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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Gedanken über den Stillestand
tung des Hofes, des Hofgewehres und eines unglücklichen
Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Wesen daran
gelegen, daß alle Höfe tüchtig besetzt und zur Zeit der Noth
so wenig entblösset als ausgespannet seyn mögen. So noth-
wendig und billig nun auch diese gesetzmäßige Vorsorge ist,
besonders in den Gegenden, wo nach einer vorgegangenen
Abäusserung, sich nicht sogleich neue Wirthe finden, die mit
einem Feld- und Viehinventarium wieder aufziehen und sich
eigen geben wollen: so häufig sind dennoch die Fälle, wo die
desfalls vorhandenen heilsamen Verordnungen und die besten
Absichten nicht zum Zwecke würken.

Der erste Fall ist insgemein, daß zwey oder drey der
mächtigsten Gläubiger, welche die andern überstimmen kön-
nen, mit dem Schuldner heimlich zusammen setzen, ihm durch
die Mehrheit ihrer Forderungen einen Stillestand gegen alle
übrige verschaffen, und hernach, wenn allen andern die Hän-
de gebunden, den Schuldner allein rupfen. Dieser bringt
sodenn jährlich zum Schein nach der Mehrheit gewonnener
Stimmen ein gewisses auf, und die mächtigen ziehen neben-
her ihre völligen und vielleicht gar wucherlichen Zinsen.

Nun hat es zwar seine anscheinende Richtigkeit, daß der
Schuldner sich solchergestalt den mächtigern verbindlich ma-
chen könne, indem ihm während dem Stillestande die Ver-
waltung seines Hofes vertrauet wird, und er, wenn er das
verglichene richtig bezahlt, das übrige verzehren, verschenken
und folglich auch nach Gefallen einigen ihn begünstigenden
Gläubigern bezahlen kan.

In der That liegt hier aber ein gedoppelter Betrug zum
Grunde; der eine welchen der mächtigere Gläubiger in An-
sehung seiner Mitgläubiger begeht; und der andre, dessen
der Richter sich selbst mit schuldig macht, indem auf den Fall,

da

Gedanken uͤber den Stilleſtand
tung des Hofes, des Hofgewehres und eines ungluͤcklichen
Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Weſen daran
gelegen, daß alle Hoͤfe tuͤchtig beſetzt und zur Zeit der Noth
ſo wenig entbloͤſſet als ausgeſpannet ſeyn moͤgen. So noth-
wendig und billig nun auch dieſe geſetzmaͤßige Vorſorge iſt,
beſonders in den Gegenden, wo nach einer vorgegangenen
Abaͤuſſerung, ſich nicht ſogleich neue Wirthe finden, die mit
einem Feld- und Viehinventarium wieder aufziehen und ſich
eigen geben wollen: ſo haͤufig ſind dennoch die Faͤlle, wo die
desfalls vorhandenen heilſamen Verordnungen und die beſten
Abſichten nicht zum Zwecke wuͤrken.

Der erſte Fall iſt insgemein, daß zwey oder drey der
maͤchtigſten Glaͤubiger, welche die andern uͤberſtimmen koͤn-
nen, mit dem Schuldner heimlich zuſammen ſetzen, ihm durch
die Mehrheit ihrer Forderungen einen Stilleſtand gegen alle
uͤbrige verſchaffen, und hernach, wenn allen andern die Haͤn-
de gebunden, den Schuldner allein rupfen. Dieſer bringt
ſodenn jaͤhrlich zum Schein nach der Mehrheit gewonnener
Stimmen ein gewiſſes auf, und die maͤchtigen ziehen neben-
her ihre voͤlligen und vielleicht gar wucherlichen Zinſen.

Nun hat es zwar ſeine anſcheinende Richtigkeit, daß der
Schuldner ſich ſolchergeſtalt den maͤchtigern verbindlich ma-
chen koͤnne, indem ihm waͤhrend dem Stilleſtande die Ver-
waltung ſeines Hofes vertrauet wird, und er, wenn er das
verglichene richtig bezahlt, das uͤbrige verzehren, verſchenken
und folglich auch nach Gefallen einigen ihn beguͤnſtigenden
Glaͤubigern bezahlen kan.

In der That liegt hier aber ein gedoppelter Betrug zum
Grunde; der eine welchen der maͤchtigere Glaͤubiger in An-
ſehung ſeiner Mitglaͤubiger begeht; und der andre, deſſen
der Richter ſich ſelbſt mit ſchuldig macht, indem auf den Fall,

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[216/0234] Gedanken uͤber den Stilleſtand tung des Hofes, des Hofgewehres und eines ungluͤcklichen Unterthanen gerichtet, indem dem gemeinen Weſen daran gelegen, daß alle Hoͤfe tuͤchtig beſetzt und zur Zeit der Noth ſo wenig entbloͤſſet als ausgeſpannet ſeyn moͤgen. So noth- wendig und billig nun auch dieſe geſetzmaͤßige Vorſorge iſt, beſonders in den Gegenden, wo nach einer vorgegangenen Abaͤuſſerung, ſich nicht ſogleich neue Wirthe finden, die mit einem Feld- und Viehinventarium wieder aufziehen und ſich eigen geben wollen: ſo haͤufig ſind dennoch die Faͤlle, wo die desfalls vorhandenen heilſamen Verordnungen und die beſten Abſichten nicht zum Zwecke wuͤrken. Der erſte Fall iſt insgemein, daß zwey oder drey der maͤchtigſten Glaͤubiger, welche die andern uͤberſtimmen koͤn- nen, mit dem Schuldner heimlich zuſammen ſetzen, ihm durch die Mehrheit ihrer Forderungen einen Stilleſtand gegen alle uͤbrige verſchaffen, und hernach, wenn allen andern die Haͤn- de gebunden, den Schuldner allein rupfen. Dieſer bringt ſodenn jaͤhrlich zum Schein nach der Mehrheit gewonnener Stimmen ein gewiſſes auf, und die maͤchtigen ziehen neben- her ihre voͤlligen und vielleicht gar wucherlichen Zinſen. Nun hat es zwar ſeine anſcheinende Richtigkeit, daß der Schuldner ſich ſolchergeſtalt den maͤchtigern verbindlich ma- chen koͤnne, indem ihm waͤhrend dem Stilleſtande die Ver- waltung ſeines Hofes vertrauet wird, und er, wenn er das verglichene richtig bezahlt, das uͤbrige verzehren, verſchenken und folglich auch nach Gefallen einigen ihn beguͤnſtigenden Glaͤubigern bezahlen kan. In der That liegt hier aber ein gedoppelter Betrug zum Grunde; der eine welchen der maͤchtigere Glaͤubiger in An- ſehung ſeiner Mitglaͤubiger begeht; und der andre, deſſen der Richter ſich ſelbſt mit ſchuldig macht, indem auf den Fall, da

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/234>, abgerufen am 28.11.2024.