Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Gedanken von dem Ursprunge und Nutzen
Die freyen hingegen verbiestern, weil vor ihrer Wahl kein
Schutzherr einiges Recht über sie hat; und diesem folglich
nichts entgeht, wenn der Landesherr ihren Nachlaß zu sich
nimmt. Sie heissen daher Churmündige oder Churechten a),
weil sie sich ihre Hode mundium, oder Echte nach Gefallen
wählen können. Jedoch verhält es sich mit den Necessair-
freyen anders, als welche Zwangmündig oder Zwangecht sind,
folglich an eine nahmhafte Hode gebunden sind. Diese wür-
den auf den Fall, da sie die Einschreibung versäumeten, nicht
verbiestern, sondern verballmünden, wenn ein anderer als der

Lan-
sein ganzer Sterbfall zwar verfallen, aber nicht dem Lan-
desherrn sondern dem Domcapitul als Hofesherrn. Letz-
ters ist verballmünden, ersters aber verbiestern. Die Ur-
sache warum Hausgenossen nicht verbiestern, ist offenbar
diese, weil sonst der Hofesherr, der ein jus quaesitum
auf die Einschreibung hatte, solches injuria & incuria
Coloni
verlieren würde
a) In der alten Mark Brandenburg giebt es Corecti und
Gerken schreibt davon in diplom. vet. March. Brand.
S. 15. Die Erklärung des Worts Corecti habe in
den
Glossatoribus vergeblich gesucht; vermuthlich
aber sind darunter Cossanten gemeint, weil von
Bauern die Rede ist, und dabey steht,
qui manfos
non habuerunt.
Sollte man wohl glauben, daß die
Wahlhode oder die Churecht, welche zur ersten Kenntniß
des status hominium in Deutschland gehört, und sich
durch ganz Europa erstreckt hat, dermassen verdunkelt
werden können? Si mansos habuissent: so würden sie
von diesem ihren Heerbannsgute in der Vogteyrolle, oder
aber wenn diese verdunkelt, als Sonderleute in dem be-
sondern Schutze ihrer dem Vaterland für das Sundergut
verpflichteten Gutsherrn gestanden haben.

Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen
Die freyen hingegen verbieſtern, weil vor ihrer Wahl kein
Schutzherr einiges Recht uͤber ſie hat; und dieſem folglich
nichts entgeht, wenn der Landesherr ihren Nachlaß zu ſich
nimmt. Sie heiſſen daher Churmuͤndige oder Churechten a),
weil ſie ſich ihre Hode mundium, oder Echte nach Gefallen
waͤhlen koͤnnen. Jedoch verhaͤlt es ſich mit den Neceſſair-
freyen anders, als welche Zwangmuͤndig oder Zwangecht ſind,
folglich an eine nahmhafte Hode gebunden ſind. Dieſe wuͤr-
den auf den Fall, da ſie die Einſchreibung verſaͤumeten, nicht
verbieſtern, ſondern verballmuͤnden, wenn ein anderer als der

Lan-
ſein ganzer Sterbfall zwar verfallen, aber nicht dem Lan-
desherrn ſondern dem Domcapitul als Hofesherrn. Letz-
ters iſt verballmuͤnden, erſters aber verbieſtern. Die Ur-
ſache warum Hausgenoſſen nicht verbieſtern, iſt offenbar
dieſe, weil ſonſt der Hofesherr, der ein jus quæſitum
auf die Einſchreibung hatte, ſolches injuria & incuria
Coloni
verlieren wuͤrde
a) In der alten Mark Brandenburg giebt es Corecti und
Gerken ſchreibt davon in diplom. vet. March. Brand.
S. 15. Die Erklärung des Worts Corecti habe in
den
Gloſſatoribus vergeblich geſucht; vermuthlich
aber ſind darunter Coſſanten gemeint, weil von
Bauern die Rede iſt, und dabey ſteht,
qui manfos
non habuerunt.
Sollte man wohl glauben, daß die
Wahlhode oder die Churecht, welche zur erſten Kenntniß
des ſtatus hominium in Deutſchland gehoͤrt, und ſich
durch ganz Europa erſtreckt hat, dermaſſen verdunkelt
werden koͤnnen? Si manſos habuiſſent: ſo wuͤrden ſie
von dieſem ihren Heerbannsgute in der Vogteyrolle, oder
aber wenn dieſe verdunkelt, als Sonderleute in dem be-
ſondern Schutze ihrer dem Vaterland fuͤr das Sundergut
verpflichteten Gutsherrn geſtanden haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gedanken von dem Ur&#x017F;prunge und Nutzen</hi></fw><lb/>
Die freyen hingegen verbie&#x017F;tern, weil vor ihrer Wahl kein<lb/>
Schutzherr einiges Recht u&#x0364;ber &#x017F;ie hat; und die&#x017F;em folglich<lb/>
nichts entgeht, wenn der Landesherr ihren Nachlaß zu &#x017F;ich<lb/>
nimmt. Sie hei&#x017F;&#x017F;en daher Churmu&#x0364;ndige oder Churechten <note place="foot" n="a)">In der alten Mark Brandenburg giebt es <hi rendition="#aq">Corecti</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Gerken</hi> &#x017F;chreibt davon <hi rendition="#aq">in diplom. vet. March. Brand.</hi><lb/>
S. 15. <hi rendition="#fr">Die Erklärung des Worts</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Corecti</hi></hi> <hi rendition="#fr">habe in<lb/>
den</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Glo&#x017F;&#x017F;atoribus</hi></hi> <hi rendition="#fr">vergeblich ge&#x017F;ucht; vermuthlich<lb/>
aber &#x017F;ind darunter Co&#x017F;&#x017F;anten gemeint, weil von<lb/>
Bauern die Rede i&#x017F;t, und dabey &#x017F;teht,</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">qui manfos<lb/>
non habuerunt.</hi></hi> Sollte man wohl glauben, daß die<lb/><hi rendition="#fr">Wahlhode</hi> oder die <hi rendition="#fr">Churecht,</hi> welche zur er&#x017F;ten Kenntniß<lb/>
des <hi rendition="#aq">&#x017F;tatus hominium</hi> in Deut&#x017F;chland geho&#x0364;rt, und &#x017F;ich<lb/>
durch ganz Europa er&#x017F;treckt hat, derma&#x017F;&#x017F;en verdunkelt<lb/>
werden ko&#x0364;nnen? <hi rendition="#aq">Si man&#x017F;os habui&#x017F;&#x017F;ent:</hi> &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie<lb/>
von die&#x017F;em ihren Heerbannsgute in der Vogteyrolle, oder<lb/>
aber wenn die&#x017F;e verdunkelt, als Sonderleute in dem be-<lb/>
&#x017F;ondern Schutze ihrer dem Vaterland fu&#x0364;r das Sundergut<lb/>
verpflichteten Gutsherrn ge&#x017F;tanden haben.</note>,<lb/>
weil &#x017F;ie &#x017F;ich ihre <hi rendition="#fr">Hode</hi> <hi rendition="#aq">mundium,</hi> oder <hi rendition="#fr">Echte</hi> nach Gefallen<lb/>
wa&#x0364;hlen ko&#x0364;nnen. Jedoch verha&#x0364;lt es &#x017F;ich mit den Nece&#x017F;&#x017F;air-<lb/>
freyen anders, als welche Zwangmu&#x0364;ndig oder Zwangecht &#x017F;ind,<lb/>
folglich an eine nahmhafte Hode gebunden &#x017F;ind. Die&#x017F;e wu&#x0364;r-<lb/>
den auf den Fall, da &#x017F;ie die Ein&#x017F;chreibung ver&#x017F;a&#x0364;umeten, nicht<lb/>
verbie&#x017F;tern, &#x017F;ondern verballmu&#x0364;nden, wenn ein anderer als der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lan-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_4_2" prev="#seg2pn_4_1" place="foot" n="b)">&#x017F;ein ganzer Sterbfall zwar verfallen, aber nicht dem Lan-<lb/>
desherrn &#x017F;ondern dem Domcapitul als Hofesherrn. Letz-<lb/>
ters i&#x017F;t verballmu&#x0364;nden, er&#x017F;ters aber verbie&#x017F;tern. Die Ur-<lb/>
&#x017F;ache warum Hausgeno&#x017F;&#x017F;en nicht verbie&#x017F;tern, i&#x017F;t offenbar<lb/>
die&#x017F;e, weil &#x017F;on&#x017F;t der Hofesherr, der ein <hi rendition="#aq">jus quæ&#x017F;itum</hi><lb/>
auf die Ein&#x017F;chreibung hatte, &#x017F;olches <hi rendition="#aq">injuria &amp; incuria<lb/>
Coloni</hi> verlieren wu&#x0364;rde</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0216] Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen Die freyen hingegen verbieſtern, weil vor ihrer Wahl kein Schutzherr einiges Recht uͤber ſie hat; und dieſem folglich nichts entgeht, wenn der Landesherr ihren Nachlaß zu ſich nimmt. Sie heiſſen daher Churmuͤndige oder Churechten a), weil ſie ſich ihre Hode mundium, oder Echte nach Gefallen waͤhlen koͤnnen. Jedoch verhaͤlt es ſich mit den Neceſſair- freyen anders, als welche Zwangmuͤndig oder Zwangecht ſind, folglich an eine nahmhafte Hode gebunden ſind. Dieſe wuͤr- den auf den Fall, da ſie die Einſchreibung verſaͤumeten, nicht verbieſtern, ſondern verballmuͤnden, wenn ein anderer als der Lan- b) a) In der alten Mark Brandenburg giebt es Corecti und Gerken ſchreibt davon in diplom. vet. March. Brand. S. 15. Die Erklärung des Worts Corecti habe in den Gloſſatoribus vergeblich geſucht; vermuthlich aber ſind darunter Coſſanten gemeint, weil von Bauern die Rede iſt, und dabey ſteht, qui manfos non habuerunt. Sollte man wohl glauben, daß die Wahlhode oder die Churecht, welche zur erſten Kenntniß des ſtatus hominium in Deutſchland gehoͤrt, und ſich durch ganz Europa erſtreckt hat, dermaſſen verdunkelt werden koͤnnen? Si manſos habuiſſent: ſo wuͤrden ſie von dieſem ihren Heerbannsgute in der Vogteyrolle, oder aber wenn dieſe verdunkelt, als Sonderleute in dem be- ſondern Schutze ihrer dem Vaterland fuͤr das Sundergut verpflichteten Gutsherrn geſtanden haben. b) ſein ganzer Sterbfall zwar verfallen, aber nicht dem Lan- desherrn ſondern dem Domcapitul als Hofesherrn. Letz- ters iſt verballmuͤnden, erſters aber verbieſtern. Die Ur- ſache warum Hausgenoſſen nicht verbieſtern, iſt offenbar dieſe, weil ſonſt der Hofesherr, der ein jus quæſitum auf die Einſchreibung hatte, ſolches injuria & incuria Coloni verlieren wuͤrde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/216
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/216>, abgerufen am 24.11.2024.