Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.für den Zinscontract wieder einführen. tung ist die ganze feine Philosophie unsers ehmaligen Concurs-oder Aeusserprocesses. Man konnte kein Grundstück äussern ohne Siegel und Briefe darauf zu haben. Ein Darlehen auf einen Wechsel, oder dieselbe Summe in baaren Gelde reichte dazu nicht hin. Eben dieses geschahe in jener Colonie. Was hier nicht anders als auf Siegel und Briefe geschehen konnte, geschahe dort nicht anders als auf ein Blatt in der Bank; und man sieht wohl, daß die Banko die Gerichts- stube, und das Blatt das gerichtliche Document sey. Auf Mundsprache, Wechsel und dergleichen Schulden kömmt es zur Pfändung beweglicher Güter. Also werden diese blos mit baarem Gelde bezahlt, und durch ein gerichtliches Docu- ment nicht repräsentirt. Zwar werden in unsern neuern ge- richtlichen Documenten auch bewegliche Güter verschrieben. Allein dieses ist eine elende neuere Erfindung, die ihre Tücke im Concursproceß zeigt; die die Gläubiger, welche auf be- wegliches Unterpfand geborgt, mit denen zusammen hetzt, die Siegel und Briefe haben, und die elendeste Verwirrung unter den Rechtsgelehrten angerichtet hat. Ein ungelehrter Gläubiger der sein bewegliches Unterpfand in Händen hat, kan es bis in diese Stunde nicht begreifen woher es rühre, daß er solches zum Concurs liefern müsse. Er fühlt aus einem von seinen Vorfahren ererbten Begriffe, daß dieses gegen die Vernunft sey; und kein Gesetzgeber sollte zugeben, daß be- wegliche Güter, den Fall wenn sie in eine öffentliche Bank gelegt, und folglich unbeweglich gemacht werden, ausgenom- men, durch Siegel und Briefe repräsentiret würden. Unsre Rechtsgelehrten, die von dem Unterscheide des pignoris und der hypothecae handeln, tappen im dunkeln, so lange sie nicht auf den grossen Plan jener Colonie zurückgehen. Der Bankschreiber, der jemanden ein Folio auf bewegliches Ver- mögen gegeben hätte, ohne sich dieses einliefern zu lassen; oder um P 2
fuͤr den Zinscontract wieder einfuͤhren. tung iſt die ganze feine Philoſophie unſers ehmaligen Concurs-oder Aeuſſerproceſſes. Man konnte kein Grundſtuͤck aͤuſſern ohne Siegel und Briefe darauf zu haben. Ein Darlehen auf einen Wechſel, oder dieſelbe Summe in baaren Gelde reichte dazu nicht hin. Eben dieſes geſchahe in jener Colonie. Was hier nicht anders als auf Siegel und Briefe geſchehen konnte, geſchahe dort nicht anders als auf ein Blatt in der Bank; und man ſieht wohl, daß die Banko die Gerichts- ſtube, und das Blatt das gerichtliche Document ſey. Auf Mundſprache, Wechſel und dergleichen Schulden koͤmmt es zur Pfaͤndung beweglicher Guͤter. Alſo werden dieſe blos mit baarem Gelde bezahlt, und durch ein gerichtliches Docu- ment nicht repraͤſentirt. Zwar werden in unſern neuern ge- richtlichen Documenten auch bewegliche Guͤter verſchrieben. Allein dieſes iſt eine elende neuere Erfindung, die ihre Tuͤcke im Concursproceß zeigt; die die Glaͤubiger, welche auf be- wegliches Unterpfand geborgt, mit denen zuſammen hetzt, die Siegel und Briefe haben, und die elendeſte Verwirrung unter den Rechtsgelehrten angerichtet hat. Ein ungelehrter Glaͤubiger der ſein bewegliches Unterpfand in Haͤnden hat, kan es bis in dieſe Stunde nicht begreifen woher es ruͤhre, daß er ſolches zum Concurs liefern muͤſſe. Er fuͤhlt aus einem von ſeinen Vorfahren ererbten Begriffe, daß dieſes gegen die Vernunft ſey; und kein Geſetzgeber ſollte zugeben, daß be- wegliche Guͤter, den Fall wenn ſie in eine oͤffentliche Bank gelegt, und folglich unbeweglich gemacht werden, ausgenom- men, durch Siegel und Briefe repraͤſentiret wuͤrden. Unſre Rechtsgelehrten, die von dem Unterſcheide des pignoris und der hypothecae handeln, tappen im dunkeln, ſo lange ſie nicht auf den groſſen Plan jener Colonie zuruͤckgehen. Der Bankſchreiber, der jemanden ein Folio auf bewegliches Ver- moͤgen gegeben haͤtte, ohne ſich dieſes einliefern zu laſſen; oder um P 2
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fuͤr den Zinscontract wieder einfuͤhren.
tung iſt die ganze feine Philoſophie unſers ehmaligen Concurs-
oder Aeuſſerproceſſes. Man konnte kein Grundſtuͤck aͤuſſern
ohne Siegel und Briefe darauf zu haben. Ein Darlehen
auf einen Wechſel, oder dieſelbe Summe in baaren Gelde
reichte dazu nicht hin. Eben dieſes geſchahe in jener Colonie.
Was hier nicht anders als auf Siegel und Briefe geſchehen
konnte, geſchahe dort nicht anders als auf ein Blatt in der
Bank; und man ſieht wohl, daß die Banko die Gerichts-
ſtube, und das Blatt das gerichtliche Document ſey. Auf
Mundſprache, Wechſel und dergleichen Schulden koͤmmt es
zur Pfaͤndung beweglicher Guͤter. Alſo werden dieſe blos
mit baarem Gelde bezahlt, und durch ein gerichtliches Docu-
ment nicht repraͤſentirt. Zwar werden in unſern neuern ge-
richtlichen Documenten auch bewegliche Guͤter verſchrieben.
Allein dieſes iſt eine elende neuere Erfindung, die ihre Tuͤcke
im Concursproceß zeigt; die die Glaͤubiger, welche auf be-
wegliches Unterpfand geborgt, mit denen zuſammen hetzt,
die Siegel und Briefe haben, und die elendeſte Verwirrung
unter den Rechtsgelehrten angerichtet hat. Ein ungelehrter
Glaͤubiger der ſein bewegliches Unterpfand in Haͤnden hat, kan
es bis in dieſe Stunde nicht begreifen woher es ruͤhre, daß
er ſolches zum Concurs liefern muͤſſe. Er fuͤhlt aus einem
von ſeinen Vorfahren ererbten Begriffe, daß dieſes gegen die
Vernunft ſey; und kein Geſetzgeber ſollte zugeben, daß be-
wegliche Guͤter, den Fall wenn ſie in eine oͤffentliche Bank
gelegt, und folglich unbeweglich gemacht werden, ausgenom-
men, durch Siegel und Briefe repraͤſentiret wuͤrden. Unſre
Rechtsgelehrten, die von dem Unterſcheide des pignoris und
der hypothecae handeln, tappen im dunkeln, ſo lange ſie
nicht auf den groſſen Plan jener Colonie zuruͤckgehen. Der
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