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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Also sind die unbest. Leibeigenthumsgefälle
3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankommen
lassen, sondern wenn er erst weis, daß das Ersparte sei-
nen Erben zu statten kömmt, immer etwas zu Bezah-
lung künftiger Sterbfälle und Auffahrten zurücklegen;
und da ist es, wo nicht besser und sicherer, doch gewiß
gleichgültig, ob er solches in seinen Schrank legt, oder
seinem Gutsherrn auf Abschlag bezahlt. Es geht auch
4) einem Gutsherrn nichts dabey verlohren. Denn da
man annehmen kan, daß von 25 Leibeignen jährlich ei-
ner einen Sterbfall oder eine Auffahrt zu dingen haben
würde: so wird ihm nichts dadurch abgehn, wenn nach
der neuen Einrichtung die 25 zusammen eben so viel des
Jahrs bezahlen, als jährlich einer aufgebracht haben
würde. Für solche Gutsherrn aber, die
5) ihre Leibeignen nur für ihre Person, und nicht für ihre
Erben, auch wohl nur bey gewissen Commenden, Pfrün-
den und Beneficien besitzen, würde die neue Einrichtung
unstreitig besonders gut seyn, weil sie allemal ihr Gewis-
sen frey haben, und den wahren oder falschen Vorwurf
vermeiden könnten, daß sie ihre Leibeignen, zum Nach-
theil ihrer Dienst- Lehn- oder Fideicommißfolger, ausge-
plündert hätten. Nicht zu gedenken, daß auch
6) dem zeitigen Besitzer solcher Leibeignen die Gelegenheit
benommen würde, seinem Nachfolger zum Schaden,
Auffahrten, Sterbfälle und Freybriefe in voraus dingen
zu lassen, und diesem solchergestalt das Geld vor der Nase
wegzuziehen. Wenigstens würde man
7) nie von einem solchen Processe, wie vor einigen Jah-
ren geführet wurde, wieder hören, da die Erben eines
solchen Gutsherrn, welcher seinem Leibeignen befohlen
hatte,
Alſo ſind die unbeſt. Leibeigenthumsgefaͤlle
3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankommen
laſſen, ſondern wenn er erſt weis, daß das Erſparte ſei-
nen Erben zu ſtatten koͤmmt, immer etwas zu Bezah-
lung kuͤnftiger Sterbfaͤlle und Auffahrten zuruͤcklegen;
und da iſt es, wo nicht beſſer und ſicherer, doch gewiß
gleichguͤltig, ob er ſolches in ſeinen Schrank legt, oder
ſeinem Gutsherrn auf Abſchlag bezahlt. Es geht auch
4) einem Gutsherrn nichts dabey verlohren. Denn da
man annehmen kan, daß von 25 Leibeignen jaͤhrlich ei-
ner einen Sterbfall oder eine Auffahrt zu dingen haben
wuͤrde: ſo wird ihm nichts dadurch abgehn, wenn nach
der neuen Einrichtung die 25 zuſammen eben ſo viel des
Jahrs bezahlen, als jaͤhrlich einer aufgebracht haben
wuͤrde. Fuͤr ſolche Gutsherrn aber, die
5) ihre Leibeignen nur fuͤr ihre Perſon, und nicht fuͤr ihre
Erben, auch wohl nur bey gewiſſen Commenden, Pfruͤn-
den und Beneficien beſitzen, wuͤrde die neue Einrichtung
unſtreitig beſonders gut ſeyn, weil ſie allemal ihr Gewiſ-
ſen frey haben, und den wahren oder falſchen Vorwurf
vermeiden koͤnnten, daß ſie ihre Leibeignen, zum Nach-
theil ihrer Dienſt- Lehn- oder Fideicommißfolger, ausge-
pluͤndert haͤtten. Nicht zu gedenken, daß auch
6) dem zeitigen Beſitzer ſolcher Leibeignen die Gelegenheit
benommen wuͤrde, ſeinem Nachfolger zum Schaden,
Auffahrten, Sterbfaͤlle und Freybriefe in voraus dingen
zu laſſen, und dieſem ſolchergeſtalt das Geld vor der Naſe
wegzuziehen. Wenigſtens wuͤrde man
7) nie von einem ſolchen Proceſſe, wie vor einigen Jah-
ren gefuͤhret wurde, wieder hoͤren, da die Erben eines
ſolchen Gutsherrn, welcher ſeinem Leibeignen befohlen
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[178/0196] Alſo ſind die unbeſt. Leibeigenthumsgefaͤlle 3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankommen laſſen, ſondern wenn er erſt weis, daß das Erſparte ſei- nen Erben zu ſtatten koͤmmt, immer etwas zu Bezah- lung kuͤnftiger Sterbfaͤlle und Auffahrten zuruͤcklegen; und da iſt es, wo nicht beſſer und ſicherer, doch gewiß gleichguͤltig, ob er ſolches in ſeinen Schrank legt, oder ſeinem Gutsherrn auf Abſchlag bezahlt. Es geht auch 4) einem Gutsherrn nichts dabey verlohren. Denn da man annehmen kan, daß von 25 Leibeignen jaͤhrlich ei- ner einen Sterbfall oder eine Auffahrt zu dingen haben wuͤrde: ſo wird ihm nichts dadurch abgehn, wenn nach der neuen Einrichtung die 25 zuſammen eben ſo viel des Jahrs bezahlen, als jaͤhrlich einer aufgebracht haben wuͤrde. Fuͤr ſolche Gutsherrn aber, die 5) ihre Leibeignen nur fuͤr ihre Perſon, und nicht fuͤr ihre Erben, auch wohl nur bey gewiſſen Commenden, Pfruͤn- den und Beneficien beſitzen, wuͤrde die neue Einrichtung unſtreitig beſonders gut ſeyn, weil ſie allemal ihr Gewiſ- ſen frey haben, und den wahren oder falſchen Vorwurf vermeiden koͤnnten, daß ſie ihre Leibeignen, zum Nach- theil ihrer Dienſt- Lehn- oder Fideicommißfolger, ausge- pluͤndert haͤtten. Nicht zu gedenken, daß auch 6) dem zeitigen Beſitzer ſolcher Leibeignen die Gelegenheit benommen wuͤrde, ſeinem Nachfolger zum Schaden, Auffahrten, Sterbfaͤlle und Freybriefe in voraus dingen zu laſſen, und dieſem ſolchergeſtalt das Geld vor der Naſe wegzuziehen. Wenigſtens wuͤrde man 7) nie von einem ſolchen Proceſſe, wie vor einigen Jah- ren gefuͤhret wurde, wieder hoͤren, da die Erben eines ſolchen Gutsherrn, welcher ſeinem Leibeignen befohlen hatte,

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/196>, abgerufen am 24.11.2024.