Indessen fühlt man doch hieraus den Grund, warum es vie- len Secten, welche nach diesem Plane gearbeitet haben, in verschiedenen Arten des Handels und der Fabriken, ja selbst im Ackerbau, wenn man auf die Mährischen Brüder, wel- che doppelte Landheuren bezahlen konnten, zurück geht, so vorzüglich weit gebracht haben. Die Hauptfrage aber, wor- über sich die Anhänger der Colberts und Mirabeaux streiten: ob nemlich der Handel oder der Ackerbau die erste Aufmerk- samkeit des Staats verdiene, wäre aber nun noch zu ent- scheiden; und wenn ich nach obigen Exempel schließen wollte, würde das Urtheil für den Handel ausfallen, mithin ein glücklicher Ackerbau nur alsdenn zu hoffen seyn, wenn der Handel sämtlichen Producten denjenigen Werth verschaffen kan, welcher dem Ackersmann seine Mühe genugsam belohnet.
Vielleicht wendet man aber ein, es sey hier ein Unterschied zwischen einem reichen und armen Boden zu machen, und ein gütlicher Vergleich dahin zu vermitteln, daß auf erstern der Ackerbau auf letztern aber der Handel die erste Aufmerksam- keit verdiene. Allein auch der reichste Boden wird immer noch mehr tragen, als er thut, wenn die Handlung die Ver- zehrung und den Werth der Früchte hebt, und den Landmann in den Stand setzet da Ananas zu bauen, wo er jetzt Kartof- feln zieht. Man weiß, daß die Einwohner zu Montreuil durch ihre Pfirschen einen einzigen Morgen Landes jährlich auf 6000 Livres nutzen; und daß in Pohlen, wo der Acker- bau ohne Handel getrieben wird, sechstausend Morgen nicht so viel reinen Gewinnst bringen.
Indessen ist freylich nicht zu leugnen, daß auf einem armen Boden Handlung und Gewerbe zur Verbesserung des Acker- baues nöthiger seyn als auf einem ergiebigen. Der Anbauer
des
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die erſte Sorge zur Bereicher. eines Landes ſeyn?
Indeſſen fuͤhlt man doch hieraus den Grund, warum es vie- len Secten, welche nach dieſem Plane gearbeitet haben, in verſchiedenen Arten des Handels und der Fabriken, ja ſelbſt im Ackerbau, wenn man auf die Maͤhriſchen Bruͤder, wel- che doppelte Landheuren bezahlen konnten, zuruͤck geht, ſo vorzuͤglich weit gebracht haben. Die Hauptfrage aber, wor- uͤber ſich die Anhaͤnger der Colberts und Mirabeaux ſtreiten: ob nemlich der Handel oder der Ackerbau die erſte Aufmerk- ſamkeit des Staats verdiene, waͤre aber nun noch zu ent- ſcheiden; und wenn ich nach obigen Exempel ſchließen wollte, wuͤrde das Urtheil fuͤr den Handel ausfallen, mithin ein gluͤcklicher Ackerbau nur alsdenn zu hoffen ſeyn, wenn der Handel ſaͤmtlichen Producten denjenigen Werth verſchaffen kan, welcher dem Ackersmann ſeine Muͤhe genugſam belohnet.
Vielleicht wendet man aber ein, es ſey hier ein Unterſchied zwiſchen einem reichen und armen Boden zu machen, und ein guͤtlicher Vergleich dahin zu vermitteln, daß auf erſtern der Ackerbau auf letztern aber der Handel die erſte Aufmerkſam- keit verdiene. Allein auch der reichſte Boden wird immer noch mehr tragen, als er thut, wenn die Handlung die Ver- zehrung und den Werth der Fruͤchte hebt, und den Landmann in den Stand ſetzet da Ananas zu bauen, wo er jetzt Kartof- feln zieht. Man weiß, daß die Einwohner zu Montreuil durch ihre Pfirſchen einen einzigen Morgen Landes jaͤhrlich auf 6000 Livres nutzen; und daß in Pohlen, wo der Acker- bau ohne Handel getrieben wird, ſechstauſend Morgen nicht ſo viel reinen Gewinnſt bringen.
Indeſſen iſt freylich nicht zu leugnen, daß auf einem armen Boden Handlung und Gewerbe zur Verbeſſerung des Acker- baues noͤthiger ſeyn als auf einem ergiebigen. Der Anbauer
des
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die erſte Sorge zur Bereicher. eines Landes ſeyn?
Indeſſen fuͤhlt man doch hieraus den Grund, warum es vie-
len Secten, welche nach dieſem Plane gearbeitet haben, in
verſchiedenen Arten des Handels und der Fabriken, ja ſelbſt
im Ackerbau, wenn man auf die Maͤhriſchen Bruͤder, wel-
che doppelte Landheuren bezahlen konnten, zuruͤck geht, ſo
vorzuͤglich weit gebracht haben. Die Hauptfrage aber, wor-
uͤber ſich die Anhaͤnger der Colberts und Mirabeaux ſtreiten:
ob nemlich der Handel oder der Ackerbau die erſte Aufmerk-
ſamkeit des Staats verdiene, waͤre aber nun noch zu ent-
ſcheiden; und wenn ich nach obigen Exempel ſchließen wollte,
wuͤrde das Urtheil fuͤr den Handel ausfallen, mithin ein
gluͤcklicher Ackerbau nur alsdenn zu hoffen ſeyn, wenn der
Handel ſaͤmtlichen Producten denjenigen Werth verſchaffen
kan, welcher dem Ackersmann ſeine Muͤhe genugſam
belohnet.
Vielleicht wendet man aber ein, es ſey hier ein Unterſchied
zwiſchen einem reichen und armen Boden zu machen, und ein
guͤtlicher Vergleich dahin zu vermitteln, daß auf erſtern der
Ackerbau auf letztern aber der Handel die erſte Aufmerkſam-
keit verdiene. Allein auch der reichſte Boden wird immer
noch mehr tragen, als er thut, wenn die Handlung die Ver-
zehrung und den Werth der Fruͤchte hebt, und den Landmann
in den Stand ſetzet da Ananas zu bauen, wo er jetzt Kartof-
feln zieht. Man weiß, daß die Einwohner zu Montreuil
durch ihre Pfirſchen einen einzigen Morgen Landes jaͤhrlich
auf 6000 Livres nutzen; und daß in Pohlen, wo der Acker-
bau ohne Handel getrieben wird, ſechstauſend Morgen nicht
ſo viel reinen Gewinnſt bringen.
Indeſſen iſt freylich nicht zu leugnen, daß auf einem armen
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/281>, abgerufen am 24.07.2024.
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