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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Also sollte man die römisch. Stipulationen
hat die Proceßsüchtige Praxis hier einen Absprung gewagt,
der um so viel unnöthiger ist, da es jedem, der es die Mühe
werth achtet, ohnehin frey steht, die Gemeinschaft vor der
Ehe auszuschließen, und des Eingebrachten halber die nöthige
Vorsicht zu nehmen.

Allein der Richter kan hier, nachdem die Gewohnheit zum
Gesetze geworden, nichts ändern. Der Gesetzgeber muß es
thun.



XXXIII.
Also sollte man die römischen Stipulatio-
nen wieder einführen.

Es geht mir recht übel in der Welt; ich habe einem gewis-
sen Frauenzimmer, mit dem ich etwas zu vertrauet
wurde, in aller Geschwindigkeit die Ehezugeflüstert, und nun
bin ich deshalb gerichtlich belangt. Einem Herrn, der mich
zu einer Mahlzeit begehret, und sehr viele Höflichkeit erwie-
sen, habe ich tausend Thaler zu leihen versprochen; und er
droht mich mit einer Klage, wenn ich nicht Wort halte.
Noch habe ich jemanden zugesagt, daß ich ihm mein Haus
vor einem andern vermiethen wollte, so bald es ledig würde;
und ich bin würklich vom Richter verdammt mein Wort zu
halten; ist das nicht grausam? und sollten die Gesetze dieses
gestatten?

Die Römer, dieses kluge Volck, das die Welt kannte,
und wuste was Complimente waren, machten einen Unter-
scheid unter bloße Versprechungen, und unter solche, welche

auf-

Alſo ſollte man die roͤmiſch. Stipulationen
hat die Proceßſuͤchtige Praxis hier einen Abſprung gewagt,
der um ſo viel unnoͤthiger iſt, da es jedem, der es die Muͤhe
werth achtet, ohnehin frey ſteht, die Gemeinſchaft vor der
Ehe auszuſchließen, und des Eingebrachten halber die noͤthige
Vorſicht zu nehmen.

Allein der Richter kan hier, nachdem die Gewohnheit zum
Geſetze geworden, nichts aͤndern. Der Geſetzgeber muß es
thun.



XXXIII.
Alſo ſollte man die roͤmiſchen Stipulatio-
nen wieder einfuͤhren.

Es geht mir recht uͤbel in der Welt; ich habe einem gewiſ-
ſen Frauenzimmer, mit dem ich etwas zu vertrauet
wurde, in aller Geſchwindigkeit die Ehezugefluͤſtert, und nun
bin ich deshalb gerichtlich belangt. Einem Herrn, der mich
zu einer Mahlzeit begehret, und ſehr viele Hoͤflichkeit erwie-
ſen, habe ich tauſend Thaler zu leihen verſprochen; und er
droht mich mit einer Klage, wenn ich nicht Wort halte.
Noch habe ich jemanden zugeſagt, daß ich ihm mein Haus
vor einem andern vermiethen wollte, ſo bald es ledig wuͤrde;
und ich bin wuͤrklich vom Richter verdammt mein Wort zu
halten; iſt das nicht grauſam? und ſollten die Geſetze dieſes
geſtatten?

Die Roͤmer, dieſes kluge Volck, das die Welt kannte,
und wuſte was Complimente waren, machten einen Unter-
ſcheid unter bloße Verſprechungen, und unter ſolche, welche

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[248/0266] Alſo ſollte man die roͤmiſch. Stipulationen hat die Proceßſuͤchtige Praxis hier einen Abſprung gewagt, der um ſo viel unnoͤthiger iſt, da es jedem, der es die Muͤhe werth achtet, ohnehin frey ſteht, die Gemeinſchaft vor der Ehe auszuſchließen, und des Eingebrachten halber die noͤthige Vorſicht zu nehmen. Allein der Richter kan hier, nachdem die Gewohnheit zum Geſetze geworden, nichts aͤndern. Der Geſetzgeber muß es thun. XXXIII. Alſo ſollte man die roͤmiſchen Stipulatio- nen wieder einfuͤhren. Es geht mir recht uͤbel in der Welt; ich habe einem gewiſ- ſen Frauenzimmer, mit dem ich etwas zu vertrauet wurde, in aller Geſchwindigkeit die Ehezugefluͤſtert, und nun bin ich deshalb gerichtlich belangt. Einem Herrn, der mich zu einer Mahlzeit begehret, und ſehr viele Hoͤflichkeit erwie- ſen, habe ich tauſend Thaler zu leihen verſprochen; und er droht mich mit einer Klage, wenn ich nicht Wort halte. Noch habe ich jemanden zugeſagt, daß ich ihm mein Haus vor einem andern vermiethen wollte, ſo bald es ledig wuͤrde; und ich bin wuͤrklich vom Richter verdammt mein Wort zu halten; iſt das nicht grauſam? und ſollten die Geſetze dieſes geſtatten? Die Roͤmer, dieſes kluge Volck, das die Welt kannte, und wuſte was Complimente waren, machten einen Unter- ſcheid unter bloße Verſprechungen, und unter ſolche, welche auf-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/266>, abgerufen am 23.11.2024.