aus dem Lande gehe, folglich der Verlu&#x017F;t<lb/>
im Ganzen wenig&#x017F;tens auf 30000 Rthlr. des Jahrs zu rech-<lb/>
nen &#x017F;ey. Sollte nun aber kein Mittel &#x017F;eyn, die Erfu&#x0364;llung<lb/>
die&#x017F;es Wun&#x017F;ches auf eine Art zu erreichen, daß die Einbildung<lb/>
des Men&#x017F;chen dabey nicht litte, und der Endzweck mit An-<lb/>
&#x017F;tand, Glimpf und Gedult, &#x017F;o wie wir uns fu&#x0364;hren zu la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
gewohnt &#x017F;ind, erreichet wu&#x0364;rde?</p><lb/>
        <p>Stolz, Eigenliebe und Einbildung wu&#x0364;rden wenig&#x017F;tens u&#x0364;ber-<lb/>
haupt nichts verlieren, wenn alle Flanelle, Du&#x0364;ffels und der-<lb/>
gleichen unge&#x017F;chorne Futter oder Tu&#x0364;cher von einheimi&#x017F;chen<lb/>
Fabriken genommen werden mu&#x0364;ßten. Die mehr&#x017F;ten tragen<lb/>
&#x017F;chon lange davon, da &#x017F;ie in der Gu&#x0364;te und dem Prei&#x017F;e von<lb/>
auswa&#x0364;rtigen nicht unter&#x017F;chieden &#x017F;ind; und da in die&#x017F;er Art<lb/>
Waaren fu&#x0364;r den gemeinen Mann kein &#x017F;olcher gla&#x0364;nzender Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid i&#x017F;t, daß einer vor dem andern &#x017F;ich darinn hervorthun<lb/>
ko&#x0364;nnte: &#x017F;o &#x017F;ollte ich glauben, alles fremde Gut, was auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;olche</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0286] Zur Befoͤrderung einheimiſcher Wollenfabriken. ken habe, mit welcher ein jeder auf dem Lande leben, handeln und arbeiten koͤnne. Allein dieſes alles beweiſet nur, daß man die Sache mit Anſtande, Glimpf und Gedult betreiben, und die Einbildung der Menſchen ſo viel als moͤglich zu ſchonen ſuchen muͤſſe. Denn in dem Wunſche, daß alle Oßnabruͤckiſche Maͤnner nur Oßnabruͤckiſche Waaren tragen moͤchten, ſind wir doch eins. Wir ſind eins, daß es eben der großen Bevoͤlkerung halber unendlich vortheilhaft ſeyn wuͤrde, wenn die Einwohner bey den Fabriken ein Stuͤck Brodt mehr gewinnen koͤnnten, und bey einer entſtehenden Theurung nicht auf andrer Unkoſten zu leben gebrauchten. Wir ſind darinn vermuthlich auch eins, daß jeder Menſch jaͤhrlich wenigſtens fuͤr 18 mgr. Wollenzeug zu Kleidungsſtuͤcken gebrauchet, und daß von dieſen 18 mgr. die Haͤlfte fuͤr Spinn, und Webelohn, welches der Fremde von uns verdient, aus dem Lande gehe, folglich der Verluſt im Ganzen wenigſtens auf 30000 Rthlr. des Jahrs zu rech- nen ſey. Sollte nun aber kein Mittel ſeyn, die Erfuͤllung dieſes Wunſches auf eine Art zu erreichen, daß die Einbildung des Menſchen dabey nicht litte, und der Endzweck mit An- ſtand, Glimpf und Gedult, ſo wie wir uns fuͤhren zu laſſen gewohnt ſind, erreichet wuͤrde? Stolz, Eigenliebe und Einbildung wuͤrden wenigſtens uͤber- haupt nichts verlieren, wenn alle Flanelle, Duͤffels und der- gleichen ungeſchorne Futter oder Tuͤcher von einheimiſchen Fabriken genommen werden muͤßten. Die mehrſten tragen ſchon lange davon, da ſie in der Guͤte und dem Preiſe von auswaͤrtigen nicht unterſchieden ſind; und da in dieſer Art Waaren fuͤr den gemeinen Mann kein ſolcher glaͤnzender Un- terſcheid iſt, daß einer vor dem andern ſich darinn hervorthun koͤnnte: ſo ſollte ich glauben, alles fremde Gut, was auf ſolche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/286
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/286>, abgerufen am 22.11.2024.